Kriegswirren 1806-1813

Prettin in der Zeit der Napoleonischen Kriege


Über die Zeit der Napoleonischen Kriege bis zur preußischen Vereinnahmung erfahren wir aus der Chronik von Prettin u. Lichtenburg vom Oberpfarrer Buch (1833) folgendes:

Der Anfang des neunzehnten Jahrhundert wurde in hiesiger Stadt religiös und der Größe des Gegenstandes angemessen gefeiert.
Nach dem letzten Glockenschlag 12 Uhr, womit das scheidende Jahrhundert uns sein Lebewohl zurief, hallte ihm mit Pauken - und Trompetenschall unser Dank für alles Gute, im Hause des Ewigen nach, und dem nun ankommenden Jauchzer die heilige Versammlung ein freudiges Willkommen entgegen, in Hoffnung eine glückliche Zukunft. So blieben der Gemeinde des Herrn und das Chor vieler Sänger und Sängerinnen mit einer schönen Musik vom Stadtmusikus unter Beistand vieler Dilettanten, weckten in der stillen Mitternacht ein feierliches Hochgefühl in allen Herzen. Die zweckmäßige Rede, welcher der damalige Herr Oberpfarrer M. Vollbeding von den Altar hielt, vermehrte noch die Rührung der Gemüter, indem für Verstand und Herz ansprach, und die Erleuchtung der Kirche im Schiff und auf dem Chor, sowie die Aufstellung von Orangenbäume aus dem Lichtenburger Schlossgarten, gewährte dem Auge einen prächtigen Anblick. Alle freuten sich, das seltene Fest Zeuge zu sein und ausrufen zu können. Nun danket alle Gott!“

„Die darauf folgenden nächsten Jahre hatten für den Ort nichts Merkwürdiges. Allgemein herrschte Teuerung und die Getreidepreise gingen seit undenklichen Zeiten auf das Höchste. Der Scheffel Weizen kostete 9 bis 10 Taler, das Korn 8 bis 9 Taler, die G. (Gerste) 6 bis 7 Taler und der Hafer 6 Taler. Es blühte das goldene Zeitalter für den Landbauern und Gutsbesitzer, welchen das Geld im Überfluss zuströmte; dagegen war es in gleichen Verhältnis eine drückende Zeit für den Bürger - und Handwerksstand, so wie für alle auf fixen Gehalt bescherte Personen, die für Brot mehr auszugeben, für ihre Arbeit einzunehmen hatten. Jedoch änderte sich dieses Missverhältnis einigermaßen für Handwerker und Handarbeiter dadurch in dem Gleichgewicht, dass der Landsmann mehr Ausgaben machte und besser bezahlte, ohne sehr genau (sehen ?) und den Arbeiten viel abzudrücken. Dieser Zustand dauerte bis zum Jahre 1806, als nach der unglücklichen Schlacht bei Jena die Franzosen das Land überschwemmten. Das (?) hatte schon vorher der Bauer mehr in dem Körnerfrucht, als in den Court (?) gesetzt, itzt muss er die großen Contributionen und Kriegsgeldern den Besitzern aus dem Verborgenen und die jugendlichen Krieger mitführte, große Summen einer entfernte Heimat, woher derselbe nicht immer zurückkehrte. Der Landsmann, um die neuerliche Bedürfnisse zu befriedigen, mußte mit seinen Produkten los schlagen. So gingen die Getreidepreise mit jedem Jahr zurück. Die Wohlfeinheit der Landprodukte minderte den Preis der Landgüter, welche vorher die anhaltende Teuerung zu einer Schwindel erregende Höhe hinauf getrieben hatte. Eine Hufe Landes, die vorher 3500 Taler galt, kaufte man nun um den halben Preis."
"Im Jahre 1807 ließ zwar den in Tilsit abgeschlossenen Friede erst mal Erleichterung und Ruhe eintreten und das Kriegsgewitter nahm seine Richtung nach Spanien, jedoch nach wenigen Jahren nahm es in noch größeren Maße seinen Zug durch hiesige Lande nach dem tieferen Norden in Russland. Auch hatte in der Zwischenzeit die Besitznahme Deutschlands und namentlich der Preußischen Monarchie von den Franzosen, immerfort durch den angelegten Blutzoll das Land ausgesaugt und die Ausführung des besseren Geldes nach Frankreich im Gange gehalten. Die Not stieg immer höher. Der Scheffel Roggen wurde mit 7 Taler und der Weizen mit 9 Taler verkauft. Geld verliert durch den Bruch in dem Land u. dem Handwerk...…(Alles schlecht lesbar)
"Im Jahre 1811, wo der Zug gegen Russland schon beschlossen war, mußte auf Napoleons Antrag bei dem König in Sachsen, Torgau in eine Festung geschaffen werden.
Ein Komet zeigte in diesen Jahren und ein ausgezeichnete… (?)
Dem Kaiser Napoleon ward ein Sohn geboren von der Erzherzogin (Marie) Louise von Oesterreich (Habsburg)."
"Die Einwirkung dieses Ereignisses auf den Umzug (Feldzug) berührte auch unsere Stadt sehr nachhaltig. Der teilweise zum Festungsbau kommandierte und gehobene Militär wurde in den benachbarten Ortschaften einquartiert. Dass solche Gäste mehr kosten als einheimische ist bekannt. Bei uns haben von ult. August 1811 bis zum Frühjahr 1812 zwei Stäbe von der damaligen Sächsischen 1. und 2. Schützen Regiment gestanden bis der Zug nach Russland begann.
Die Verwandlung der Stadt Torgau 1811 in eine Festung verursachte die Verlegung dortiger Strafanstalt in unsere Nähe nach Lichtenburg, welches Schloss noch das Andenken und die immer Gestalt einer ehemaligen Fürstenwohnung für die verwitweten Churfürstinnen von Sachsen, seit 1580, darstellte.
Diese Fürstenburg - welch ein Wechsel des Schicksales – mußte ein Zuchthaus werden. Die schönen Meubles (Anmerk.: Möbel) wurden öffentlich an Meistbietende verkauft, die prächtigen Säle und Zimmer in Arbeitslocale umgeschaffen, die Fenster mit Eisenstäbe verwehrt. 
Selbst die Toten wurde die Störung aus ihrer Ruhe und die beiden zuletzt hier gewesenen Churfürstinen Wittwen, Anna Sophia und Ernestine Wilhelmine, ein Schwesternpaar aus Dänischen Königsstamme, welche seit 1706 und 1717 in ihrer selbst erbauten Gruft unter der Kirche ruhten, mussten diese räumen und wurden nach Freiberg in die dortige Fürstengruft der Domkirche abgeführt und das harmonische Turmglockengeläut der Annenkirche in Dresden überliefert."

"Von dieser Zeit an hat Prettin, zur Bewachung der Gefangenen im Schloße Lichtenburg, immerfort eine Garnison von 1 Invaliden Companie und einem Commando Linientruppen von 40 – 50 Mann, welche zum Teil im Dorfe Lichtenburg einquartiert wurden, gehabt und von ihren baren Ausgaben Vorteile genossen."
"Der Feldzug nach Rußland 1812 entfernten die Kriegsscharen nur kurze Zeit aus unserer Gegend; denn nachdem die große französische Armee durch Schlachten, Mangel und Kälte aufgerieben war und dem Vicekönig von Italien Eugen mit dem gesammelten Resten im Monat März 1813 auf Leipzig zu votierte, folgten die Russen ihn auf dem Fuße nach und bis zur Eröffnung des neuen Feldzuges rentonierte hier und auf den umliegenden Dörfern ein Russisches Cavallerie – Regiment 8 Wochen lang. Es begann nun wieder der Preis des verderblichen Kriegszustandes mit Einquartierung und Lieferungen von Art, indem besonders Sachsen der Teuerung plagte (?) nach der Schlacht bei Lützen…. (Rest ist durch Schwärzung der Seite nicht lesbar)"
"Während die Festung Torgau und Prettin, Pretzsch, Wittenberg von den Preußen blockiert wurde, ging die Passage einzig für bei Prettin auf 2 Fähren ohne aufhören Tag und Nacht durch. Gleichmäßig dauerte auch die Einquartierungen täglich fort, besonders seit dem Siege der Preußen bei Dennewitz bis zur Völkerschlacht bei Leipzig, und wir haben uns selbst über die Ausdauer solcher Lasten gewundert.
Seit dieser entscheidenden Wendung des Kriegsglück im Oktober 1813, als der Krieg nach Frankreich gespielt wurde, bekamen wir Ruhe, um die hiesigen geschlagenen Wunden allmählich heilen zu lassen.
Im Jahre 1815/1816 wurden wir, infolge des Wiener Congresses, bei der Teilung Sachsens, Preußens Eigentum, im so genannten Herzogtum Sachsen, oder Neupreußen, in dessen Umfang unsere Gegend lag."

So weit aus den vorliegenden Handschriften des Magisters Buch aus Prettin.

Bernd Hopke
Annaburger Ortschronist

Quellen: 

 „Chronik von Prettin und Lichtenburg angefangen von M.F.A.F.
Buch, Oberpfarrer (Magister Friedrich Adolph Fürchtegott Buch) im Jahr 1833“;
von Hans-Albrecht Gäbel handschriftlich 2009; unverlegt;