Wie waren die Gärten aber bestanden?
Herzheimers Bericht gibt uns darüber nur vage Auskunft:
…. im Sommer vol mit nagelstock, zypress, lafendl und allerlei würtzgarten und edler kräuter. // Frucht allerlay: In dem selben lustgarten wachsen manigerlai früchte und sonderlich dergleichen, die im paradies wachsen, die Ihr Churfliche gnaden durch die Fugger und andere aus den walischen landen sein zugeschickt, als veignbaum, margranten, mandlbaum und pfersichbaum, [ein Wort unleserlich] roßmarinbaum.
Aus der bildhaften Darstellung wissen wir, dass man versuchte die Natur geometrisch anzuordnen. Bäume, Sträucher und die Beete wurden am liebsten quadratisch angeordnet, die Bäume in einer Linie ausgerichtet. Auch das „Spalierobst“ kam ja diesem ordnenden Drang dem Landschaftsgestalter entgegen. Auch das be- und verschneiden der Bäume fand hier seinen Anfang, aber in seinen Anfängen bei weitem nicht so übertrieben unnatürlich wie später in den Barockgärten. Am Anfang ging es wohl eher darum die seltenen und teuer eingekauften exotischen Pflanzen entsprechend zu präsentierten und vielleicht auch das nötige Umfeld zu schaffen, die es erlaubte die Pflanze (Baum) auch durch den Winter zu bringen. Hier habe ich vor allem Stechpalmen, Bananenstaude, Grantapfelbaum, aber auch Olivenbäume und andere exotische Pflanzen aus Kentmann seinem „Kräuterbuch“ im Sinn.
Ich vermute mal, dass die „Gärtner“ der damaligen Zeit am ehesten auf eine temporäre Einhausung setzten und dabei auch das Butzenglas zum Einsatz kam. Orangerien gab es in dieser Zeit jedenfalls noch nicht. Sicherlich sind daraus dann auch die transportablen kleinen „Gewächshäuser“ entstanden, die 70 Jahre später der „Verkaufsschlager“ von Kurfürst August und seiner Anna wurde. Solche „teuren“ Konstruktionen sind aus Erfordernissen heraus entstanden und nicht so einfach vom Himmel gefallen..
Allerdings so ganz neu war die Problematik nun auch wieder nicht. Denn die Renaissance, die Rückbesinnung auf das umfangreiche Wissen aus der Antike, förderte auch hier römisch-antike Vorarbeit zu Tage. Der römische Landwirtschaftsautor Lucius Iunius Moderatus Columella in seinem Werk De re rustica, Band 11, Kapitel 3 / 52: gibt bereits praktische Hinweise auf den Anbau von Pflanzen in Kübeln, deren Überwinterung in eigens dafür konstruierten Gebäuden und der zeitweisen Kultur unter Glas.
Falls es der Mühe wert ist, kann man größere Gefäße auf Räder stellen, um sie mit geringerer Anstrengung hinaus zu befördern und ins Haus zurückzubringen. Aber auch Glasscheiben soll man über sie decken, damit sie selbst bei Kälte an heiteren Tagen ohne Gefahr in die Sonne gestellt werden können.
Ob dieses Werk den Baumsetzern in Lochau bekannt war, wissen wir nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Eine Lösung für das Problem müssen sie aber gefunden haben, denn anders hätte Kentmann sein „Kräuterbuch“ nicht entstehen können ohne das es die dargestellten Pflanzen auch wirklich in dieser Umgebung gab.
BERND HOPKE
ORTSCHRONIST
AnnaOffice©2023-05-17
Quelle
- Thomas Lang; Auszüge zum Jagdschloss Lochau aus dem Manuskript seiner Dissertation über die ernestinische Hofhaltung im ausgehenden Mittelalter im Übergang zur Neuzeit; unveröffentlicht 2022;
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Prof. Stephan Hoppe; Anatomie einer frühen „Villa“ in Mitteleuropa 2015;