Prettiner Mühlen

Prettin Mittelpunkt des Müllerhandwerkes 


Prettin war der Mittelpunkt unserer Region für das Müllerhandwerk. Zuerst spielten die Schiffsmühlen auf der Elbe eine große Rolle, später waren es die Windmühlen. Am 25. Mai 1854 wurde in Prettin die Müllerinnung gegründet, die bis 1932 bestanden hat.
Zur Müllerinnung gehörten die Müller der Stadt Prettin mit Lichtenburg und Hintersee und ein großer Kreis von beiden Seiten der Elbe. Es waren die Müller folgender Orte: Jessen, Axien, Battin, Klöden, Düßnitz, Gehmen, Grabo, Kleindröben, Schöneicho, Rade, Schützberg, Lebien, Zwiesigkow (Gerbisbach), Annaburg, Dautzschen, Hohndorf, Züllsdorf, Großtreben, Naundorf, Plossig, Labrun, Purzien, Dommitzsch, Beyern, Döbern, Döbrichau, Weidenhain, Welsau, Beilrode, Zinna, Zwethau, Dohlen, Drebligar, Elsnigk, Falkenberg (bei Trossin), Großwig (bei Süptitz), Kreischau, Löhsten, Mahlitzschen (bei Dommitzsch), Mockritz (bei Neiden), Polbitz, Repitz (bei Torgau), Roitzsch (bei Trossin), Rosenfeld, Süptitz, Trossin und Vogelsang. Als Obermeister und Vorsitzender der Müllerinnung füngierte über 30 Jahre lang der Müllermeister Herrmann Heinrich aus Prettin.

Mühle Utech in Prettin


Müllermeister Herrmann Heinrich war Besitzer einer Windmühle, die später sein Sohn Otto Heinrich übernahm. Otto Heinrich baute eine Mühle in der Bahnhofsstraße auf. Es war ein großer massiver Bau mit Ziegeldach. Linksseitig wurde das Gebäude als Mühle, rechtsseitig als Wohnung genutzt.
An der Rückseite erfolgte später der Anbau einer Backstube mit Backofen. Der Brotverkauf fand im Wohnhaus statt. Im Jahre 1939 verkaufte der Müllermeister Otto Heinrich sein Grundstück an den Müllermeister Otto Utech, der aus der Gegend Halle mit seiner Familie nach Prettin gezogen war. Der Pächter der Bäckerei von Meister Heinrich zog aus und übernahm in der Lindenstraße die Bäckerei Blume. Somit wurde von dem neuen Besitzer, Müllermeister Otto Utech, nur noch die Mühle betrieben. Leider war die Freude über die neu erworbene Mühle nur von kurzer Dauer. Mit Beginn des Krieges musste Meister Utech zum Militärdienst. Die Mühle konnte nicht weiter betrieben werden. Um ein Schwarzmahlen ohne Mahlkarte zu verhindern, wurde der Elektrozähler für den Motor ausgebaut. Am 9. Mai 1945 kehrte Meister Utech aus dem Krieg heim. Einige Tage später standen russische Soldaten vor der Mühle und verlangten Futterschrot für ihre Pferde. Nach langem Hin und Her wurde der Stromzähler für den Motor herbeigeschafft und die Mühle wieder in Betrieb gesetzt. Zuerst erfolgte die Schrotung für die Rote Armee, später auch für die Bevölkerung. Im Jahre 1960 musste Meister Utech zwangsläufig die Handelsmüllerei aufgeben, da die Großmühlen die Bäckereien belieferten. Mit der Gründung der LPG wurde auch die Kundenmüllerei so eingeschränkt, dass sich die Mühle nicht mehr rentierte. Meister Utech hat seine Mühle nun zum zweiten Mal schließen müssen, jetzt aber für immer. Danach fand er Arbeit im Kieswerk. Im Jahre 1976 verkaufte er sein Grundstück an das Stanz- und Emaillierwerk Prettin, das die Mühle als Lagerraum umfunktioniert hat.

Mühle Hänßgen Prettin


Der Müllermeister Friedrich Kalix hatte am 31. Januar 1869 den Antrag zum Bau einer Bockwindmühle in der Nähe der Straße von Dommitzsch nach Prettin, auf Prettiner Flur, gestellt. Nach der Klärung der Besitzverhältnisse für das Bauland bekam Meister Kalix die Genehmigung zum Bau der Windmühle. Der Abstand von der Dommitzscher Straße zum Mühlengrundstück betrug 16 Ruten und vier Fuß und Meister Kalix musste sich verpflichten, keinen Widerspruch gegen die Bepflanzung der Dommitzscher Straße mit Bäumen zu stellen. Die nun erbaute Mühle kaufte er vom Grundbesitzer Wenzel. Sie wurde ursprünglich 1834 in Reutnitz bei Leipzig erbaut, nach dem Verkauf 1 869 abgebrochen und in Prettin von Meister Kalix wieder aufgebaut. Im Jahre 1 89 1 kaufte die Windmühle Müllermeister August Braunsdorf. Er brachte die Mühleneinrichtung auf den neusten Stand. Da die Windkraft nicht mehr ausreichte, musste er später einen 20 PS starken Sauggasmotor als neue Antriebskraft für seine Mühle einbauen. Am 2. November 1907 bekam Müllermeister August Braunsdorf von der Gewerbeinspektion die Auflage zum Anbringen der Schutzeinrichtung für bewegliche Maschinenteile. Im Jahre 1922 verkaufte Müllermeister August Braunsdorf seine Mühle an den Müllermeister Gustav Hänßgen für 85000 Mark. Dieser baute bald danach als Antriebskraft einen Zwölf-PS-Dieselmotor ein und legte den Sauggasmotor still, bis er 1942 auf einen Elektroantrieb umstellte. Im Oktober 1944 verstarb Gustav Hänßgen und so ruhte der Mühlenbetrieb, bis im Sommer darauf seine Witwe die Mühle verpachtete.
In der Zeit des Stillstandes wurde durch Sturm das Rutenkreuz völlig zerstört. Erst als Gustav Hänßgen jun. 1948 aus der Gefangenschaft heimkehrte, konnte er wieder Vaters Mühle übernehmen. Am 1. August 1950 wurde der Sohn des Müllermeisters Gustav Hänßgen, Gerhard Hänßgen, vor die Wahl seines zukünftigen Berufes gestellt. Er entschied sich nach alter Tradition auch für den Müllerberuf und begann seine Lehre in der elterlichen Mühle. Die Gründung der LPG führte auch hier zur Einschränkung der Kundenmüllerei und Gerhard Hänßgen führte seine Lehre in der Mühle Utech in Prettin bis zum 31. Juli 1953 fort. Meister Gustav Hänßgen ging den Weg all seiner Kollegen und schloss die Mühle 1955. Er verstarb 1979 in Prettin. Noch immer steht die alte Windmühle in Prettin. Aber Wind und Wetter setzten ihr ständig zu. So wird, falls nicht bald Hilfe kommt, auch diese Mühle lautlos verschwinden.

Mühle Moosdorf in Prettin


Es waren nicht nur Bockwindmühlen aus Holz, sondern auch massiv gebaute Holländermühlen in Prettin anzutreffen. Der Besitzer einer Holländermühle in Hintersee war der Müllermeister Traugott Moosdorf. Als Meister Moosdorf 1871 verstarb, übernahm sein Sohn Franz das elterliche Grundstück mit der Mühle. Doch am 18. April 1894 brannte die Mühle ab. Als der erste Schock überwunden war, stellte Müllermeister Moosdorf am 25. Juni 1894 den Antrag zum Bau einer neuen Holländermühle.
Durch die Bebauung der Umgebung und durch hohe Bäume reichte der Wind jedoch immer weniger aus. So entschloss sich Meister Franz Moosdorf im Januar 1906, seine Holländermühle zu einer Motormühle umzubauen. Die Mühlenhaube wurde abgenommen und die Windkraftanlage voll ausgebaut. Neben der Mühle wurde ein Motorenhaus mit Generatorenraum und Kohlelagerraum errichtet. Der Sauggasmotor war nun die neue Antriebskraft der Mühle. Durch den Ausbau der Königswelle und der ganzen Windkraftanlage wurde viel Raum in der Mühle geschaffen. So konnte auch die Mühleneinrichtung weiter ausgebaut und modernisiert werden. Anstelle der Mühlenhaube kam ein festes Dach auf die Turmwindmühle. Doch lange hatte Meister Franz Moosdorf keine Freude an seiner neuen Motormühle, denn am 9. Februar 1907 verstarb er im Alter von 63 Jahren. Leider war nicht mehr feststellbar, wie lange die Mühle gearbeitet hat, wer ihre Nachfolgebesitzer waren und welches Schicksal der Mühle in den Folgejahren widerfuhr.

Mühle Schmidt in Prettin


Nach Kirchenbüchern und den Innungsakten war Müllermeister Johann Friedrich Calix (25.12.1784 - 17.10.1854) Besitzer der Windmühle in Lichtenburg bei Prettin. Sein Sohn Christian Friedrich Calix wurde am 19. Dezember 1820 geboren, nach der Schulzeit, der Lehrzeit und der Wanderschaft übernahm er die elterliche Windmühle. Er hatte den Sohn seiner Schwester, Gustav Mietzsch, als Pflegesohn angenommen. Dieser übernahm nach der Ausbildung die Windmühle seines Onkels. Am 29. September 1920 verkaufte er das Mühlengrundstück an den Müllermeister Franz Otto Keil. Dieser veräußerte bereits nach sieben Jahren, am 4. Oktober 1927, das Grundstück an Müllermeister Wilhelm Schmidt.
Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts baute Meister Schmidt eine neue massive Mühle mit Elektromotorantrieb auf. Die alte Windmühle wurde abgebrochen. Im Wohnhaus ließ Meister Schmidt im Jahre 1934 einen Backofen einbauen und eine Backstube einrichten. So wurde Bauernbrot gebacken und gleich frisch verkauft. Seine Tochter Martha heiratete Erich Pöllmann, der das Bäckerhandwerk erlernt hatte. Doch Erich Pöllmann wurde zum Militär eingezogen und kehrte aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurück. Meister Schmidt konnte aus Altersgründen die Mühle nicht mehr weiterfuhren, so wurde sie durch seine Tochter noch einige Zeit verpachtet. Nach Gründung der LPG war auch die Lohnmüllerei des Pächters zum Erliegen gekommen. Der Enkel von Wilhelm Schmidt, Horst Pöllmann, übernahm das Grundstück und baute die Mühle zum Wohnhaus aus.

Mühle Müller in Prettin


Von Hintersee, vorbei an Schloss Lichtenburg, bis zum Weinberg verläuft die so genannte Düne. Sie ist eine natürliche Anhöhe aus Sand mit bester Windlage. In früheren Jahrhunderten standen hier die Prettiner Windmühlen. So war auch auf dem Weinberg eine Bockwindmühle erbaut worden. Der Name des Erbauers und das Jahr der Errichtung konnten nicht mehr ermittelt werden. Die Müllerinnungsakte gibt jedoch darüber Auskunft, dass der Müllermeister Friedrich Heinrich Müller, Besitzer der Windmühle auf dem Weinberg, zum Stellvertreter des Obermeisters gewählt wurde.
Meister Müller wurde am 19. November 1841 in Hohndorf geboren und verstarb am 14. August 1913 in Prettin. Er hatte die Windmühle auf dem Weinberg gekauft. Sein Sohn, Friedrich Heinrich Müller jun., wurde am 27. November 1870 geboren und erlernte nach seiner Schulzeit ebenfalls das Müllerhandwerk. Als Müllermeister übernahm er nach seiner Heirat die Windmühle. Aus der Ehe gingen drei Töchter hervor. Die dritte Tochter heiratete Max Kurt Schurad, der jedoch das Müllerhandwerk nicht gelernt hatte, sondern in seiner Landwirtschaft mit 72 Morgen Acker und Wiese, die zur Mühle gehörten, tätig war. Meister Müller musste aus Altersgründen die Mühle im Jahre 1941 schließen. Zwei Jahre später wurde sie abgebrochen.

Mühle Naumann in Prettin


Die Schiffsmühlen sollten nach 1890 an der Elbe abgelöst werden und der Staat zahlte eine Ablösung für den Mühlenstand. So konnten sich die Besitzer eine neue Existenz aufbauen. Auch der Müllermeister August Naumann aus Prettin stellte am 11. August 1845 den Antrag, eine neue Bockwindmühle bauen zu dürfen. Die Windmühle sollte auf eigenem Bauland in freier Flur, der so genannten „Coswiger Mark" an der Straße von Prettin nach Axien, gemeinsam mit Wohnhaus und Stallgebäude errichtet werden. Zur Mühleneinrichtung sollten vorerst ein Mahlgang und ein Spitzgang gehören.
„Das Bedürfnis einer Windmühle stellt sich, da hier nur eine vorhanden ist, als dringend notwendig heraus, wenn man berücksichtigt, dass die vorhandenen Elbschiffmühlen während des Winters gewöhnlich mehrere Monate nicht mahlen können. Bei dem Dorf Lichtenburg waren zwar weitere drei Windmühlen vorhanden, doch der Bedarf des nicht unbedeutenden Konsums der Königlichen Strafanstalt Lichtenburg und dass die vor einigen Jahren abgebrannte Lichtenburger Domänen Windmühle noch nicht wieder aufgebaut worden war. So wäre es ratsam, mir die Genehmigung zum Bau einer neuen Mühle zu erteilen, da dadurch die Produktion für Mühlenerzeugnisse gewährleistet wird." Am 18. November 1845 erhielt Müllermeister August Naumann, früher Besitzer einer Schiffsmühle, die Genehmigung von der Königlichen Preußischen Regierung, Abteilung des Inneren, in der Coswiger Mark die Mühle mit Wohnhaus und Nebengelass zu bauen.

Eberhard Förster

Quelle:
Eberhard Förster; Mühlen zwischen Elbe und Schwarzer Elster; Bücherkammer Herzberg 2006