Witwensitz

Das Schloss Lichtenburg von 1585 bis 1611.
Die Lichtenburg findet ihrer Bestimmung als Witwensitz


Weiter erfahren wir aus der Handschrift von Julius Richter über die Zeit nach erfolgten Schlossbau und der tatsächlichen Zeit als Witwensitz folgendes:

„Als der Kurfürst August im Jahre 1586 seiner edlen Gemahlin ins Jenseits gefolgt war, trat sein Sohn Christian I. die Regierung an, dieselbe währte aber nur fünf Jahre, da er schon 1591 starb. Er widmete dem Lieblingsaufenthalt seiner Mutter und dem Tummelplatz seiner Jugend, dem Schlosse Lichtenburg, besondere Vorliebe, und ließ demselben manche Wohltat zu teil werden. Er würde gern noch mehr getan haben, aber die damals vielbewegte Zeit nahm ihn so in Anspruch, dass er nicht einmal den Lieblingsplan seiner seligen Mutter, die Elbe einzudeichen, zur Ausführung bringen konnte. Er verschob diese Arbeit bis auf günstigere Zeit, die er aber nicht erleben sollte, denn schon im sechsten Jahre seiner Regierung, als er noch nicht 31 Jahre alt war, rief ihn der Herr 1591 aus dem Leben ab. Ihm folgte sein achtjähriger Sohn als Christian II. in der Regierung. Er vermählte sich am 12. September 1602 mit der dänischen Prinzessin Hedwig, welche am 05. August 1581 das Licht der Welt erblickt hatte.“

„Das Schloss Lichtenburg war jetzt gänzlich in Vergessenheit geraten. Fast zwanzig Jahre lang blieb es unbeachtet und unbesucht bis ihm am 19. Oktober 1602 von dem jungen Herrscherpaar ein Besuch abgestattete wurde. Den Vermählungsfeierlichkeiten in Dresden waren nämlich eine Reihe von Festlichkeiten gefolgt; nach denselben zog es die junge Fürstin mit unerklärlicher Sehnsucht nach Schloss Lichtenburg, wo Großmutter Anna gebaut und gewirtschaftet hat, und wo ihr Gemahl in seiner Jugend an der Hand der Mutter und Großmutter die glücklichsten Tage seiner Kindheit verlebt hatte. In der Kirche der unvergesslichen Anna wollte sie einmal für sich und für ihren Gemahl beten. In Begleitung ihrer Freundin Gräfin von Einsiedel und Anna von Oye aus Dänemark zog sie am 19. Oktober durch das Schloss ein, wo sie ihre Schritte zunächst nach dem Altar in die Annenkirche lenkte, vor dem sie niederkniete und betete. Während des Gebets trat auch ihr Gemahl, welcher von Dresden her gefolgt war, in die Kirche ein. 
Auf Hedwig machte dieser erste Besuch in der Lichtenburg einen so tiefen, unauslöschlichen Eindruck, dass sie es von jetzt ab jährlich aufsuchte. Als sie im Jahre 1608 den Monat August mit ihrem Gemahl hier verlebt hatte, wurde ihr der Abschied von dem stillen Schlosse schwerer als je zuvor. Auf der Rückreise nach Dresden bat sie sich das liebe Lichtenburg als dereinstigen Witwensitz von ihrem Gemahl aus, falls er früher stürbe als sie. Der liebenswürdige Gatte versprach es ihr auch. Heimgekehrt nach Dresden, erinnerte ihn Hedwig an sein Versprechen und bat so eindringlich, dass er ihr nicht allein das Schloss Lichtenburg, sondern auch die Ämter Prettin, Annaburg, Schweinitz und Seyda unter Zulegung aller und jeder Hoheitsrechte am 08. November 1608 als Wittum verbriefte. Drei Jahre später trat diese Urkunde auch schon in Kraft, da ihr Gemahl im besten Mannesalter am 23. Juni 1611 starb.“
Bernd Hopke
Ortschronist

Quelle:
Julius August Richter; Handschrift „Chronik der Umgebung Prettin“; Kap.6; abschriftlich und übertragen von Hans-Albrecht Gäbel; 2003

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