Kirchengemeinde von Naundorf
Vor 1815 war die Geschichte der Kirchengemeinde untrennbar mit der Dorfgemeinschaft verwoben – sie bildete eine Einheit. So bildete sich auch gleich nach der preußischen Übernahme unseres Gebietes und der Entlassung aus der Ämterstruktur der Schul-, Kirchen- und Gemeinderat als nun unterste Verwaltungsebene heraus. Er diente zur Vollstreckung der preußischen Staatsgewalt und führte dann auch mit der Zeit zur Trennung von Schule, Kirche und Dorfgemeinschaft. Hier können wir nun lesen wie die Chronisten ihrer Zeit über die Kirchengeschichte ihres Dorfes berichtet haben:
Doch nun soll nach Betrachtungen und Vergleichen ein anderes Gebiet, die Kirche, behandelt werden.
Kirchengeschichte
Im Jahre 1555 wird Naundorf als Tochterkirche von Bethau genannt. Der Baustil kann nicht benannt werden, da keine Unterlagen vorhanden. In der Zeit des 3o jährigen Krieges, wahrscheinlich 1637, wurde Montag vor Pfingsten die Kirche von Schwedenhand niedergebrannt. Das Kirchengeneral-register verbrannte mit. Die Dorfgemeinden wurden durch die vielen hohen erpreßten Steuern arm, sehr arm. Man erkennt die Armut an dem allmählichen werden der neuen Kirche. Zu Ostern wurden im Jahre 1657 die ersten Glocken eingebracht. Spruch an der alten Schulglocke durch das Feuer floß ich, Georg Schesler Leipzig goß mich, Anno 1654. Erst im Jahre 1659 erfolgte dann die Grundsteinlegung für eine neue Kirche. Die Maße der neuen Kirche sind Länge = 29 Ellen, Breite = 14 Ellen, die Höhe der Säulen = 9 Ellen, welche 21/2 Ellen voneinander stehen. (Elle in Preußen 25 1/2 Zoll = o,6669 m) somit Länge 19,34, Breite = 9,33, Höhe = 6 u. Abstand der Säulen = 1,67 m. Der Kurfürst Johann Georg I gab zum Kirchbau 100 Stck. Bauholz, 8 Eichen zu Schwellen. Das Richtfest am 22.05. Am 29. Dezember 1661 die erste Predigt in der Kirche, das Kircheninnere wird erst nach u. nach ausgestattet: am 06.07.62 wurde der Altar und Taufstein eingeweiht, 1663 der neue Predigt- und Beichtstuhl, Ende des Jahres 1670 ist dann das Innere mit Kalk übertüncht. 1756 wurde der Orgelkauf getätigt. 1756 wurde der Orgelkauf getätigt. 1832 großer Brand aber ohne weitere Angaben. Es heißt am 17. November 1889 wurde die Grundsteinlegung der Kirche vorgenommen. In den Jahren 1862 und 1872 tobten wohl Brände, aber daß die Kirche ein Opfer dieser Flammen war, konnte nicht festgesteilt werden, somit kann der Anlaß dieser einen Grundsteinlegung nicht dokumentiert werden. Vielleicht ist der Brand 1832 zu Grunde zu legen. Vor der heutigen Kirche stehend, finden wir die Jahreszahl 1891 in Weißstein eingelegt. Diese Jahreszahl gibt die Fertigstellung an. Ihre Einweihung fand am 22. Mai 1892 statt. 3 Glocken, größte, mittlere und kleine läuteten bis zum 1. Weltkriege 1914/18, dann gingen sie, wie viele andere, den Weg zum Schmelzofen. 1 Glocke blieb erhalten. Die 2 folgenden Stahlglocken wurden 1920 eingeweiht. Die große hat ein Gewicht von 8,5 und die kleine ein Gewicht von 1,5 Ztr (Zentner=50 kg). Der Lieferant war die Fa. Wehle—Bockenem. Die Kirche tritt uns mit ihren Spitzbogenfenstern, dem nach oben strebenden das gotischen Baustils entgegen. Betreten wir nun ihr Inneres. Sie ist einschiffig mit offener Balkenlage des Daches. Beginnen wir unseren Rundgang am Altar. Nach einem Entwurf war der Altarraum in Buntmalerei vorgesehen, der Entwurf des Altars fertigte Wollschläger Torgau 1891 an u. wurde von Carl Henkel, Tischlermeistermeister in Suptitz bei Torgau ausgeführt. Das Altarbild stellt den in den Himmel auffahrenden Christus dar. In der Synodelverfassung befindet sich noch der Taufstein, der Erbauer und das Herstellungsjahr kann nicht ermittelt werden. Die Kanzel ohne Kanzeldeckel ist ohne jede Schnitzerei nur das Chiroan der Vorderseite. Zu erwähnen wäre, daß durch die Renovierung der Kirche 1961/62, die Wände und Decke erhielten einen grauweißen Kalkanstrich, so daß nun nur das Altarbild Buntmalerei aufweist, der in der Mitte hängende Leuchter durch ringslaufende elektrische Wandleuchten ersetzt wurde. Unser weitere Gang führt zur Orgel. Diese stammt vom Orgelbauer Böttcher aus Sömmerda. Ihre Abnahme erfolgte durch den Musikdirektor Stein-Wittenberg und wurde für sehr gut befunden. Werfen wir bei unserem Rückgänge schnell einen Blick in die Schränke. Von Schätzen und Kostbarkeiten kann nicht mitgeteilt weiden, da keine vorhanden. Eine Weinkanne, es handelt sich um ein Gelbmetall mit dem eingravierten Datum 22.05.91 wurde gefunden. Wir blätterten in den Büchern, hier halten wir Predigtenbücher und Kirchenagenden (Gottesdienstordnung aus den Jahren 1783, 1822, 1824, 1829, 1842 sowie kirchliche Peritopen (Bibelabschnitt zur Vorlesung im Gottesdienst und als Unterlagen der Predigt) des Jahres 1871 in den Händen. Erwähnung muß der kleine Catechismus aus dem Jahre 1792 finden, schlagen wir diesen auf und blättern wir darin, so tritt uns das alte Schriftbild und die alte Schriftform vergangener Zeiten entgegen. Sind die Blätter auch heute vergilbt, so müssen wir doch voller Bewunderung feststellen welcher Mühe sich der damalige Mensch unterzog, insbesondere die Anfangsbuchstaben zu gestalten. Wieder beim Altar angekommen, suchen wir die Stelle, an der, anläßlich des 450. Geburtstages Luthers am 19.11.1933 eine Urkunde in lateinischer Sprache die Gegenwart schildernd von Pfarrer Stollberg verfaßt in eine Metallhülse getan vor dem Altar in 1 m Tiefe gelegt und eingemauert wurde. Wir verlassen durch die Sakristei dann die Kirche. Unser Blick heftet sich noch auf die dort stehende Bibel. Wir schlagen sie auf, es ist die ganze Heilige Schrift, altes und neues Testament nach der deutschen Übersetzung Dr. Martin Luthers, Berlin 1888. Diese ist eine Stiftung von 16 Einwohnern anläßlich der Einweihung 1891. Sie sind alle 16 namentlich aufgeführt. Ergänzend wird noch mitgeteilt, daß eine weitere Glocke außerhalb der Kirche in einem hölzernen Glockenhause hing. Sie läutete zum Schulbeginn und bei Feuer.
Damit schließt dieses Kapital auch schon. Entwicklungstendenzen werden hier nicht aufgezeigt – z.B. warum es die ersten atheistischen Beerdigungen gibt, die zu nennen für die damaligen Chronisten so wichtig erschienen oder die Namensfeste – statt’s der traditionellen Kindertaufe. Heute wissen wir ja wohin das führte, die in der weimarer Zeit langsam begonnene allmähliche Trennung der einstigen dörflichen Religionsgemeinschaft hin zur Dorfgemeinschaft. Nur so kann und konnte Multikulti entstehen. Auf Landesebene begann es aber noch früher – bei uns mit Dr. Martin Luther, mit der Reformation. Dann weiter mit einem Kurfürsten der König werden wollte in Sachsen, oder über Preußen des König die fortschrittliche Meinung vertrat, bei mir kann jeder nach seiner facon selig werden.
BERND HOPKE
ORTSCHRONIST
AnnaOffice©2024-03-29
Quelle:
Zweite Chronistin Magda Miething; Chronik der Gemeinde Naundorf; 70iger Jahre, abschriftlich B. Hopke 2024-02-15