Das Annaburger Notgeld von 1921
Eine besonders große Menge von Notgeld wurde im Deutschen Reich in den Jahren während und nach dem Ersten Weltkrieg und während der Hyperinflation 1923 ausgegeben. Das Horten von Silbermünzen (durch die Inflation war ihr Materialwert höher als der Nominalwert) und der Metallbedarf der Kriegsindustrie führten zu Kleingeldmangel. Städte, Gemeinden, Kreise und Privatfirmen sprangen in die Lücke und deckten den Bedarf mit eigenen Ausgaben, für den Geldumlauf bestimmten „Verkehrsausgaben“. Die große Anzahl von variantenreich gestalteten Geldscheinen mit viel Lokalkolorit erweckte bald auch das Interesse von Sammlern, was dazu führte, dass viele Notgeldscheine gar nicht mehr für den Umlauf, sondern eigens für die Sammler gedruckt und ausgegeben wurden. Solche Scheine werden „Serienscheine“ genannt.
Das deutsche Notgeld des Ersten Weltkrieges lässt sich in zwei Perioden unterteilen: erste Periode der kleinen Nominalen bis etwa 20 Mark um 1916 bis 1919 und zweite Periode ab etwa 1921 mit hohen Nominalen, bis in den Billion-Mark-Bereich. Außerdem gab es im Sommer 1923 Dollar- und Goldmarkbezeichnungen als „wertbeständiges Notgeld“, oder auch Schatzanweisungen. Zeitweilig zirkulierten noch Kupons von Kriegsanleihen um 1918.
Das „Annaburger Notgeld“ sind Serienscheine aus Papier, die in Deutschland in der Zeit von 1917 bis 1923 von vielen Städten und Gemeinden, aber auch von Privatpersonen als Ersatz für das fehlende Kleingeld gedruckt und in den Umlauf gebracht wurden. Ihre Gültigkeit war begrenzt und betrug auf Messen oder sonstigen Veranstaltungen nur wenige Tage. Ihr Nominalwert beginnt bei Bruchteilen von Pfennigen. Meist besteht aber eine Serie aus Scheinen in der Stückelung 10 Pfennig, 20 Pfennig, 50 Pfennig, 75 Pfennig und eine Mark. Der Nominalwert übersteigt selten den Wert von 10 Mark.
Die Annaburger Serienscheine sind künstlerisch gestaltet durch Johannes Beyer, als Scherenschnitte und als dreifarbiger Drucke ausgeführt. Die Serie zeigt historische Begebenheiten der Annaburger Stadtgeschichte, Motive des Ortes und seiner Umgebung. Die Stückelung betrug 25 und 50 Pfennige. Diese Serienscheine waren bestimmt für Notgeldsammler, die dieses Geld wie Briefmarken in Notgeldalben sammelten. Serienscheine wurden oft in eigens angefertigten „Tüten“ verkauft, die über die Serie Auskunft geben. Die Notgeldserie wurde 1920 Auftrag gegeben und 1921 in Halberstadt von Louis Koch gedruckt. Die Grafiken stammten von Johannes Beyer. Die Ausgeber dieser Scheine, unsere Stadtgemeinde erzielten durch den Verkauf dieser Serienscheine zusätzliche Einnahmen.
Der erste Notgeldschein bezieht sich auf die Ereignisse aus dem Jahr 1533, wo der Ortspfarrer und spätere Mathematikprofessor Michael Stifel (1487 – 1567) für den 19. Oktober den Weltuntergang prophezeit hat.
Nächstens geht die Welt mal unter Alle, alle müsst ihr runter Stifel sprachs, denn biste sündig Mensch so gehe schleunigst in dich.
Der zweite und dritte Schein bezieht sich auf die Erbauer des Jagdschlosses Annaburg, Kurfürst August von Sachsen (1526/1553-1586) und seiner Gemahlin Anna Auguste Kurfürstin von Sachsen (1532/1553-1585) der Namensgeberin unserer Stadt Annaburg.
Das ist ein Spruch von alters her Wer Sorgen hat, hat auch Likör ~ Drum hatte Mutter Anna welche, So griff Sie nach dem Sorgenkelche.
Auch der Gemahl der öfters fror Zog ihren selbstgebrauten vor - Oft weilt er in der Hexenküche und atmete die Wohlgerüche.
Die Rückseite dieser Scheine zeigt das Annaburger Wappen.
Die Gemeinde Annaburg zahlt für mich drei Monate nach erfolgtem Widerruf ohne Murren den Betrag von 50 Pfennigen. Gemeindevorst. Städtlein Annaburg 1921 Annaburg Bez. Halle August 1921
Der vierte Schein bezieht sich auf unsere Annaburger Heide, die unsere Stadt von drei Seiten umgibt und vor allem in der Vergangenheit sehr eng wirtschaftlich mit der Stadtgeschichte (in der Stadt waren gleich zwei Oberförstereien angesiedelt) verbunden war. Der Tiergarten war ein an die Stadt angrenzender Teil der Annaburger Heide der vorrangig zur Jagd im 15.-18. Jh. diente.
Wohl steht der Wald um Annaburg gleich einem Damm Doch ihm gehört darin Auch nicht ein Stamm
Der fünfte Schein bezieht sich auf die damals wie heute bedeutende industrielle Produktionsstädte – die Annaburger „Scherbelbude“, Sintulanwerk oder in der Gegenwart bis zur endgültigen Insolvenz, Porzellan GmbH Annaburg genannt.
Durch Steingutsachen allerhand Ward unser Städtlein weltbekannt.
Der letzte Schein zeigt unser Jagdschloss, erbaut 1572-75 durch Kurfürst August von Sachsen. Dieses Jagdschloss beheimatete von 1762-1920 das Militär-Knaben-Erziehungsinstitut, wo vorrangig Militärwaisenkinder versorgt aber auch eine Schulausbildung erhielten.
Als Mutter Anna schon in diesem Schlosse war War weder guter Schnaps noch gold noch Silber rar
Die Rückseite dieser Scheine zeigt das Annaburger Wappen.
Die Gemeinde Annaburg zahlt für mich drei Monate nach erfolgtem Wiederruf ohne Murren den Betrag von 25 Pfennigen. Gemeindevorst. Städtlein Annaburg 1921 Annaburg Bez. Halle August 1921
Bernd Hopke
Ortschronist
AnnaOffice©2020-12-29
Quelle
- http://webgerman.com/Notgeld/Directory/A/Annaburg2.htm, Zugriff 03/2009
- http://de.wikipedia.org/wiki/Notgeld; Zugriff 03/2009