Waldfläche

die „Größe“ der Annaburger Heide


In unserer Heimatliteratur gibt es kaum verlässige Flächenangaben zur Größe unserer Annaburger Heide. Einen Hinweis fand ich in der Lausitzer Rundschau vom 17.09.2005, danach soll die Annaburger Heide ca. 11.000 ha umfassen. Da der Artikel sich mit dem militärisch genutzten Teil der Heide befasste, war vermutlich nur der Bundesforst gemeint. Aber so eindeutig hat sich der Verfasser nicht festgelegt.

Im Sächsischen Staatsarchiv befindet sich eine Karte über die Annaburger Heide von 1766.

Annaburger Heide - Hauptsituationsriss der Annaburger Heide, wie solche anno 1765 und 1766 nach Anweisung jedes Ortsforstbediensteten vermessen wurde“. 

Sie wurde von Förster Johann Wigandt Kröhne, als Vermesser und von Johann Georg Wentzel, als Zeichner genau aus diesem Grunde erstellt – um die Waldflächen der Annaburger Heide zu dokumentieren. Zu dieser Zeit war Annaburg noch vollständig vom Wald umgeben. Das Gebiet bei Gertrudshof gehörte damals noch zum Annaburger Müttens Revier und die Straße nach Jessen war eine Waldstrasse, die gleichfalls in diesem Revier lag.

Nach dieser Vermessung war unser Waldgebiet in 10 Forstreviere unterteilt, wobei der (Annaburger) Tiergarten eine Sonderstellung einnahm. Er gehörte zwar zum Mütten Revier, wurde aber durch die Annaburger Domäne bewirtschaftet. Dagegen wurden das Arnsnester und Madelner Revier zusammen geführt. Nach den Angaben auf der Karte hatten umfassten die Reviere folgende Flächen:Bei der Summenbildung scheint ein Fehler vorzuliegen. Wenn man oben die Acker addiert, kommt man nur auf 28.881 Acker, aber hier liegt kein Fehler vor, sondern es entsprachen 1 Acker = 300 Quadratruten, sodass sich die 5 zusätzlichen Acker lediglich aus dem Übertrag aus der Summe der Quadratruten bildeten. Auch bei der Summe der Quadratruten finden wir noch einen Übertrag von 3 Quadratruten vor, der sich aus den eigentlich zu vernachlässigen Quadratellen, die die Forstbediensteten nicht versäumten mit anzugeben, ergab.Aber wer kann sich heute unter Acker, Quadratruten und Ellen noch was vorstellen? Die Menschen der damaligen Zeit schon. Acker entsprach in etwa der Größe einer Königshufe, der gängigen Feldgröße, von dem ein Bauernhaushalt gut leben konnte. Um heute die Flächenangaben zu verstehen benötigen wir eine Umrechnung der alten Flächenangaben in unser metrisches System, in Quadratkilometer oder Hektar. Das hört sich erstmal sehr einfach an, ist es aber ganz und gar nicht. Zwar können wir sehr genau den Acker in Quadratruten umrechnen, aber Ruten waren damals nicht gleich Ruten. Die Rute als Flächenmaß geht auf die deutsche Hufe, als geläufige Ackergröße zurück. Was bei der Sächsischen Königshufe 1 Rute zu 270 Ruten, also 270 Sächsischen Königsquadratruten entsprach und damit knapp zwei Hektar. Und damit fangen die Schwierigkeiten auch schon an. Die Hufen wurden als längliche Ackerstücke vergeben. Für eine Flächenberechnung benötigt man aber Quadrate die sich in die kleineren Längenmaße einfach umrechnen lassen ohne riesige Kommastellen zu verursachen. Dadurch entstanden in jedem Land, aber auch regional unterschiedliche Stückelungen, was zu einer Vielzahl von Rutenbegriffen und damit verbunden, auch einer Vielzahl von Umrechnungsfaktoren führte. Waldruten, Wiesenruten, Feldruten, Straßenruten usw. – nur um mal einige davon zu nennen. Für Sachsen gab es die Kursächsische Waldrute, die Dresdener Straßenrute, die Sächsische Feldmesserrute und die Leipziger Wiesenrute.Mit dem entsprechenden Landesbezug stehen uns damit drei verschiedene Umrechnungsfaktoren zur Verfügung, welche ist aber der Richtige? Man ist versucht auf die Kursächsische Waldrute zu tippen oder etwa die Sächsische Feldmesserrute, aber ein kleiner Hinweis auf der Karte führt zur Leipziger Wiesenrute. Denn auf der Karte war vermerkt:

Wie nach gesehener Ausrechnung die Grösse jedes Revier besonders jedoch, inclusive deren darin gelegen Wiesen Blößen und Huttungen nach Ackerzahl den Acker zu 300 Π   Ruthen die Ruthe 7½  Π  Elle z(u) zoll Leipziger Maaß befunden als,"

Unter Verwendung der Leipziger Wiesenrute kommen wir für die einzelnen Reviere der Annaburger Heide 1766 auf folgende Hektargrößen:Danach umfasste die Annaburger Heide zu dieser Zeit 15.909 ha.

Zuvor hatte ich grafisch die Fläche der Annaburger Heide an Hand einer Karte von 1556 ermittelt.Karte der Annaburger Heide aus dem Jahr 1556

Damals betrug die Fläche der Annaburger Heide, die als kurfürstliches Jagdgebiet eingegrenzt war 16.900 ha. Damit büßte das Waldgebiet von 1556 zu den Angaben von 1766 ca 1.000 ha ein. Nach einer Aufstellung der preußischen Staats-Oberförstereien aus dem Jahre 1925 hatten die Oberförsterei Thiergarten 5.272 ha, die Oberförsterei Annaburg 4.489 ha und die Oberförsterei Rosenfeld 5076 ha Waldfläche zu bewirtschaften. Danach lag die Gesamtgröße der Staatsforst 1925 bei 14.837 ha. Forstmeister Stubenrauch gab 10 Jahre zuvor in seiner Abhandlung über die Annaburger Heide eine Größe von 14.000 ha an. Nach einer vorsichtigen Berechnung bezüglich der heutigen Größe der Annaburger Heide, liegt die Fläche dagegen jetzt bei ca. 14.350 ha.

Das Waldgebiet der Annaburger Heide erstreckt sich heute auf dem Gebiet von drei Bundesländern, deswegen ist die Zuordnung zur Annaburger Heide, heute etwas komplizierter. Ich hatte mich deswegen bei der vergleichenden Berechnung auf das Gebiet beschränkt, dass nach der Karte von 1556 die Annaburger Heide als Kursächisches Jagdgebiet darstellte.

Nach den Angaben aus dem Fleyer der Stadt Annaburg über unseren Tiergarten soll er entgegen der o.g. Tabelle nicht 356 ha sondern 4.700 ha groß sein. Hierbei muss es sich um einen Übertragungsfehler aus einer alten Quelle handeln. Denn es wird dort 4.700 Sächsische Königsquadratruten geheißen haben und nicht Hektar. Die würden bei ihrer Umrechnung dann 350 ha ergeben. Vielleicht ist so der dortige Fehler zu erklären.

 

 

BERND HOPKE
ORTSCHRONIST

AnnaOffice©2022-02-19

 

Quellen:

  • Annaburger Heide – Hauptsituationsriss der Annaburger Heide, wie solche anno 1765 und 1766 nach Anweisung jedes Ortsforstbediensteten vermessen wurde; Kröhne, Johann Wigandt, Förster (Vermesser).- Wentzel, Johann Georg (Zeichner) in Sächsisches Staatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Nr. Schr 002, F 033b, Nr 011
  • Stubenrauch, I. Abhandlung, Aus der Annaburger Heide; in Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen; XLVII Jahrgang April 1915; viertes Heft.
  • Fleyer Stadt Annaburg, Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege Annaburg e.V.(2001)
  • Eintausend Hektar und ein Tabu; Torsten Schöne, Lausitzer Rundschau vom 17.09.2005
  • Rute (Einheit) unter Wikipedia: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Rute; Zugriff 01/2017  
  • Aufstellung der Bundesforstverwaltung zum Forstgebiet der Annaburger Heide, Kap. „aus der Geschichte des Untersuchungsgebietes“ 1998