Die Gärten der Lochau als Themengärten
Im Buch „Schloß Annaburg – eine geschichtliche Wanderung“ lesen wir:
Umschlossen und gleichzeitig verbunden durch künstliche Kanäle und Teiche, entwickelten „Schlossgarten", „Neuer Garten" und „Tiergarten" zwar jeweils ein besonderes Flair, ihre beeindruckende Wirkung entfalteten sie jedoch erst in der Gesamtheit. Ganz ohne Zweifel war es den unbekannten Gartenarchitekten gelungen, eine harmonische Synthese von Kunst und Natur zu finden.
Unbekannter Gartenarchitekt – nun, wir sollten ihn kennen. Der Bauherr, das wissen wir nun, war Friedrich der Weise und er wird auch der „Architekt“ gewesen sein. Er hat zur Ausführung seine praktischen (Meister)Helfer gehabt, wie den Teichmeister und oder den Dresdener Baumsetzer. Diese hatten bestimmt ihre Freiräume bei der Umsetzung der übertragenen Aufgabe. Aber das er jemanden für die Leitung des Gesamtvorhabens beauftragte ist aus den Amtrechnungen nicht ersichtlich. Wir können schon behaupten, dass der Plan und die Umsetzung maßgeblich durch ihn bestimmt wurden. Sie entstanden noch während des Schlossumbaus, wurden verändert, vergrößert und wieder neu gestaltet. Auch dieses teilweise unplanmäßige Vorgehen spricht dafür, dass Friedrich maßgeblichen Einfluss ausübte auf dass was da entstand.
Es war der ungewöhnliche Charakter dieses Schlosskomplexes, der Herzheimer dazu veranlasste, einen langen Bericht zu schreiben:
Lochau ist ein (schön gestalteter) Jagdsitz, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Aus diesem Grund möchte ich den kleinen Abschnitt beschreiben, den ich persönlich inspiziert habe und zur Kenntnis nehmen konnte.
Folgt man dem Herzheim-Bericht, so war der Schlossgarten nach Themen gegliedert und ja die künstlichen Kanäle und Teiche wurden bewusst oder unbewusst zu ihrer Trennung herangezogen. Die Zentrale Stellung die Friedrichs Gartenreich nahm der große Schlossteich ein. Um ihn gruppierten sich die meisten Themengärten.
Der Teich
Neben der Bastion gibt es einen ausgedehnten Teich mit großen Karpfen und Hechten und anderen Fischarten. Seine Kurfürstliche Majestät kann einen geladenen Gast oder eine schöne edle Dame dorthin bringen. Seine Kurfürstliche Majestät befiehlt dann eine Jagd in dem zuvor erwähnten schönen Wald, der an diesen Teich angrenzt. Und die Hirsche werden in den Teich gejagt, wo sich die geladenen Gäste, junge Damen und Frauen, Arme und Reiche, in der Nähe amüsieren. Im runden Vergnügungshaus, wo sie Karten spielen, essen und trinken, singen, Instrumente spielen und fröhlich machen können. Sie jagen die wilden Kreaturen in den Teich und erschießen sie dann, wie sie es wünschen [...] Hierauf derselbe Teich, wenn der Kurfürst etwas Unterhaltung wünscht, wird eine Reiherjagd organisiert. Es kann beobachtet werden, wie man sich entscheidet, aus der runden Lustkuppel herauszuschauen.
WEINGARTEN
Das Vergnügen: Das innere und äußere Schloss ist von einem künstlichen Erdwall umgeben, der zum Schutz gebaut wurde. Darin versteckt ist ein großer und schöner Weinberg (der über Stein geziegelt ist), der sich über Spaliere erstreckt.
Im Weinberg gibt es eine wunderschön gearbeitete Weinpresse, ausgezeichnet in der Ausführung, mit allem notwendigen Zubehör. Über der Weinpresse betreten Sie eine schöne getäfelte Stube und Kammer, genannt Trinkraum, die sehr angenehm eingerichtet ist. Oben gibt es einen schönen Balkon (Gangk), auf dem man im Sommer sitzen kann, umgeben von Nelken, Zypressen, Lavendel und allerlei Kräutern und Gewürzen.
Das Schießhaus
Und in den anderen [...] Vergnügungshäuser gibt es einen schön gemachten Schießraum, mit einem fröhlichen Trinkraum (Trinckstuben) darüber. Sie können dort sitzen und die Schießübungen beobachten. Und unten im Garten erstrecken sich zwei Reihen, die mit einer Art Spalier bedeckt sind, von der Schießhütte bis zu einigen Sauerkirschbäumen.
DAS VOGELHAUS
Das dritte Lusthaus enthält ein großes, schönes, grünes Vogelhaus, etwa 20 Schritte lang und fünf Schritte breit. Es hat eine Stube, wo die Vögel im Winter bleiben können. Und es gibt alle Arten von Vögeln. Wenn die Vögel im Sommer singen, hört man sie in allen Räumen des Schlosses.
Wildbad
(Rundbau, südlich vom Schloss)
Nicht weit davon steht ein weiteres Lusthaus, das komplett rund ist (ein Lusthaus ganz Rund), mit schönen Fenstern ausgestattet. Daneben befindet sich ein laufender Brunnen. Das Wasser wird von einem etwa 9 km entfernten Berg namens Schwarze Elster von einem Berg namens Gurenperg [= Gorrenberg bei Schweinitz] in den Genuss gebracht.
GRÜNES HAUS
Geht man nur von den vagen Richtungsangaben aus, müsste das grüne Haus eigentlich näher zum Schloss zwischen dem Schießhaus gestanden haben. Das widerspricht aber der hervorgehobenen Darstellung auf der Waldkarte von 1556. Dort wurde das „Grüne Haus“ deutlich entfernt vom Schloss dargestellt. Auch findet sich der Ort in den Forstzeichenbücher aus der gleichen Zeit wieder.
Das fünfte Lusthaus befindet sich auf dem erwähnten Wall, etwa 200 Schritte vom Finkenherd entfernt. Es ist noch üppiger konstruiert. Dieses Lusthaus ist in Grün gehalten, alles einschließlich des Daches, und ist in niederländischer Manier (auf die Niderlendisch art gepawet) gebaut. Es enthält viele schöne Räume (gemache), die auf die künstlerischste Weise eingerichtet sind. Das Haus hat außergewöhnlich schöne Buchten [Ausladungen/Erker oder vorspringende Türme] mit großen Fenstern. Im Inneren befindet sich ein hervorragend gemalt Porträt eines römischen Kaisers mit seinen kirchlichen und weltlichen Kurfürsten in ihrem [unleserlichen Wort]. Und im Zentrum dieses Lusthauses befindet sich ein großer Innenhof (Zymlichs hofflen), in dem viele besondere Kräuter und Pflanzen wachsen. In der Mitte steht ein großes Vogelhaus mit Singvögeln. Sie können ihren melodischen Gesang überall im Lusthaus hören. Der Bau dieses Vergnügungshauses kostete mehr als 1.200 Gulden.
FINKENHERD
Hinter dem runden Lusthaus befindet sich ein Finkenherd auf dem Wall, der rund um den Lustgarten erwähnt wird. Darunter befindet sich eine große Bastion zum Schutz. Dieselbe Projektion hat einen Vogel [Käfig] darauf.
DIE KAPELLE
Das gleiche Vergnügen enthält mehrere weitere Lusthäuser [Lussthewser], die mit künstlerischen Gemälden geschmückt sind. Eine ist eine Kapelle zu Ehren der Heiligen Magdalena in einem Lusthaus.
Im selben Vorhof (vom Schloss) tummeln sich Rehe und andere Wildtiere. Wenn der Kurfürst in Residenz ist und sich etwas Vergnügen wünscht, wird das innere Tor des inneren Palastes geöffnet. Dann rennen diese Hirsche und wilden Kreaturen zu einem Trog, um zu fressen und sind in keiner Weise schüchtern. Sobald sie ihr fressen beendet haben, laufen sie zurück in den äußeren Schlossbereich.
TIERGARTEN
Die verschiedenen Tiergartenbereiche (1) wurde nicht im Bericht genannt, mussten aber als voneinander getrennte Gartenteile vorhanden gewesen sein. Es musste je nach Verwendung und Funktion ein vermischen verhindert werden. So wie beim Wolfsgarten. Die zahmen Tiere (Tiergehege) sollten bei den „Schau“-Jagdveranstaltungen (Tiergarten) nicht erlegt werden genauso wie die seltenen Tiere (Wildgarten) die Auerochsen, die sicher nicht zum Fressen in den Schlosshof kommen sollten.
STUTENSTALL
Das nord-östlich vom Schloss gelegene ehemalige Gestüt (2) wird im Herzheimer Bericht nicht genannt. Konnte ja auch nicht, da es ja schon 1502 nach Seyda verlegt wurde. Aber für die damalige Oberschicht war die Präsentation ihrer Pferde und hier sogar in der „Natur“, auf der Weide durchaus ein wichtiger Schlossgartenteil. Auch nach 1502 wurde dieser separate Gartenteil mit den bestehenden Gebäuden für die Unterstellung der Pferde genutzt.
KRÄUTER- UND WÜRZGARTEN
Auch der Süd-östlich gelegene Kräuter- und Würzgarten (2), der „Küchengarten“ wird im Bericht nicht erwähnt. Aus Sicht des Verfassers war er ja nichts Besonderes, denn sie gehörte zu solch einem Anwesen einfach dazu. Er begnügte sich daher nur auf die Beschreibung der hier befindlichen Lusthäuser.
BERND HOPKE
ORTSCHRONIST
AnnaOffice©2023-06-17
Quelle
- „Jagdschloss Annaburg -eine geschichtliche Wanderung“ Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege e.V. Annaburg; Geigerverlag 1994;
- Thomas Lang; Auszüge zum Jagdschloss Lochau aus dem Manuskript seiner Dissertation über die ernestinische Hofhaltung im ausgehenden Mittelalter im Übergang zur Neuzeit; unveröffentlicht 2022;
-
Prof. Stephan Hoppe; Anatomie einer frühen „Villa“ in Mitteleuropa 2015;