Voraussetzungen

– eine Wasserlandschaft soll entstehen

Auch wenn der Standort der alten Lochau am Rande der Auenlandschaft zwischen Elbe und Schwarzer Elster liegt und das Jagdschloss von einem Wassergraben umgeben war, gab es hier keine Seenlandschaft. Vor allem fehlte es hier an Fließgewässern. Das hier anstehende Wasser war extrem Eisenhaltig und bildete an seiner Oberfläche ölig aussehende rostfarbene Schlieren. Schön sieht das nicht aus. Der heutige Mollgraben bestand noch nicht. Deswegen war die Gegend im Bereich des Moll- und des Zschernicker Grabens mit Brüchen, Nasswiesen und stellenweise auch mit Moorflächen beschaffen. Ideal für die Jagd auf Wildschwein und südlich davon die trockenen Sanddünen mit ihren Kieferbeständen und der Heide – ideal für das jagdbare Hochwild. Aber Fließgewässer fehlt hier. 

Brand River in der Niederung zwischen Schwarze Elster und Elbe – mit Moll- und Zschernikgraben

Wasser gab es also, aber leider in einer sehr schlechten Qualität und auch keinen Zufluss.

Nach Thomas Lang gab es deshalb Überlegungen Wasser von der Schwarzen Elster direkt herzuleiten. Das wurde aber wieder verworfen, weil die Wassergräben der Lochau höher lagen als die Schwarze Elster.

Röhrleitung zum Gorrenberg

Im Zusammenhang mit der Errichtung einer Badestube kam das Bedürfnis nach frischem Quellwasser auf. 1501 ließ Friedrich der Weise von dem etwa 10 km entfernten Gorrenberg bei Jessen eine hölzerne Rohrleitung zum Schloss legen. Jedenfalls erscheint seit dieser Zeit ein Röhrmeister auf der Amtrechnung. Die Menge des hergeleiteten Wassers konnte den mittlerweile angewachsenen Bedarf an Frischwasser nicht decken. Mittlerweile wurde nicht nur zum Kochen, für mehrere Bäder, für die Fischzucht aber auch als Energie für eine Wassermühle und letztlich für die Abfallentsorgung ein „mehr“ an Wasser benötigt.

Rekonstruierte Wassersituation um 1519 im Bereich Annaburg (Lochau) in GoogleEarth
Der Elstergraben entsteht

Bei der Gestaltung seines Gartenreiches ab 1498 bildete das Wasser ein durchaus wichtiges landschaftliches Stil- und Strukturelement. Am großen Schlossteich wurde von 1499 bis 1505 gearbeitet. Zumindest Fritz Stoy berichtet über die Herleitung von Wasser aus der Schwarzen Elster nach der Lochau. Nach seinen  Ausführungen wurde schon vor 1505 unterhalb Uebigaus bei Kibitz der Schwarzen Elster Wasser abgezweigt und über einen noch schmalen Graben zur Lochau geleitet. 1505 erfolgte eine Erweiterung zur Nutzung dieser Kraft für eine Wassermühle in Uebigau. Sicherlich auch um zur Erhöhung der Wehrfähigkeit den Stadtgraben der Stadtbefestigung mit Wasser fluten zu können. Weiterführende Nutzung wurde aber Untersagt, weil das Wasser zur Lochau zu führen sein und sonst „nirgends wohin“.

Rekonstruierter Verlauf des Elstergrabens von Kibitz bis Annaburg um 1519 in GoogleEarth

1505 bis 1507 wurde dann auch in Lochau, an der Stelle wo man von Torgau kommend herein zog, eine Wassermühle als Amtmühle errichtet. Den Wasserstau wird es aber schon vorher, auch ohne Mühle gegeben haben. Anders wäre ein Wasserschloss hier undenkbar. (Als 1831 die Schleuse an der Torgauer Straße durch das Hochwasser zerstört wurde, verlandete der Schlossgraben in den darauffolgenden Jahren.) Dieser Elstergraben, der der Vorläufer des heutigen Neugrabens war, schaffte nun die benötigte Wassermenge heran, aber er öffnete auch dem Hochwasser der Schwarzen Elster den Weg nach Lochau. Über einen geordneten Abfluss hatte man sich offensichtlich noch keine weiteren Gedanken gemacht. Hier wurden erst 70 Jahre später beim Ausbau zum Neugraben Hand angelegt.

Verlauf des Elstergraben auf der Karte von Öder/Zimmermann von 1586-1636
Das Wissen der Antike

Eine nicht unwesentliche Voraussetzung war aber auch, dass am Vorabend der Renaissance das Wissen aus der Antike über die Universitäten auch den Weg nach Deutschland fand. So auch das Werk von dem  römisch-antiken Landwirtschaftsautor Lucius Iunius Moderatus Columella der ins seinem Werk „De re rustica“ das nötige Wissen für den Anbau von Pflanzen, deren Überwinterung in eigens dafür konstruierten Gebäuden und der zeitweisen Kultur unter Glas vermittelt. Ohne dieses Wissen und deren Anwendung hätte es keine Kultivierung der exotischen Pflanzen unter unseren klimatischen Verhältnissen gegeben. Die Menschen die dieses Wissen in Lochau in die Praxis umzusetzen in der Lage waren, waren die „unbezahlbaren“ Fachkräfte ihrer Zeit. Diese „Fachkräfte“ sind die Lochauer Bauern die Friedrich dem Weisen und seinen Hofstaat frische Pfirsiche bei ihren Einzug in die Lochau reichen. Um die Bedeutung richtig zu erfassen muss man wissen, dass der Begriff „Pfirsich“ im deutschsprachigen Raum erst um 1500 in Nürnberg entstanden sein soll. Daraus kann man schließen, dass der Pfirsichbaum noch gar nicht so bekannt gewesen ist, aber offensichtlich sogar beim gemeinen Stand in Lochau schon wuchs.

 

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BERND HOPKE
ORTSCHRONIST

AnnaOffice©2023-05-17

Quelle

  • „Jagdschloss Annaburg  -eine geschichtliche Wanderung“ Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege e.V. Annaburg; Geigerverlag 1994;
  • Thomas Lang; Auszüge zum Jagdschloss Lochau aus dem Manuskript seiner Dissertation über die ernestinische Hofhaltung im ausgehenden Mittelalter im Übergang zur Neuzeit; unveröffentlicht 2022;
  • Prof. Stephan Hoppe; Anatomie einer frühen „Villa“ in Mitteleuropa 2015;
  • Fritz Stoy, Neues vom Neugraben und der Uebigauer Mühle, Schwarze Elster 1940 Nr. 754;
  • Karte Öder/Zimmermann; Gegend um Herzberg und Torgau 1586-1634; sächsisches Staatsarchiv,  Schr-R, F-001; Nr.VI; 
  • Erläuterungen GKV 25: 4243Jessen(Elster)
  • Ergebnisse der Standorterkundung im staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Jessen 1956;
  • Pfirsich – Wikipedia: unter  https://de.wikipedia.org/wiki//Pfirsisch;   
  • Gewächshaus – Wikipedia: unter https://de.wikipedia.org/wiki/Gewächshaus;