Infrastruktur

Schloss Annaburg

Das Hauptproblem der Infrastruktur war die Trink- und Brauchwasserbeschaffung. Deswegen hatte schon Friedrich der Weise verfügt eine Röhrwasserleitung zum Gorrenberg zu legen, um frisches Quellwasser dort zu fassen und zur Lochau zu leiten. Die Entsorgung ermöglichte das frische Wasser welche über den „Neugraben“ aufwendig hergeleitet wurde.

Ver- und Entsorgung

Das Nutzungskonzept sah von Anfang an eine Externe Wasserversorgung vor. Hier griff man auf die schon vorher bestehende Röhrwasserleitung, welches frisches Quellwasser vom Gorrenberg (Jessen) herleitete. Noch bevor der Bau der Annaburg begann, wurde deren Erneuerung vom Kurfürsten angewiesen. Im Schlossbuch wird über den Bau der Annaburg folgendes berichtet:

So scheint es folgerichtig, dass, nachdem bereits im Mai 1571 die Reparatur der hölzernen Wasserleitung befohlen worden war, am 18. September 1571 durch Kurfürstin Anna an den Gelenauer Baumeister Christoph Tendier die Anweisung ergeht, sich ,,. . . nach Empfang dieses Unseres Briefes alsbald zu erheben und demnächst zu Uns gegen die Lochau verfügen".

Nach Gründler soll sich die Kurfürstin persönlich um die Erneuerung der alten Röhrleitung gekümmert haben:

Die Leitung muß damals längere Zeit unterbrochen gewesen sein, denn die Kurfürstin begleitet die Anweisung von 480 Stamm Röhrhölzern mit den Worten (7.Mai 1571): ‚nachdem Wir bedacht sind, das Röhrwasser, so zuvor vom Gorrenberge in unser Schloß zur Lochau geführt worden, wiederum von neuem ganghaftig machen und legen zu lassen“ usw. Diese Leitung wurde auf einer Brücke „hinter dem Schlosse Schweinitz“ über die Elster geführt. Im Jahre 1573 erfahren wir von einem zweifachen Röhrwasser, einem alten, ‚so in und über des Pfarrers zur Schweinitz Weinberg gefasset’ ist, und einem neuen, ‚so am Gorrenberge bei der Schäferei über der Schweinitz im zweiten Gelege gefasset ist’.

Personell wurden die beiden Leitungen auch durch zwei Röhrmeister abgesichert. Der Röhrmeister der älteren, ersten Leitung hieß Hans Stößer. Für die zweite, die letztere Leitung war Simon Horn zuständig.

Dabei wurde bestimmt, dass die erstere Leitung für die Wasserversorgung des Vorderschloßes, Amts- und Jägerhaus, sowie die 15 neuen Häuser am Markt zu verwenden ist. Die neuere Leitung sollte allein das Hinterschloss versorgen. Für die zweite Leitung wurde ein größerer Wasserdruck benötigt um damit auch die dritte Etage des Schlosses zu erreichen. Der Aufwand zur damaligen Zeit für dieses Projekt war beträchtlich. So sollen zum Bau der Wasserkunst 232 Mann beteiligt gewesen sein, darunter 41 Zimmerleute und 96 Wasserknechte (Röhr- und Brunnenbauer). Auch der Bau an sich machte von sich reden:

Zu diesem Zwecke wurde eine Wasserkunst, d.h. ein Haus mit Turm gebaut, letzterer aus 4 Stockwerken bestehend, 30 Ellen hoch, 8 Ellen lang und weit, mit einem Wasserrad von 10 Ellen, zum Heben des Wassers. Dies Haus wurde dicht bei dem Platze angelegt, wo die heutige Neugrabenmühle liegt. Neugraben und Mühle entstanden, …, zu damaliger Zeit, und nicht weit von der Mühle zweigte sich ein Verbindungsgraben nach der Nordostecke des Schlosses ab, den man den neuen Mühlgraben, später den Kunstgraben hieß. Er diente dazu, die ‚Kunst’ zu ‚treiben’ “.

Zur Qualitätssteigerung des Röhrwassers, wurden die Leitungen aus der Erde entnommen und offen gelegt:

„Das Wasser sollte jetzt eben so gut, wie es am Gorrenberge im Borne quillt, in des Kurfürstengemach kommen.“

Der Luxus der damaligen Zeit kam an, was zu einem höheren Wasserverbrauch und auch zu mehr Kosten führte:

Obwohl die mit der Anlage verbundenen Kosten in der Folge hoch stiegen, schrieb der Kurfürst doch im September 1575 an Kanitz: ‚weil denn der Unkosten, so wir auf dies Haus (Schloß) gewendet, fast vergeblich wären, wenn man dieses Orts kein rein gesund Wasser, so zu kochen und trinken dienstlich, finden sollte, so befehlen wir dir gändigst’ usw.

Für die Abwässer aus Bad und Küchen wurden im Schlossbereich überwölbte Abwassergräben gebaut. Sie endeten in den Schlossgräben. Hier erfolgte auch die Entsorgung der festeren Abfälle die über die Plumpsklo an den Außenwänden anfielen. Diese „Toilettenerker“ wurden in reichlicher Anzahl baulich an der Außenfassade integriert.  Während die untere Etage nur mit 3 Toilettenbauten dieser Art auskommen musste, waren im 1. Stock 5 und in der Kurfürstenetage 4 Toilettenbauten vorhanden. Im Dachgeschoss gab es noch zwei davon.

Auch diese Fäkalienentsorgung griff auf bestehende Strukturen zurück – auf den alten Neugraben – der frisches Wasser heranleitete. Die Notwendigkeit ergab sich aus dem Umstand, dass das oberflächennahe Wasser sehr eisenhaltig war und sich somit als Brauchwasser nicht eignete und außerdem ließ die Vorflut zu wünschen übrig. Damit ließ sich keine Wassermühle betreiben. Ohne Neugraben gäbe es auch ein energetisches Problem. Deswegen war es auch notwendig nach Errichtung des Schlosses den Neugraben von Grund auf zu erneuern.


Logistische Anbindung

Wesentlich einfacher als das „Wasserproblem“ gestalteten sich die restlichen Versorgungsfragen. Für das Lebensnotwendige stand das Lochauer Amt zur Verfügung. Da aber eine richtiges „Schlossleben“ auch Lebensmittel und manch andere Güter bedarf, die sich über die Amtsuntertanen nicht beschaffen ließen, mussten Schlossnahe die dazu nötigen Einrichtungen geschaffen werden. Dazu zählen neben den Gewürzgarten, der Schlossgarten mit den Obstbäumen, das Schlosseigene Brauerhaus, das Destilierhaus, wie auch das Annaburger Vorwerk mit der „Käserei„.  Zum anderen konnte dabei auf die Erhöhung des Dorfes Lochau zum Städtlein, welches schon unter Friedrich dem Weisen vermutlich geschah, zurückgegriffen werden. Die rechtliche Stellung eines Städtleins beinhaltete neben dem Marktrecht und auch die Ausübung eines Gewerbes. So konnte ohne den Zunftzwang manch nötiges Gewerbe im Ort angesiedelt werden, ohne das der Kurfürst das von ihm festgelegte „Stadtrecht“ brach.  

Für die Bevorratung mit Wild, da war der Tiergarten zuständig und die Fasanengärten. Die Tiere konnten darin solange herumlaufen bis sie für die herrschaftliche Tafel benötigt wurden. 

Für die herrschaftlichen Pferde wurde im Vorderschloss gesorgt, und für den damaligen Fuhrpark wurde vor dem Schloss gleich neben dem Amtshaus eine Wagenremise errichtet. Auch wenn man nach Annaburg nur mit kleinem Hofstaat anreiste, so war sicherlich eine Menge Gepäck dabei zu bewegen und die dazu notwendigen Fuhrwerke konnten ja nicht so einfach in der Gegend rumstehen.

 

BERND HOPKE
ORTSCHRONIST

AnnaOffice©2021-09-10

 

Quellen

  • Gründler, E.: „Schloß Annaburg“ Festschrift zur einhundertfünfzig-jährigen Jubelfeier des Militär-Knaben-Instituts zu Annaburg, Verlag von Oscar Haebringer, Berlin 1888;
  • Dr. Dr. Uwe Fiedler, „Schloss Annaburg – Unter dem Hofplaster des Hinterschlosses von Annaburg – 650 Jahre Schlossgeschichte“ unter http://www.annaburg.de/AKTUELL/2002/06/01/Ausgrabung/index.html; Zugriff 11/2008;
  • Otto Eduard Schmidt „Kursächsische Streifzüge“ Erster Band, Verlag: Buchdruckerei der Wilhelm und Bertha von Baensch Stiftung 1913;
  • Autorenkollektiv; „Jagdschloss Annaburg  -eine geschichtliche Wanderung“ Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege e.V. Annaburg; Geigerverlag 1994;
  • Bettina Riedel und Petra Seifert „Nutzungsstudie für Schloss Annaburg“ technische Universität Dresden- Sektion Architektur – 1978;
  • Wikipedia „Sächsische Renaissance  unter: https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4chsische_Renaissance
  • Nationalatlas unter: http://archiv.nationalatlas.de/wp-content/art_pdf/Band6_148-149_archiv.pdf;
  • Wilhelm Lübke: Geschichte der deutschen Renaissance. (Buch 3), S. 775;