Naundorfer Windmühlen

In der Chronik finden wir kaum Informationen über die beiden Windmühlen. Dort steht nur:

Im Jahre 1807 wird von 2 Windmühlen berichtet!

Lediglich bei der Kartenbeschreibung zu Mattheo Seutter seiner Ämterkarte wird noch allgemein über die Mühlen, die Schiffs- und Wassermühlen unserer Region geschrieben. In dieser sächsischen Zeit haben aber die Windmühlen in Naundorf noch nicht bestanden, wie wir oben sehen können. Sie sind vielleicht tatsächlich erst 1807 entstanden. Vermutlich sogar noch als Amtsmühle. Nach Eberhard Förster sein Buch über die Windmühlen unserer Region sollen diese Mühlen aber erst viel später entstanden zu sein. Er schrieb darüber: 

Mühle Naether in Großnaundorf
In Naundorf gab es früher zwei Windmühlen. Die eine stand zwischen Labrun und Naundorf in der Nähe des Friedhofes und gehörte Müllermeister Adolf Lehmann. Die andere stand in der Nähe der Bahnlinie Annaburg-Prettin, sie gehörte Müllermeister Göttlich Naether. Am 17. März 1791 erfolgte in Steinsdorf der Bau einer neuen Windmühle. Doch nach mehrjähriger Arbeitszeit wurde die Mühle verkauft, abgebrochen und in Jessen an der Elster wieder aufgebaut. Aber auch hier musste die Mühle wieder ihren Platz räumen, denn der Müllermeister Naether baute sich in Naundorf 1901 eine neue Existenz auf, kaufte in Jessen die Mühle und setzte sie nach Naundorf um. Im Jahre 1927 übernahm Müllermeister Arthur Naether die Mühle von seinem Vater Gottlieb Naether und auch er verbesserte die Mühleneinrichtung immer weiter. Für eine modernere Ausstattung reichte aber die Windkraft nicht mehr aus und so musste eine zusätzliche Antriebskraft geschaffen werden. Auf der Messe in Leipzig kaufte Meister Naether 1929 einen Dieselmotor, der als Messemuster gleich nach Naundorf geliefert wurde. Doch im Krieg wurde die Versorgung mit Dieselkraftstoff schwierig und so kaufte Meister Naether 1941 einen Elektromotor und stellte die Mühle auf Elektroenergie um. Als 1945 der Mühle Naether die Handelsmüllerei entzogen wurde, konnte auch er nur noch die Kundenmüllerei betreiben. Im Jahre 1954 verstarb der alte Müllermeister Arthur Naether und sein Sohn Gerhard Naether übernahm die Mühle. Dem jungen Meister war es aber nur vergönnt, für seine Kunden bis 1959 zu mahlen. Als auch die letzten Kunden 1962 zum Schroten ausblieben, war es das Ende seiner Existenz. Seit 1962 war das Gewerbe abgemeldet und der Zahn der Zeit nagte an der Substanz der Mühle. Der Onkel von Meister Naether war von Beruf Mühlenbauer und bot sich an, beim Abbruch der Mühle zu helfen, da er gesundheitlich hierzu noch in der Lage war. So wurde 1969 alles für den Mühlenabbruch vorbereitet und am Sonntagmorgen begann die Arbeit. Zunächst mussten die vier Ecksäulen mit zugeschnittenen Kanthölzern unterbaut und mit Eisenkeilen untergeschlagen werden, da sie besser rutschen als Holzkeile. Danach wurden mit einer scharfen Schrotsäge neben dem Hausbaum die Kreuzschwellen durchgesägt und auch die Streben herausgeschnitten. Dadurch konnte man die Richtung bestimmen, in welche die Mühle fallen sollte. Nach dem Durchsägen schlug der Mühlenbauer die Keile vorsichtig unter der einen Ecksäule weg und die Mühle wurde tüchtig erschüttert. Dann mussten aus einer bestimmten Entfernung die Keile der zweiten Ecksäule weggeschlagen werden und in dem Moment, in dem das zweite zugeschnittene Kantholz umfiel, stürzte die Mühle unter großem Krach und einer riesigen Staubwolke um. Da die Mühleneinrichtung noch vollständig vorhanden war, hatte die Schwerkraft beim Umsturz doppelte Wirkung. Nach dem Aufräumen kündete nichts mehr von der Mühle und nur die Besitzer wissen, wo sie einst gestanden hat.

Mühle Lehmann in Großnaundorf
Im Jahre 1851 baute der Müllermeister Gottlieb Barth eine Windmühle in Naundorf auf. Nach mündlicher Überlieferung soll die Mühle nicht neu gebaut worden sein, sondern schon woanders gestanden haben, dies lässt sich heute aber nicht mehr nachweisen. Sicher ist, dass die Mühle in dem Jahr 2001 ihr 150 jähriges Jubiläum in Naundorf feiern konnte. Der heutige Besitzer, der Mühlenverein Fläming, möchte die Mühle vollständig und funktionstüchtig wieder herrichten. Sein größter Wunsch war es, dass sich zum Mühlentag im Jubiläumsjahr die Mühlenruten wieder drehen. Leider war dies jedoch nicht möglich.
Die Naundorfer Windmühle hat einen idealen Standort auf ihrem Hügel in einer weiten Ebene, welche durch die Elbe geprägt wird. Der Fluss liegt in circa sechs km Entfernung und die Windverhältnisse sind fast immer gleichmäßig. Die Bockwindmühle war in der Regel nach Westen ausgerichtet und brauchte nur selten in eine andere Richtung gedreht werden. Da sie in der Nähe der Landstraße von Naundorf nach Prettin gebaut wurde, war ein guter Kundenstamm aus Naundorf und Labrun gesichert. Meister Barth baute noch ein Wohnhaus, einen Stall und eine Scheune hinzu und so war das Mühlengrundstück vollständig. Leider wurde das Familienleben durch einen tragischen Unfall überschattet. Am 17. April 1876 um sieben Uhr verunglückte der Sohn, Karl Gottlieb Barth, der ebenfalls das Müllerhandwerk erlernt hatte, tödlich. Er war fast 19 Jahre alt, als er in das Getriebe der Windmühle gezogen wurde. Der zweite Sohn, Friedrich Louis Barth, übernahm daraufhin 1883 die Mühle der Eltern. Nach einigen Jahren verkaufte der Mühlenbesitzer Friedrich Louis Barth sein Mühlengrundstück an Müllermeister August Lehmann und arbeitete in seiner Landwirtschaft in Naundorf. Der Müllermeister August Lehmann war laut Kirchenbuch am 31. Dezember 1894, als sein Sohn Gustav Adolf Lehmann geboren wurde, Besitzer der Naundorfer Windmühle. Nach der Schulzeit erlernte er das Müllerhandwerk, um 1921 die Mühle seiner Eltern zu übernehmen. Meister Lehmann war chronisch an Asthma erkrankt, er vertrug den Mehlstaub nicht und seine Ehefrau musste ihn tüchtig in der Mühle unterstützen. Beide Eheleute wollten nicht, dass Sohn Adolf Lehmann jun., der am 6. September 1922 geboren wurde, das Müllerhandwerk erlernte, um nicht auch an diesem Leiden zu erkranken. So wurde er Landwirt. Durch das Asthma bedingt, musste Meister Lehmann 1947 an Müllermeister Walter Hartmann verpachten. Meister Hartmann kündigte 1951 seinen Pachtvertrag, denn er hatte eine andere Mühle gekauft.
Der nächste und der letzte Pächter war bis zum Jahre 1957 Müllermeister Schierhorn, der dann die Mühle aufgeben musste, da die Lohnmüllerei durch die Gründung der LPG aufhörte. Im Jahre 1970 bekam der Besitzer auf Antrag die Abrissgenehmigung für die Mühle. Doch aus familiären Gründen ist es nicht zum Abriss gekommen. So konnte am 8. Mai 1996 das Mühlengrundstück mit der noch vorhandenen Mühle an den Mühlenverein Fläming aus Jüterbog verkauft werden.

Soweit die Auszüge aus Eberhard Förster sein Buch. Die Mühlen sind danach erst in Folge mit der Gewerbefreiheit in preußischer Zeit entstanden. Auch das Anwachsen des „Dorfes“ Naundorf, mit den neu entstandenen landwirtschaftlichen Gütern, mit den in Naundorf niedergelassenen Wanderarbeitern in der Trift, sowie mit der Entstehung der Kolonie, führte ja auch erst zur wesentlichen Vergrößerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche und damit zum notwendigen „Mahlbedarf“.  

BERND HOPKE
ANNABURGER ORTSCHRONIST

Annaoffice©2024-04-07

Quelle:
Zweite Chronistin Magda Miething; zur Chronik der Gemeinde Naundorf; 70iger Jahre, abschriftlich B. Hopke 2024-02-15
Eberhard Förster; Mühlen zwischen Elbe und Schwarzer Elster; Bücherkammer Herzberg 2006