Der Spuk

auf dem Kreuzweg


Als einmal eine lange Windflaute eingetreten war und die Windmühlen alle stillstanden, suchten viele die Schiffs- bzw. Wassermühlen auf, um das Mehl für das tägliche Brot zu erhalten. Da nun hier großer Andrang war, mussten die Mühlen Tag und Nacht arbeiten. Da der Weg für die Mahlgäste oft sehr weit war, wollten diese ihre Ware gleich wieder mitnehmen dabei wurde es manchmal stockfinstere Nacht. So fuhr auch einmal der alte Lehnhard aus Bethau zur Mühle auf den Zschernick hierbei musste er den Kreuzweg benutzen. Auch er musste lange warten bis er bedient wurde und so kam er erst in der Nacht zur Heimfahrt. Der Mond leuchtete ihm spärlich indem er nur hin und wieder einmal hinter den Wolken hervor sah. Dem alten Lehnhard wollte diese dürftige Beleuchtung gar nicht behagen. Als er nun mittlererweile zum Kreuzweg gelangt war, fing er darum an zu fluchen. Da kam plötzlich ein ermattetes Reh und nahm neben ihm Platz auf dem Kutschersitz. Ärgerlich und fluchend wollte er es verjagen oder vielleicht sogar als Braten einfangen.

Jedenfalls kam es zu einer tätlichen Streitigkeit, wobei der alte Lehnhard schließlich merkte, dass das Tier statt Hufe – Krallen besaß! Nun erst recht wütend ging er auf das Tier los, welches hinten über den Wagen flüchtete und im Wald verschwand. – Ermattet kam er zu Hause an und stellte fest, dass er im Gesicht und an den Händen arg zerkratzt war. Auch die Säcke waren zerrissen. Mehl und Kleie waren miteinander vermischt.

Seit dieser Zeit hütet man sich, auf dem Kreuzweg zu sprechen.

 

Willy Eichler

Quelle
Sagensammlung von Willy Eichler, Schulbroschüre

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