Kurfürstin Hedwig

1611 -1641

Die Lichtenburg als Witwensitz


Hedwig war die jüngste Tochter König Friedrichs II. von Dänemark und Norwegen und Sophie von Mecklenburg. Der Kopenhagener Hof war zu dieser Zeit für seine hohe Kultur und seine Feste berühmt, Hedwigs Eltern liebten und förderten Musik und Theater. Nach dem Tod ihres Vaters 1588 übernahm ihre Mutter die Regierung für ihren ältesten Sohn Christian Christian IV. wurde 1593 mit erst 15 Jahren zum König erhoben (für volljährig erklärt) und seine Mutter auf das Schloss in Nykøbing (Falster) abgeschoben.
Hedwig wuchs mit den jüngeren ihrer Geschwistern auf dem Witwensitz ihrer Mutter und am Hof ihres Großvaters Ulrich von Mecklenburg auf, dessen einziges Kind ihre Mutter war. Zwar ist über ihre Erziehung nicht viel überliefert, aber es ist anzunehmen, dass ihre vielfältig interessierte und gebildete Mutter ihre Töchter nicht vernachlässigte. Sie lernte mehrere Sprachen, Dänisch, Deutsch, Französisch und wohl auch Latein. Ihre Heirat mit Kurfürst Christian II. von Sachsen erfolgte im September 1602 in Dresden. Die familiäre Verbindung mit dem dänischen und dem englischen Königshaus war der Grund für diese Ehe. Auch während ihrer Ehe und späteren Witwenschaft reiste Hedwig viel, um die familiären Kontakte zu pflegen. Am kursächsischen Hof förderte sie Kirche und Kultur und führte dort die dänische Festkultur ein. Ihr Mann starb am 23. Juni 1611 nach einem Turnier.
Hedwig zog daraufhin auf ihren Witwensitz Schloss Lichtenburg und blieb bis an ihr Lebensende unverheiratet. Sie verwaltete von 1611 bis 1641 die Ämter Annaburg, Schweinitz (mit Prettin und Lichtenburg), Seyda und Schlieben, hatte sogar ein kleines Heer zur Verfügung, da ihr Schwager, Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen, eine Schwadron Dragoner und eine Abteilung Fußvolk als Ehrenwache überließ.
Durch den Handel mit Salz konnte sie ihre Hofhaltung auch in schwierigen Zeiten erhalten und ihre Untertanen unterstützen. Sie sorgte für Kirchen und Schulen in ihrem Wittum, ließ im Dörfchen Hohndorf (bei Prettin) eine Kirche errichten, sowie in Labrun die Kirche St. Peter und Paul grundlegend erneuern. 1624 ergänzte sie eine alte, kurfürstliche Stiftung zur Versorgung der ihr zugehörigen 33 Kirchengemeinden mit Abendmahlswein. Diese Hedwig-Stiftung hat heute noch Bestand.
Hedwig speiste während des Dreißigjährigen Krieges die Hungernden und errichtete Pestlazarette, ging scharf gegen Trinker und Spieler vor, schrieb Fronden zur Eindeichung der Elbe aus und unterwarf widersetzliche Gemeinden durch Zwangseinquartierung von Dragonern. Es gelang ihr, Schutzbriefe für ihr Schloss und Land zu erlangen. Der schwedische Oberbefehlshaber Johan Banér schickte ihr sogar eine Ehrengarde von hundert Pferden. Trotzdem führte der Krieg auch in den Dörfern ihres Wittums zu Zerstörungen.
Als Witwe nutzte sie ihre vielfältigen Kontakte auch auf politischer Ebene. Sie unterstützte ihren Bruder, den dänischen König Christian IV., auch durch geschickte Diplomatie und vermittelte Ehen, um die politischen Verbindungen zu stärken, u. a. die Hochzeit ihres Neffen, des Kronprinzen Christian von Dänemark, mit Magdalena Sibylle von Sachsen, der Nichte ihres verstorbenen Mannes. Selbst kinderlos erzog sie mehrere verwaiste Kinder der Verwandtschaft auf ihrem Schloss, darunter Anna Maria von Mecklenburg.
Hedwig war musikalisch, spielte mehrere Instrumente und unterhielt eine Hofkapelle. Sie sammelte Uhren und Gemälde, die sie teilweise selbst in Auftrag gab, und legte eine große Bibliothek an. Auf unterschiedlichen Gebieten förderte sie junge Talente, die sie an den sächsischen oder den dänischen Hof vermittelte. Mit dem Dresdner Kapellmeister Heinrich Schütz stand sie in engem Kontakt. Er widmete ihr einige seiner geistlichen Werke. Auch Michael Praetorius wurde von ihr unterstützt. Gerne besuchte sie das Jagdschloss Glücksburg, für dessen Tiergarten ihr Bruder ihr zwei Löwen und einen Tiger schenkte.
Hedwig starb 1641 auf ihrem Schloss Lichtenburg und wurde im Freiberger Dom beigesetzt.
Soweit unser heutiger Wissensstand über Kurfürstin Hedwig, nachzulesen unter Wikipedia.

Aber lesen wir durchaus auch mal die Ausführungen von Julius Richter zur Kurfürstin Hedwig, deren Aufenthalt auf Schloss Lichtenburg sich nachhaltig in das Gedächtnis der hiesigen Prettiner Bewohner gebrannt hat.

„Unter den edlen Frauen, deren Namen in der Geschichte Prettins und Lichtenburgs glänzen, und die es verdienen immer wieder den nach ihnen kommenden Geschlechtern mit ihrem Leben und Wirken, Wesen und Walten als Vorbilder in vielen Dingen vorgehalten zu werden, ist Kurfürstin Hedwig die Dritte. Sie ist von allen Dreien insofern die wichtigste als ihre Werke bis in unsere Gegenwart hineinreichen, und wir noch die Früchte ihres Schaffens genießen. Wie die brandenburgische Kurfürstin Elisabeth und die sächsische Anna war auch Hedwig aus demselben Königshause, eine dänische Prinzessin, eine Tochter des Königs Fridrichs II. von Dänemark (1559-1588), des Bruders der Kurfürstin Anna, also eine Nichte jener. Am 15.8.1581, im Jahre der Vollendung des Baues der Schloßkirche in Lichtenburg wurde sie geboren. Kurfürstin Anna hob ihre Nichte aus der Taufe und hat dabei für das Glück und Gedeihen derselben gebetet.
Prinzessin Hedwig genoß eine überaus sorgfältige Erziehung und eine für damalige zeit außergewöhnlich gründliche und vielseitige geistige Ausbildung unter besonderer Berücksichtigung der religiösen Erkenntnisse, die sie befähigte an den geistigen Strömungen ihrer Zeit namentlich auch an den theologischen Streitigkeiten verständnisvollen Anteil zu nehmen. Auch die wechselvollen Schicksale des dänischen Königshauses, die blutigen Kämpfe um die schwedische Krone, die Stürme der Reformation, die ihr Vaterland und Vaterhaus durchtobten, hatten das jugendliche Gemüt der Prinzessin früh gereift und mit einem in ihren Jahren ungewöhnlichen Ernst erfüllt. So trat sie, kaum 21 Jahre alt, als gebildete, geistig rege, aber auch willensstarke, dabei demütige und gläubige Jungfrau an die Seite ihres lebensfrohen. jugendlichen, liebenswürdigen, doch wenig energischen Gemahls, des Kurfürsten Christian II., eines Enkels der Kurfürstin Anna, mit dem sie sich am 12. 9. 1602 vermählte. Nach der Hochzeitsfeier in Dresden suchte das junge Paar zum ersten Male die Lichtenburg auf.
Hier war es nach Annas Tode recht still geworden. Der Kurfürst August I., Annas verwitweter Gemahl hatte sich bald nach ihrem Tode, kaum 1/4 Jahr später, zu aller Verwunderung am 3.1.1586 wieder verheiratet. Und zwar, was noch erstaunlicher und unbegreiflicher ist, mit der damals noch nicht völlig 13 Jahre alten Prinzessin Agnes Hedwig von Anhalt [*12.3.1573, +3.11.1616], während er selbst nach 37jähriger, glücklicher Ehe doch bereits 59 Jahre alt war. Die Verlobung hatte sogar schon wenige Wochen nach dem Tode der der Kurfürstin am 8.11.1585 stattgefunden. Die Hochzeit wurde in Dessau gefeiert. Der Kurfürst soll zu diesem unfaßbaren Schritt nach anfänglichen Sträuben durch den Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg überredet sein, der durch diese Verbindung sein Schwager wurde. Der neuen Ehe wurde ein jähes Ende bereitet nach kaum 5 Wochen durch den plötzlichen Tod des Kurfürsten infolge eines Schlaganfalls auf der Moritzburg in Dresden. Mit ihm schied ein Fürst aus dem Leben, der unter den deutschen Fürsten, namentlich unter den evangelischen eine führende Stelle einnahm, sodaß ihn seine Zeitgenossen des Reiches Herz, Auge und Hand nannten.
Nicht lange nach seinem Tode ging die Führerschaft Kursachsen unter den evangelischen Staaten und die Schutzherrschaft der ev. Kirche, das von Kurfürsten Friedrich dem Weisen überkommenen Erbe von weltgeschichtlicher Bedeutung auf Brandenburg über, Als August der Starke, König von Sachsen [Er war nicht König sondern Kurfürst von Sachsen, aber Wahlkönig von Polen-Litauen] um die polnische Krone willen zum Katholicismus übertrat.
Doch zurück zur Lichtenburg! Nach August´s I. Tode 1586 folgte ihm sein Sohn Christian I. in der Regierung, die nur 6 Jahre währte, bis 1591. Wohl ließ dieser Fürst der Lichtenburg, dem Lieblingsschloß seiner Mutter und dem Tummelplatz seiner Kindheit und Jugend, sowie seiner eigenen Kinder besondere Pflege angedeihen, doch war er selbst nicht, wenigstens nicht oft dort, da ihn die Regierungsgeschäfte zu sehr in Anspruch nahmen. Auch ein Lieblingsplan der Mutter, eine sachgemäße, erfolgreiche, die häufigen Überschwemmungen der Elbe verhütende Eindämmung dieses Stromes, zu den von der Kurfürstin Anna bereits umfangreiche Entwurfe ausgearbeitet und bedeutende Summen ausgearbeitet waren, wurde auf spätere, günstigere Zeiten verschoben, die Kurfürst Christian aber nicht mehr erleben sollte. Ihm folgte in der Regierung sein Sohn Christian II., bei des Vaters Tode erst 8 Jahre alt, geb. 23.11.1583 und bis 1610 unter der Vorherrschaft des Herzogs Friedrich Wilhelm von Weimar, der jugendliche Gatte der Kurfürstin Hedwig.
Über den ersten Besuch des neuvermählten Kurfürstenpaares in Schloß Lichtenburg am 19.10.1602 wird in der Chronik erzählt: Es war an einem milden, sonnigen Herbsttage, als die Bewohner der Stadt Prettin und des benachbarten Dorfes Lichtenburg in großen Scharen vor den bekränzten Toren der Lichtenburg standen und dem geschäftigen Hin- und Hereilen der Diener und Beamten im Schloßhofe zusahen, in den die Kurfürstin eingefahren war. Gleich nach ihrer Ankunft hatte sie sich in die Kirche begeben, wo sie in Gedanken an ihre fromme Tante, die Erbauerin der Kirche, Kurfürstin Anna, am Altar niederkniete und betete, während ihre Hofdamen, 2 liebliche Jungfrauen, Gräfin Elisabeth von Einsiedel und Anna Oxe, eine Tochter des dänischen Reichshofmeisters Oxe, die der Kurfürstin, ihrer geliebten Herrin, aus dem Dänischen in die neue sächsische Heimat gefolgt waren, am Eingange der Kirche standen und mit Andacht auf ihre betende Herrin sahen. Plötzlich kam der Kurfürst hereingestürmt mit den Worten: "Endlich habe ich die lange Gesuchte", und beide verließen das Gotteshaus, nachdem die Kurfürstin ihrem Gemahl die Hand reichend gesagt hatte: "Ich habe in Großmutter Annas Kirche für euch und mich zu Gott gebetet.
Diesen ersten Besuch in Lichtenburg, dahin es die Kurfürstin mit unwiderstehlicher Sehnsucht gezogen hatte, und bei dem sie ihr Gatte begleitete, den selbst Erinnerungen an die in seiner Kindheit und Jugend, unter seiner Großmutter und seinem Vater hier verlebten schönen Tage das Schloß wert machten, folgten jährlich weitere Besuche. Nach einem derselben soll die Kurfürstin in Befürchtung von Gefahren für ihren Gemahl in schweren Zeit voll drohender Kriegsunwetter diesen bewegt und eindringlich gebeten haben, ihr doch die Lichtenburg auf alle Fälle zum künftigen Witwensitz anzuweisen, was denn auch der Kurfürst durch eine Urkunde vom 8.11. 1608 getan habe. Die Rauhe Wirklichkeit sieht anders aus als diese scheinbar poesievolle Überlieferung. Von einer Urkunde vom 8.11.1608 konnte ich bis jetzt nichts finden, wohl aber sind vom Kgl. Archivrat und Staatsarchivar Dr. Woldemar Lippertin in Dresden beglaubigte Abschriften zweier Urkunden im Dresdener Hauptstaatsarchiv vorhanden, datiert den 1. 5. und 18.10.1602, in denen ausdrücklich des Wittums der Kurfürstin, bestehend in Schloß Lichtenburg und den Ämtern Schweinitz, Seyda und Schlieben gedacht wird. Die erste Urkunde vom 1.5.1602 wird in der andern vom 18.10.1602 als Heiratsbrief bezeichnet und ist ein Vergleich, ein Vertrag zwischen König Christian IV. Von Dänemark, dem Bruder der Hedwig, (1588-1648) und Kurfürst Christian II. von Sachsen, dem damals zukünftigen Gemahl Hedwigs, mit genauen Angaben über die Mitgift der Kurfürstin, die auf 75.000 gute, im heiligen Römischen Reiche vollgeltende Speziestaler, eine Tonne Goldes nach üblicher gemeiner Schätzung festgesetzt wird, zahlbar 6 Monate nach Vermählung in Hamburg, für die der 10. September in Aussicht genommen wird. Außer diesem Heiratgelde verspricht der König seine Schwester standesgemäß mit Schmuck, Kleinodien, Silber und Geschirr zu versehen. Dagegen sichert Kurfürst Christian seiner zukünftigen Gemahlin das Schloß Lichtenburg zu mit den Städten und Dörfern der Ämter Lichtenburg, Annaburg, Schweinitz, Schlieben und Seyda samt deren Zubehör und Nutzungen, sodaß die Kurfürstin im Falle des früheren Todes des Kurfürsten ihren fürstlichen Witwensitz in Lichtenburg und 15.060 Taler jährliche Nutzung haben sollte, dazu kam noch eine Morgengabe von 15.000 Talet, davon die Kurfürstin vom Tage der Hochzeit ab jährlich 750 Taler aus der kurfürstlichen Schatzkammer empfangen sollte. Als Unterpfand für den Fall, daß das Schloß mit den genannten Ämtern den Nutzen von jährlich 15.000 Talern nicht bringen sollte, wird das Amt Dieben, jetzt Düben, verschrieben.
Auch die Fälle der Schädigung oder Zerstörung des Schlosses Lichtenburg durch Krieg, des früheren Ablebens der Kurfürstin, der Wiederverheiratung der Kurfürstin nach des Kurfürsten Tode sind in dem Vertrage vorgesehen und für diese Fälle genaue Bestimmungen getroffen.
Die 2. Urkunde ist von Kurfürst Christian II. nach seiner Vermählung mit Hedwig verfaßt und hat im wesentlichen denselben Inhalt wie die erste. Dem von Hedwig mitgebrachten Heiratsgute von 75.000 Talern werden andere 75.000 als Gegengabe zugefügt. 
In einer kurzen Ehe war die Kurfürstin ihrem jugendlichen, lebensfrohen, liebenswürdigen, aber wenig tatkräftigen Gemahl eine treue Lebensgefährtin, Freundin und Beraterin. Am 23. Juni 1611 starb Kurfürst Christian II. plötzlich im blühendsten, kräftigsten Mannesalter, noch nicht 28 Jahre alt, und Hedwig war mit noch nicht ganz 30 Jahren Witwe. Überall fand sie die aufrichtigste herzlichste Teilnahme mit ihrem schweren, großen Leid. Kurfürst Georg I., der Bruder und Nachfolger Christians II. 1611 bis 1656, (Die Kurfürsten aus der Albertinischen Linie: Moritz 1547 bis 1553, August 1553 – 1586, Christian I. 1586 – 1591, Christian II. 1591 – 1611, Georg I. 1611 – 1656) Hedwigs Schwager, nahm sich ihrer voll persönlicher Hochachtung und Teilnahme besonders an. Er sorgte dafür, daß sie sofort ihren Witwensitz einnehmen konnte, in den sie schon an ihrem Geburtstage, dem 5. August 1611, von wenigen begleitet in tiefer Trauer einzog. Ihr Hofstaat und eine vom Kurfürsten gestellte Ehrenwache, eine Schwadron Dragoner und eine Kompanie Infanterie kamen erst später nach. Bei aller Einfachheit und Bescheidenheit, welche die Kurfürstin liebte, hatte sie doch eine ganz ansehnliche Hofhaltung, zu der ein Schloßhauptmann, ein Oberjägermeister und eine Anzahl Beamte und Diener gehörten. Das Eigenartige, in der Geschichte deutscher Fürstenhäuser noch nicht dagewesene, war, daß die Kurfürstin Witwe nicht nur ein Besitztum in Schloß Lichtenburg hatte, in dem sie als Eigentümerin schalten und walten konnte unter dem Schutz des Landesherren und im Gehorsam gegen ihn, sondern daß sie auf Schloß Lichtenburg und n den Ämtern ihres Wittums wirkliche, selbstständige Herrscherin und Regentin war und als solche mit allen Hoheiten und Rechten eines regierenden Fürsten dort residierte und über einen kleinen Teil des Landes unabhängig von der Landesregierung gebieten konnte. Ihr kleines Reich war ein Staat im Staate, das Regiment übte sie auch aus, was sein mußte, mit Strenge und Strafen, wenn Ermahnungen und Warnungen nichts halfen. Ausschweifungen und Zuchtlosigkeit duldete sie nicht in ihrem kleinen Reiche.
Trunkenbolde, Wüstlinge, Spieler, Faullenzer, auch zänkische Eheleute wurden hart bestraft und nachlässige sowie nachsichtige Ortsbehörden zur Ausführung der verhängten Strafen streng angehalten und gezwungen. Der Ortsvorstand von Schweinitz hat dies einmal bitter an sich erfahren müssen. Bei seinen Mitgliedern ließ die Kurfürstin 14 Tage lang ihre Dragoner einquartieren und verpflegen, weil der Ortsvorstand seinen Verpflichtungen nicht pünktlich nachgekommen war. Dieses ihr Regiment ließ die Kurfürstin bei ihren Untertanen weniger die beliebte als die gefürchtete und wohl auch gehaßte Fürstin erscheinen. -
Der Armenpflege widmete sie besondere Aufmerksamkeit und umsichtige, entschlossene Fürsorge zu als ihrem Lieblingswerke. Sie unterschied sorgfältig zwischen öffentlicher und privater Armenpflege. Die öffentliche Armenversorgung hielt sie für geboten durch Notwendigkeit und ordnete sie überall in ihrem Wittum nach den Ortsverhältnissen. In jedem Orte mußten Armenkassen eingerichtet werden mit regelmäßigen Beiträgen, die sie selbst persönlich auch zu jeder dieser Kassen leistete, allen mit besten Beispiel vorangehend. Bei den Ausgaben war nicht nur an das augenblickliche Bedürfnis sondern an alle möglichen besonderen Fällen gedacht. Unterstützt wurden namentlich notorisch Arme und ohne eigenes Verschulden in Not geratene Familien. Über die Ortsarmenkasse war ein Kreisarmenpfleger gesetzt, der die Verwaltung der Kassen zu überwachen und wöchentlich der Kurfürstin Bericht zu erstatten hatte, die bei dieser öffentlichen Armenpflege größte Weitherzigkeit wallen ließ. Daneben sorgte sie privatim reichlich und eifrig für die Armen, die sich aus nah und fern, schriftlich und persönlich mit Bittgesuchen an sie wandten.
Sie hörte sie alle und half, so viel sie konnte, besonders aber stand sie verschämten Armen und Waisen bei.
Der frühe, plötzliche Heimgang des Gatten übte auf die junge Witwe den nachhaltigsten, tiefgehensten Einfluß aus, doch nicht etwa dahin, daß sie ihrem großen Schmerze völlig erlag und unter ihm zusammenbrach, sondern vielmehr in der Weise, daß alle ihre bereits in der Kindheit hervorgetretenen leuchtenden Tugenden größere Reife und Festigkeit erhielten, vor allem ihr frommer Sinn, ihr starker lebendiger Glaube an Christum und ihre Heilandsliebe, dazu ihre Demut und Barmherzigkeit, ihr fester, energischer Wille, der nicht ruhte, bis das Gewollte zur Tat geworden war und ihrem Wesen etwas Männliches gab, den Ausdruck männlicher Entschlossenheit un Festigkeit, verbunden mit Umsicht und Klugheit. Über den Eingang des Schlosses ließ sie die Inschrift setzen: "Ehre und Hoheit habe ich von Gott." Diese Inschrift kennzeichnet das Bewußtsein der Kurfürstin von ihrer Würde, verbunden mit christlicher Demut. Lange nach ihrem Tode noch prangt diese Überschrift über dem Schloßeingang und ist erst in neuerer Zeit bei einem Neuanstrich der Strafanstalt überpinselt, da sie doch unter den veränderten Verhältnissen sich gar sonderbar als Inschrift über dem Zuchthauseingang ausnahm. Der Demut Preis enthielt auch ein Ausspruch der Kurfürstin: "Der Fürsten höchster Nutzen und die Grundfeste aller Gnade und alles Glückes ist die Demut".
Im Unterschied von ihrer Vorgängerin, die als Mutter Anna in der Lichtenburg lebte und wirkte, und deren Ehrenbeiname "Mutter" sich Hedwig auch gern wünschte und erwerben wollte, liebte sie nicht wie jene in die Augen fallende Werke, sondern ein Wirken in der Stille. Die Lichtenburg, die Anna als eine Burg voll Licht und Glanz vor den Augen, ein prunkvolles und prachtvolles Fürstenschloß bauen ließ, war ihr eine Burg, in der das Licht von oben leuchten sollte, das die Herzen belebt und erwärmt. Diese Deutung lesen wir auch auf einen noch vorhandenen in der Vorhalle unserer Kirche, im Turm links vom Eingange an der Westseite aufgestellten Grabsteine mit einer zwerghaften Frauengestalt darauf, den eine der nach der Kurfürstin Hedwig auf der Lichtenburg wohnenden Kurfürstenwitwen, wahrscheinlich Anna Sophie (+ 1.7.1717) setzen ließ. Es ist darauf in lateinischer Sprache, deutsch übersetzt zu lesen: Beigesetzt ist unter diesem Hügel Margarete Rühmori, klein, wie du siehst, von Gestalt. Was die Natur dem Köper versagte, war reichlich dem Geiste geschenkt. Geboren in ... (unleserlich) am 20. April 1672, gestorben in Lichtenburg den 11. Januar 1712. Die Lichtenburg verließ sie, um die Lichtenburg, die selige Wohnung des Vaters des Lichts, aufzusuchen. Zu ihrem Gedächtnis und als Zeugnis des Dankes befahl diesen Grabstein zu setzen die gestrenge Kurfürstin Sachsens. Der Kurfürstin Hedwig Frömmigkeit und Barmherzigkeit leuchten auch aus einem von ihren Hofprediger Michaelis aufgezeichneten Gelübde: "Meinen Untertanen soll das Wort Gottes lauter und rein gelehrt werden, und ich will danach mit ihnen leben als meines Herr Gottes Magd. Ihren Beruf und ihre Arbeit will ich fordern zu gemeinen Nutzen. Den Armen will ich helfen, wo ich ihnen helfen kann." Ihre Untertanen betrachtete sie als ihre von Gott ihr anvertrauten Kinder, deren wahres Glück sie suchte, das in der Furcht des Herrn, aller Weisheit Anfang, besteht.
So sind denn ihre Werke und Taten, ihre Verdienste, die sie sich erworben hat, vor allem auf kirchlichem Gebiet zu suchen und auf dem Felde christlicher Wohltätigkeit und Barmherigkeit.“

Nach ihrem Einzug in das Schloss richtete man es sich nach dem Geschmack der Zeit neu ein, die Schlosskirche erfuhr erste Änderungen, die in Folge auch die Prettiner Stadtkirche betrafen:

"Wir wenden uns nun den Werken zu, die als Erinnerung an die Kurfürstin Hedwig aus ihrer Zeit noch heute vor unseren Augen stehen. Bald nach ihrem Einzuge in die Lichtenburg ließ sie in der Schloßkirche Altar, Kanzel, Taufstein und Glocken erneuern. Dem Umstande verdanken wir unsern Altaraufsatz in der Prettiner Kirche, der bis dahin in der Schloßkirche zu Lichtenburg stand und von der Kurfürstin unserer Kirche geschenkt wurde, deren schönster und wertvollster Schmuck er heute noch ist. "

Bernd Hopke
Ortschronist

Quelle:
Julius August Richter; Handschrift „Chronik der Umgebung Prettin“; Kap.7; abschriftlich und übertragen von Hans-Albrecht Gäbel; 2003
Wikipedia unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Hedwig_von_Dänemark; Zugriff 03/2020

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