Den Annaburger Burgen und Schlösser

auf der Spur


eine Fahrradtour durch Annaburg

Geht man vom heutigen Stadtbild aus – passt die Mehrzahl schon. An Hand der Vielzahl unterschiedlicher Wehr- und Schlossbauten – kann man schon eine geschichtliche Wanderung innerhalb unseres Stadtgebietes von der Bronzezeit bis zur Neuzeit absolvieren. Dabei erfahren wir ein schönes Stück Regionaler Geschichte – alles zum greifen nahe in unserer unmittelbaren Umgebung. Die geschichtliche Wanderung fängt mit einem Burgwall zwischen Gertrudshof und Gerbisbach an. Eigentlich außerhalb der heutigen Gemarkungsgrenze der Stadt Annaburg, liegt er halt an der Grenze zu uns, ist aber das älteste uns bekannte Befestigungsbauwerk. Es stammt aus der Bronzezeit und weist auf die gewachsenen ökonomischen Fähigkeiten und ihrer gesellschaftliche Differenzierungen innerhalb der bronzezeitlichen Gesellschaft hin. In dieser Zeit erlebte auch unsere Region eine erhebliche Verdichtung der Besiedlung. Unser Heimatgebiet befand sich in dieser Zeit unter dem Einfluss der Lausitzer Kultur, die ein Gebiet von der Elbe bis zur Weichsel erfasste. Aus dieser Epoche (ca 1.200 – 800 v. Chr.) stammen auch die ältesten erhalten gebliebenen und oberirdisch sichtbaren Bodendenkmale unseres Raumes, die Hügelgräberfelder. Dieser Burgwall ist heute noch ein imposantes Bauwerk, der 4–6 m hohe ellipsenförmige Burghügel hat eine stattliche Ausdehnung von 120 bis 155 m und ragt dabei sichtbar aus dem ihn umgebenen Niederungsgebiet heraus. Heute noch sichtbar am steil angeböscht Wallrand die 2–3 m breiten vorgelagerten Grabenresten und etwas weiter im Osten und Süden sind noch Bodenwellen (Graben-/Wallreste) erkennbar.Ähnliche Ringwallanlagen (Wallburgen) bauten auch die verschiedenen germanischen und slawischen Völkerschaften, letztere noch bis weit in die Zeit des Mittelalters hinein, entweder als Flucht- oder auch als dauerhafte Siedlungsorte. Als Baumaterial wurde vor allem Erde, aber auch Holz und Stein in verschiedenen Konstruktionsweisen verwendet. Sie dienten meist als Fliehburg (auch Fluchtburg) eine funktionelle Verteidigungsanlage, die nicht dauerhaft bewohnt wurde, sondern einer lokal ansässigen Bevölkerung als zeitweiliger Rückzugsort bei Kriegsgefahr diente. Damals war die Anlage weiträumig von Wasser und Sumpf umgeben. Wobei das vorgelagerte Wall- und Grabensystem eine Rolle gespielt hat beim periodischen Wechsel zwischen Hoch- und Niedrigwasser der Schwarzen Elster. Wir verlassen die „Haidewiesen“, lassen das „Ziegendickicht“ links liegen und bewegen uns in südliche Richtung auf Plossig zu. Wir haben dann 7,5 km zurückgelegt. Hier kommen wir zu den Überresten einer slawischen Fliehburg, den Burgwall bei Plossig. Er stammt aus dem Mittelalter vor der deutschen Inbesitznahme und liegt 1,8 km nord-nordöstlich von Plossig, Die Anlage ist eine ca. 75 m im Durchmesser messende Fliehburg mit Ringwall und einer großen Eintiefungen im Zentrum. Im östlichen bis nördlichen Außenbereich sind noch Grabenformen bzw. -vertiefungen erkennbar. Diese Burgen bestanden aus Erdwerken (Ringwälle) und verfügten über Holzpalisaden. In der Regel besaßen sie keine Türme, wenn auch Torturm-ähnliche Überbauten möglich waren. Diese Burg gehörte zu einer unbefestigten bäuerlichen Siedlungen und bot im Falle eines feindlichen Angriffs der Bevölkerung einer Region Schutz, während die Siedlungen meist der Plünderung und Zerstörung durch die Angreifer anheimfielen. Für den Fall einer Belagerung konnten die weitläufigen Fliehburgen auch mit Vorräten ausgestattet werden. Da Fliehburgen überwiegend keine Dauersiedlungen waren, werden bei archäologischen Ausgrabungen oft nur wenige Hinterlassenschaften gefunden. Es ist zu vermuten dass die dazugehörige Siedlung Plossig war. Slawische Burgwälle sind eine charakteristische Siedlungsform des Mittelalters im östlichen Mitteleuropa. Sie haben innerhalb von slawischen Siedlungskammern eine zentralörtliche Funktion, sind jedoch kein zwingendes ethnisches Kennzeichen, denn sie verdanken ihre Entstehung bestimmten Gesellschaftsstrukturen, die auch bei den deutschen und einst auch germanischen Völkern anzutreffen waren.

Aus diesen slawischen Fluchtburgen, gingen bei der deutschen Eroberung unseres Gebietes die ersten einfachen Burgen (Burgwarten) hervor. Sie hatten gegenüber den Fluchtburgen eine andere Bedeutung, sie wurden als Grenzfestungen angelegt und dienten dem Schutz bestimmter strategischer Orte – in unseren Fällen einen Flussübergang. Da sie ständig besetzt waren bildeten sich auch in ihrem Schutz die ersten deutschen Siedlungen zu ihrer Versorgung heraus. Wir verlassen den Burgberg weiter in Richtung Elbe, denn hier an der Elbe finden wir nach 8,5 km, die Überbleibsel einer einstigen Burgwart, die bereits 965 erstmals in einer Urkunde Kaiser Ottos I. als „Pretimi“ erwähnt wurde. Dieser Burgwart kam über das Erzstift Magdeburg  an die Grafschaft Brehna und von dort 1290 an die Herzöge von Sachsen-Wittenberg. Rudolf I. erbaute daraus um 1335 die Prettiner Wasserburg, die in späterer Zeit auch als „Schlösschen“ bezeichnet wurde. Hier handelte es sich um eine mittelalterliche Wasserburg die zum Schutze des Elbüberganges angelegt wurde. Es wird davon ausgegangen, dass anfänglich (um 1000) Prettin mit Klöden und Axien noch jenseits der Elbe lag und zu den deutschen Grenzbefestigungen zählte. Dieser Burgwart war die Keimzelle unter deren Schutz die Stadt Prettin entstand. Die Wasserburg bestand recht lange. In der Neuzeit diente sie in der Zeit der Reformation als zeitweilige Wohnstätte der Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg (1528–1546). Die heute am westlichen Ortsende von der Stadt Prettin liegende ehemalige Wasserburg wurde im 19. Jh. teilweise überbaut (dabei handelt es sich um eine illegale Teilbebauung). Die geschichtliche Reise würde zeitlich fortgesetzt, wenn wir uns über Annaburg in Richtung Löben bewegen würden. Aber wenn wir schon einmal in Prettin unterwegs nach Annaburg sind, stehen wir nach wenigen 1000 m am Abzweig nach Dautzschen vor der imposanten Lichtenburg.Wir müssen jetzt einen großen Sprung in der Geschichte machen hin zur Neuzeit. Dieses Schloss wurde 1577 als Witwensitz für Kurfürstin Anna durch den Kurfürst August von Sachsen errichtet. Sicherlich auch um bei großen Treibjagden in der Annaburger Heide hier standesgerecht Staatsgäste unterbringen zu können, da die Annaburg dafür viel zu klein war.

Mehr zu ihrer Geschichte erfahren sie hier….

Zurück zum Mittelalter, hier stand damals das Antonierkloster am „Lichtenbergk“. Auf dessen Gelände wurde später dann die besagte „Lichtenburg“ errichtet.

 

Auf in Richtung Norden 13 km nach Annaburg, damals noch Lochau genannt. Wenn es in „Lochau“ vor dem Jagdsitz der Askanier hier schon eine Wallanlage gegeben haben soll, dann kann es sich nur um eine slawische Fluchtburg gehandelt haben die nicht ständig bewohnt war. Denn Siedlungsspuren vor dem ausgehenden Mittelalter lassen sich archäologisch nach dem heutigen Wissenstand nicht nachweisen.  Jedenfalls finden wir hier in Annaburg gleich zwei mittelalterliche Wallanlagen. Bei der einen handelte es sich sicherlich um die „Lochau“ welches 1422 abbrannte, in dessen Folge der letzte Herzog von Sachsen-Wittenberg verstarb. Diese Brandschicht findet sich noch heute in zwei Meter Tiefe mitten im Annaburger Schlosshof (Hinterschloss). Er beerbte die Wettiner mit der Kurwürde und den Kurkreis. Auf einen Neubau von 1445 („Neues Haus„) folgten ab 1465 mehrere Reparaturen und Modernisierungen, insbesondere 1498 und 1546. Zu vermuten ist, das der „Schutenbau“ (Wall) um den Jagdsitz errichtet wurde um in den versumpfen und Hochwassergefährdeten Gebiet, den Jagdsitz und seine Wirtschaftsgebäude trocken zu halten. Diese Vorgängeranlage wurde beim Bau des Jagdschlosses (ab 1445) von Friedrich dem Weise bereits genutzt und überbaut. Außerdem soll sich noch ein (Burg-)Hügel mit Wassergraben im Mittelalter sich im Ortsbereich befunden haben. Dieser Burghügel mit Grabenresten befindet sich südlich vom heutigen Schloss. Der Nordbereich ist durch eine Supermarktparkfläche gestört und überbaut. Diese Wallburganlage wurde beim Anlegen des „Neuen Garten“ im 16. Jh. genutzt und intrigiert. Auch hier sprechen die alten Quellen vom einem Schuttenbau. Bestandteil dieser Schuttenbauten ist auch der Kellerberg.

 

Ein Sprung vom Mittelalter in die Neuzeit, lässt uns an Stelle des Lieblingsschlosses Friedrich des Weisen die Annaburg erblicken. Sie wurde 1572 – 1574 durch Kurfürst August von Sachsen als Jagdschloss errichtet.  Sie müssen mir schon auf den anderen Seiten folgen – wenn sie mehr über die Annaburg erfahren wollen.

 

Zurück zum Mittelalter und weiter in Richtung Norden 5,5 km der Schwarzen Elster entgegen – nach Löben. Eine gleiche Funktion wie die Prettiner Wasserburg hat die mittelalterliche Befestigungsanlage in Löben. Die dort nachgewiesene deutsche frühmittelalterliche Burganlage wurde auf einer älteren slawischen Wallburg errichtet. Scherbenfunde der Lusitzi und dieser Burgwall lassen sich auf dem heutigen Gebiet von Löben bis auf das 10. Jahrhundert zurück datieren. Die spätere hier errichtete Wasserburg diente den Brehnaer Grafen einst als Herrschaftssitz und hatte die Aufgabe den Elsterübergang zu sichern. So sind die Grafen auch erstmals 1226 und letztmals 1290 urkundlich mehrfach in Löben benannt. 1298 schenkte Herzog Rudolf I. (Sachsen-Wittenberg) seiner Frau Jutta (Brigitte) von Brandenburg unter anderem die Burg Löben. 1474 erwirbt Wilhelm von Bora gemeinsam mit seinem Bruder Hans einen freien Hof in Löben. Hier wird vermutet dass es sich um die ehemalige Burg handelt. Denn, 1572 wird die ehemalige Burganlage, als Vorwerk zu Löben benannt und abgebrochen.

Das Terrain der ehemaligen Burg wird heute „Zorns Berg“ genannt. Obwohl in den 1970er-Jahren teilweise zugeschüttet, sind noch heute am Rande des eigentlichen Dorfkerns von Löben, die Wassergräben zu erkennen, die früher die deutsche Siedlung vollständig umschlossen haben. Es darf vermutet werden, dass der Dorfkern mit seiner Burg aus einer planmäßigen Anlage zum Schutze des Elsterüberganges (um 1000 n. Chr.) hervorgegangen ist. Hierfür spricht auch der an städtische Muster erinnernde Grundriss des Dorfkerns. Vermutlich verlor Löben bereits um 1300 die ihm ursprünglich zugedachte Bedeutung an Herzberg, nachdem es noch um 1290 als „oppidum“ (Stadt) bezeichnet worden war. Der Burghügel liegt heute am nordwestlichen Ortsrand in einem im umgebenden Feuchtgebiet.

Um die Burgen und Schlösser von Annaburg kennen zu lernen haben wir nur 35 km und kaum Höhenmeter zurücklegen müssen. Es ist durchaus eines Ausfluges wert. 

Für Bikerfreunde - man könnte die "Reise" in Annaburg beginnen und wieder beenden, dann könnten Sie bequem mit der DBAG mit ihrem Rad an- und abreisen. Für anreisende aus Richtung Berlin - Bahnstation Holzdorf/Elster nutzen und in Löben beginnen, dann kommen nochmal 2x4 km dazu.
Für Wohnmobilisten ein Geheimtipp - auf dem Schlosshof nächtigen, dann die Tagestour mit dem Bikes. 
Dabei nicht vergessen - rechtzeitig vorbestellen - Erdschweinessen in der Manufaktur am Wald in Annaburg - eine kulinarische Besonderheit die es nur hier in Annaburg gibt. 

Für Campingfreunde gibt es unseren Campingplatz am Prettiner Badesee.

 

 

Bernd Hopke
Ortschronist

AnnaOffice©2020-12-29

 

 

Quellen:
Kleine Anfrage und Antwort Olaf Meister (Bündnis 90/Die Grünen), Prof. Dr. Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen), Kultusministerium 25.02.2016 Drucksache 6/4829 (KA 6/9061) Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bodendenkmale_in_Annaburg
https://de.wikipedia.org/wiki/Stadt_Prettin
https://de.wikipedia.org/wiki/Slawischer_Burgwall