Jungfrau

Die Jungfrau von der Steinsdorfer Burg


Es ist schon sehr lange her, da stand bei Steinsdorf eine Burg. Davon wissen nur noch sehr wenige alte Leute und diese wissen es auch nur von den Erzählungen an alten Kaminfeuern, also aus einer Zeit, wo sich die Hausgenossen nun durch Erzählungen ihre Abende bereichern konnten.

Die Geschichte ist auch nirgends aufgeschrieben, denn zu dieser Zeit konnten nur sehr wenige lesen und schreiben. Nun trug es sich zu, dass auf dem Wiesengelände rund um die Burg auch der Schafhirt sich öfter mit seiner Herde aufhielt. So auch wieder einmal kurz vor Pfingsten zur Mittagszeit. Da sah er auf der verlassenen Burg auf einmal eine Jungfrau in einem Torbogen stehen. Diese sprach zu ihm: „Komm Pfingstsonntag zur gleichen Zeit, es soll dir nicht Leid tun.“ Am Pfingstsonntag ging nun unser Schäferbursche zur Burg. Je näher er aber kam, umso ängstlicher wurde er, und es ging nur noch zögernd voran. Somit kam er auch etwas verspätet an, aber die Jungfrau stand im Torbogen. Als er nun in ihre Nähe kam blickte sie zur Sonne, dann hob sie die Arme und rief: „Zu spät! Für immer zu spät! Ewig zu spät!“ Dann begann die Erde zu beben und die Burg brach über ihr zusammen. An ihrer Stelle ist heute ein hoher Erdhügel welchen man „ Schanze“ nennt.

 

Willy Eichler

 

Quelle
Sagensammlung von Willy Eichler, Schulbroschüre

Annaburg©2022-02-11