Sprache

über die regionale Mundart

Über die Sprache wurde auf den Annaburger Chronistenseiten außer über das „Sächsische“ bisher noch nicht geschrieben. Nach einer linguistischen Karte gehört unsere Region zum Mittelhochdeutschen Sprachraum. Die Grenze zum Niederdeutschen Sprachraum bildet nach ihr die Schwarze Elster, die uns zum Fläming hin abgrenzt. Die Elbe und die Schwarze Elster soll hier die Dialektgrenze bilden. Wer hier lebt weiß, daß das nicht so stimmen kann. Während diesseits und jenseits der Schwarzen Elster die Menschen im gleichen Dialekt sich unterhalten, merkt man jenseits der Elbe sofort einen hörbaren phonetischen Unterschied. Die nach dem Düsseldorfer Stadtteil Benrath benannte Benrather Linie (maken-machen-Grenze) ist die gedachte Scheidelinie zwischen den hochdeutschen zu den niederdeutschen sowie niederfränkischen Dialekten. Sie ist aber keine Sprachgrenze und auch keine wirkliche Dialektgrenze zwischen dem niederfränkischen, nieder- und hochdeutschen Sprachraum. Die Übergänge sind hier fließend. Die deutsche Sprache entwickelte sich in einer Zeit der politischen Zersplitterung. Die Herzöge machten sich vom deutschen Kaiser unabhängiger. Die kulturelle Entwicklung erfolgte in Deutschland daher dezentral an den verschiedenen Herzoghöfen. Diese polyzentrische Entwicklung hatte zur Folge, dass sich noch keine einheitliche deutsche Literatursprache herausbildete. Es gab vielmehr verschiedene Varianten der Literatursprache, die auf ihre regionalen Dialekten basierte.

Wichtig für die Entwicklung der deutschen Sprache im Hochmittelalter war auch die Ostsiedlung, also die Ansiedlung deutschsprachiger Siedler in unserer Region, aber auch den anderen weiterentfernten Gebieten Ostmitteleuropas (Schlesien, Pommern, West- und Ostpreußen, Grenzgebiete Böhmens. und Mährens, Slowakei, Siebenbürgen). Die ganz überwiegend slawischsprachige Vorbevölkerung wurde dabei assimiliert. Unsere Region wurde so zu einem sprachlichen Schmelztiegel, dabei kamen aber auch slawische Worte ins Deutsche, wie etwa das Wort Peitsche (statt Gerte) oder Grenze (statt Mark). Insgesamt hat diese Ostsiedlung aber die deutsche Sprach nicht zersplittert, sie führte vielmehr zu Mischmundarten aus den verschiedenen Dialekten der Siedler unterschiedlichster Herkunftsregionen.

Die dabei erlebte Elb-Dialektgrenze hat ihre geschichtlichen Ursachen in der Tatsache, dass über einen längeren Zeitraum die Elbe die Grenze zwischen den ostwärts drängenden Deutschen und den Slawen bildete. Unsere heutige Sprache, unsere Mundart entwickelte sich auch nach 1945 noch wesentlich durch die Aufnahme der Heimatvertriebenen aus dem schlesischen und aus ostpreußischem Sprachraum weiter. Zu ihrer weiteren Homogenisierung trug dann auch der einheitlich hohe schulische Ausbildungsgrad unserer Bewohner bei.

Die allgemein gebräuchliche Kurzbezeichnung „Hochdeutsch“ kann leicht missverstanden werden, da sie von manchen Sprechern gleichbedeutend mit „Standarddeutsch“ bzw. „Schriftdeutsch“ gebraucht wird. Dieses Standarddeutsche ist aus unserer hochdeutschen Mundarten durch Martin Luthers Bibelübersetzung in der (Wittenberger) Kanzleisprache und der fast zeitgleich erfundenen Buchdruckkunst entstanden und deutschlandweit transportiert. Hier anfänglich bevorzugt in protestantischen Gebieten was schon fast mit dem Niederdeutschen Sprachgebiet übereinstimmte. Aber eben nur fast.

So weit so gut, lesen wir nun was die Chronisten aus Naundorf dazu zu schreiben hatten, vermutlich war hier der aus Gablonz/Sudetenland stammende Arthur Groschwald, der seit Februar 1946 als Lehrer und späterer Schulleiter in Naundorf tätig war, maßgeblich federführend beteiligt.

Wenden wir uns nach diesem Rückblick noch der Mundart zu. Waren die Bewohner unserer Landschaft bisher ein einheitlicher Volksstamm, so wurde durch die Germanisierung im 10. Jahrhundert die Einheitlichkeit zerstört. Die wendische Sprache 1327 verboten, durch die Kriege, die unsere Gegend als Grenzmark erlebte, kamen immer wieder fremde Bevölkerungsteile hinzu. Während und nach dem 2. Weltkriege gingen viele Umsiedler durch unsere Gegend. Durch die damaligen Neulandgebiete strömten aber auch Siedlerzüge aus dem Westen und Nordwesten Deutschlands, wie uns die germanischen neben den slawischen Ortsnamen und der Fläming verraten. Spätere Kriege brachten fremde Volksteile in die Landschaft. 
Und nun zu der Mundart:
Die deutsche Sprache ist nicht nur mit den übrigen germanischen Sprachen verwandt, sondern im entferntesten Grade auch mit dem Keltischen (Reste noch in Großbritannien und Irland) mit dem Lateinischen (und damit mit den vom Lateinischen abstammenden romanischen Sprachen) mit dem Griechischen, mit dem Russischen und den übrigen slawischen Sprachen, ja mit dem Persischen und mit dem vorderindischen Sprachen. Diese und andere Sprachen bilden den indogermanischen Sprachstamm. Die Verwandtschaft des germanischen mit den Sprachen des indogermanischen Sprachstamm ist leicht in der germanischen oder ersten Lautverschiebung v. Chr. erkennbar; besonders durch die Lautverschiebung hob sich in grauer Vorzeit die germanischen Sprachenform ab. Die germanische Lautverschiebung "verschob" p zu f (lat. pro - dtsch für) g zu k (lat. granum/franz. grain — dtsch Korn) die Lautverschiebung drang bis hierher durch, setzte sich aber nicht restlos durch, so daß viele Mischformen: Niederdeutsch mit Oberdeutsch zu finden sind. Die Hochdeutsche Mundart hat wohl gemeinsames, aber ist doch nicht gleich. Hierbei ist eine Besonderheit des Niederdeutschen mit Oberdeutschem festzustellen, nämlich, daß die Pronomen "mi" und "di" für den Dativ und Akkusativ gebraucht werden, also für "mir" — "mich" "dir" — "dich" So wird in der Mundart dieser Gegend kein Unterschied zwischen beiden Fällen gemacht und immer der Akkusativ gebraucht.

Einige Mundartproben:
Fadder (Vater) anschbannst (anspannen) haste (hast du) heite (heute) met (mit) die Fäere (die Pferde) Hingerfeld (hinteres Feld) pliegen (pflügen) weitergomm’n (weiterkommen) de Eje (die Egge) o met (o mein) de Giehe Fudder jähm und Schtroh schtraun (den Kühen Futter geben und Stroh streuen) Middach (Mittag) Jemiede met Roochfleesch (Gemüse mit Rauchfleisch) andres Owist (anderes Obst) da miss’n mersch ja rode nähm (da müssen wir’s gerade nehmen) Jorten (Garten) nischt (nichts) ’s is ja keen richtjer Sommer (es ist Ja kein richtiger Sommer) alles is grode wie Härwist (alles ist gerade wie Herbst) ach lassen mersch (ach lassen wir es) Bemm’n (Brotscheiben) Lewwerworscht (Leberwurst) druff (darauf) brengest (bringst du) usw.

Unsere (Vor)Namen sollen schon zusammen mit der Sprache entstanden sein. Unsere frühen Vorfahren werden schon Bezeichnungen im Sinne von Namen füreinander gehabt haben. Im deutschen Sprachraum beginnt das zuerst mit germanischen Namen. So sind schon um 100 nach Christus ersten Namen aufgezeichnet, wie: „Catumer“, „Catvald“ und „Segimund“.

Dabei waren mit den Namen meist gute Wünsche verknüpft, zum Beispiel im Kampf zu siegen, erfolgreich, mutig oder friedlich zu sein. „Gerhart“ setzt sich etwa aus „Speer“ und „hart“ zusammen. Es konnten auch positiv besetzte Tiernamen eingeflochten sein, wie bei „Eberhart“ oder „Wolfram“. Mit der Verbreitung des Christentums kamen dann biblische Namen in Mode dann später ab dem 12. Jahrhundert auch die Namen von Heiligen wie „Christopherus“ oder „Magdalena“. Vier Jahrhunderte später dämmte die Reformation die Heiligenverehrung dann wider ein, es begann eine Rückbesinnung auf klassische und später dann auch germanische Namen. Ab dem 15.16. Jahrhundert wurden dann zur weiteren Unterscheidung Familiennamen meist von der Obrigkeit vergeben. Lesen wir darüber nun folgendes:

Diesen folgenden Abschnitt wollen wir den Geschlechtsnamen und Familiennamen einräumen.
Ein merkwürdig und wunderlich Ding ist es im Grunde doch, daß der Mensch in seinem Namen so einen Begleiter durch das Leben erhält, der ihm stets von der Wiege bis zum Grabe und dennoch in seinem Wesen nicht erkannt wird. Den unbekannten Begleiter bewahren wir sorgsam, daß er nicht verkürzt usw. wird, wir bewahren den Namen mit allen unorthographischen ck, tz u. dt. (Grasenack, Grätz, Schmidt, Zschietzschker etc.) Sollten wir aber nicht auch nach Kern u. Inhalt fragen?
Bis zum Mittelalter hatte jeder Deutsche nur einen Namen. Dieser war Wunsch und Segenswort. Die Deutung der altdeutsche Namen, die den ältesten Teil der Muttersprache ausmachen, ist nicht schwer, wenn wir sie in die Bestandteile zerlegen:
Z.B. Friedrich—fride = Frieden, rich = Herrscher, Hermann—heri = Herr
gehen wir gleich noch einige oft anzutreffende Vornamen durch:
hebräischen, Ursprungs:
Anne = Gnade, Martha = Herrin, Michael = wer ist wie Gott 
griechischen Ursprungs:
Georg = Landmann, Helene = Glänzende, Peter = Felsen, Margarete = Perle 
lateinischen. Ursprungs:
August = Erhabener, Emilie = Gefällige
französischen Ursprungs;
Lina von Karoline = altdeutsch, die Starke, Louise = französische Form von Luise = ruhmvolle Kämpferin
englischen Ursprungs;
Emmy = Koseform zu Irmgard, vielleicht auch von Imme = Biene; Elly = Ella altdeutsch die Fremde, Willy = Wilhelm = Schutzbereite 
So könnte die Reihe fortgeführt werden, es würde aber zu weit führen und so sollen die Beispiele genügen.

Wenden wir uns nun den Familiennamen zu. Seit dem 12. Jahrhundert begann man in Deutschland, dem bisher einfachen und von den Eltern zu den Kindern fast stets wechselnden Personennamen einen erblichen Familiennamen beizufügen. Der Anlaß dazu ergab sich aus dem in den Städten aufblühenden Handel und aus dem daher häufiger werdende Kauf- und Vertragsurkunden, die eine genaue Bezeichnung, Benennungsmöglichkeit erwünscht machten, eine gewisse Neigung zum Prunk kam dazu (dieselbe Neigung führte später weiter zur Annahme mehrerer Vornamen) Die alten einfachen Personennamen waren (wie die Vornamen) von der Familie gegeben, die neuen Familiennamen Schöpfung Fremder. Teils nur eine Fortsetzung der Beinamen, die man der Familie schon beigelegt hatte.
Der erste Schritt zur Zweinamigkeit.
z.B. Hadubrands Sohn, Siegfrieds Siegmunds Sohn
Durch die Verstümmelung des Wortes Sohn; Andersen, abgekürzt: Anders 
Hinzu kamen die Fülle der Abkürzungen des Vatersnamen, deren Ursprung heute nicht mehr erkenntlich ist: Bartholomäus; Bartels-Barthel-Barth, Mewes; Möwes-Möwius, Gero; Gere-Göhre, Johannes; Hansen-Hanke-Hensel-Jahnke-Janicke, Siegfried; Seifert-Seyfarth-Seifert-Sievers 
Sehr zahlreich ist auch die Ableitung des Familiennamens von Stammsitzen oder seinen Eigenarten: Bachmann, Brinkmann (brink= Hügel) Buchholz, Winkelmann, Winkler UBW.
Da früher keine Nummern für die Häuser waren, so wurden die Wohnungen mit Namen, die meist an den Haustüren bildlich dargestellt waren, versehen; Busch, Wolf, Spieß etc. geographische Ableitungen;
Heß. Meißner, Preuß, Schlesinger, Wahle (walsch=weisoh)
Am häufigsten hat der Beruf die Namensgebung beeinflusst. Ursprünglich wurde der Beruf zur Unterscheidung eines Namensvetters derselben Siedlung angewandt:
Hans der Müller; Hans der Schmied, Hans der Schulze, Decker; Ziegler, Schindler, Faßbinder: Binder, Bender, Lehmann (Lehnbauer der Kolonistendörfer im Osten) Müller, Schulze, Scholz, Schröder, Brettschneider, Wirth, Kretschmar (poln. Kretschan=Schenke) 
Persönliche Eigentümlichkeiten eines Ahnherrn gaben Anlaß zu Namensschöpfungen, oft spielte dabei der Spott eine Rolle;
Große, Lange, Breitbart, Krause, Traugott, Fürchtegott usw.
Auch die Ortsnamen entstanden nach ihrer Lage, durch den Waldreichtum, dem Kampf des Menschen mit dem Walde, nach den Stammvätern benannt durch den späteren Kaufmannstand und schließlich auch nach dem Landesherren.

Soweit die Auszüge aus der Naundorfer Chronik von 1965

BERND HOPKE
ANNABURGER ORTSCHRONIST

AnnaOffice©2024-05-08

Quellen

Zweite Chronistin Magda Miething; Chronik der Gemeinde Naundorf; 70iger Jahre, abschriftlich B. Hopke 2024-02-15;
Wikipedia, Sprachgrenze unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Sprachgrenze; Zugriff 05/2024;
Wikipedia, Sprachgeschichte unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Sprachgeschichte#Das_Wort_%E2%80%9Edeutsch%E2%80%9C; Zugriff 05/2024