Dorfgründung

Gründungsgeschichte

In der Chronik von 1965 lesen wir: „1141 wurde der Ort durch deutsche Siedler in Folge von Waldrodungen gegründet“ – ohne Quellenangaben können wir es leider so nicht stehen lassen.

Die gesicherte Erstnennung erfolgte erst 1339. Auf Geheiß Konrad von Meißen soll in der Zeit zwischen 1136-59 in sechs Einwanderungswellen die Gegend zwischen Elbe und Elster  durch deutsche Ansiedler erfolgt sein. Ab 1152 nach verheerenden Sturmfluten an der Nordseeküste kamen verstärkt Holländer, Flamen und Friesen, die sich aber vorrangig im heutigen Fläming ansiedelten, denn dieses Gebiet war wegen Wassermangel fast Menschenleer. Löben sollen sie wohl auch gegründet haben. Gegenüber dem Flämig war das Land zwischen Elbe und Elster, aber auch das Gebiet zwischen Dame und Elster durch die Wenden besiedelt. Die Einwanderung von deutschen Siedlern in unser Gebiet setzte daher erst mit der Eroberung Brandenburg und Jüterbog 1157 durch Albrecht dem Bären ein. Albrecht der Bär wurde dabei durch den Magdeburger Erzbischoff Wichmann unterstützt. Ihren Abschluss fand diese Eroberung aber erst 1170 als die letzte Bastion der Slawen in unserer Gegend, die starke Feste „Jütribog“ (Jüterbog) fiel. Ein Jahr vor den Eroberungszügen von Albrecht dem Bären wurde die Mark Landsberg 1156 erst vom Grafen von Brehna erworben. Zu ihren Burgen gehörte auch „Jezzant“, das heutige Jessen, die wahrscheinlich auf einer vorhandenen Burgwallanlage errichtet worden war. Dabei gelangten als Magdeburger Lehen: Arnoldshagen, Trebus, Löben, Prettin mit der Heide, Burg, Schweinitz, Jessen, Klöden, Zwetau, Herzberg, Beizig, Zahna, Wiesenburg, Werben, Gommern u. a. in seinen Besitz. Ab dieser Zeit gehörte das Gebiet von Naundorf zur Brehnaer Grafschaft.  

Von 1156 – 1181 schieben auch die Brehnaer Grafen im Verein mit dem Erzbischof von Magdeburg und Albrecht dem Bären ihre Macht über die Schwarze Elster nach Osten vor. Mit dem „burgwartenen Jütribog“ werden 1174 die Grafen von Brehna belehnt (vermutlich als Lohn für ihre Waffenhilfe).

Damit singt die Wahrscheinlichkeit mit der Ortsgründung von 1141 erheblich. Der Name “Naundorf” leitet sich vom mittelhochdeutschen Wort “nūwe”, was “neu” bedeutet, ab. Wahrscheinlich erfolgte die „Neugründung“ von Naundorf im Zeitraum von 1156 -1174. Auf Grund der archelogischen Fundsituation kann man aber auch davon ausgehen, dass hier ein in Folge der kriegerischen Ereignisse verwüsteter oder verlassener Ort mit deutschen Siedlern wieder besiedelt wurde. Dabei dürfte die Besiedlung von Bethau aus erfolgt sein, da von hier über viele Jahre hinweg die religiöse Versorgung erfolgte und in Naundorf keine eigene Pfarrgemeinde bestand. Das könnte bedeutet, dass Naundorf von deutschen Gefolgsleuten gegründet wurde, entgegen dem nahe gelegenen Bethau, welches aus einer slawischen Siedlung hervorging.

1290 belehnte König Rudolf, Herzog Albrecht II. (1261-1298), mit der freigewordenen Grafschaft Brehna. Damit gehört Naundorf nun zum Herzogtum Sachsen. Unter den Askanien 1339 fällt dann auch die (gesicherte) urkundliche Erstnennung von Naundorf. In einer Schenkungsurkunde von Rudolf I., Herzog von Sachsen-Wittenberg an die Pfarrkirche in Bretin (Prettin) werden die Orte Lochaw (Annaburg), Zulsdorf (Züllsdorf), Rosenfeld, Bethau, Purzin, Treben, Dautschen, Lebin, Plossig, Neyendorff (Groß Naundorf), Loeben, (Löben), Schweinitz, Jessen, Grabo, Schoeneicho (Schöneicho), Battin, Rade, Jorsdorf, Cleden (Klöden), Troeben (Dröben), Jemen, Axien, Tussnitz (Düßnitz), Hoendorf (Hohendorf), Zweth (Zwethau) genannt.

Dagegen finden wir in der Sekundärquelle der „Geschichte der Stadt Prettin“ von Pfarrer Leisegang aber noch folgende Information zur Erstnennung von Naundorf:

"In zwei weiteren Urkunden, ausgefertigt am Sonntag Estomini 1407 und Freitag nach Oculi 1412 ist die Rede von einem Altar des Leichnams Christi in der Pfarrkirche der Stadt Prettin, den ein Herr Tamon von Burkersdorf oder Burgkensdorf stiftete und dem Herzog Rudolf III. eine Reiche Schenkung machte. Es werden genannt: 1 Schock 40 Groschen Prager Münze auf 5 Hufen von den 1334 der Stadt geschenkten 66 Hufen des zerstörten Dorfes Coswig, 20 Groschen auf einer Hufe des Dorfes Kentsch = Kähnitzsch, 40 Groschen auf einer Hufe des Dorfes Jeheme = Gehmen, 20 Groschen auf einerhalben Hufe des Dorfes Lebbin, 20 Groschen auf einer Hufe des Dorfes Plossigk, mit 2 Schillingspfennigen und 2 Hühnern, 20 Groschen von einer Hufe des Dorfes Deylen = Döhlen und 16 Schillingspfennigen vom Dorfe Neuendorf = Naundorf. 

Die Antoniter-Mönche die auf einem „lichten Berge“ bei Prettin ein Kloster gründeten (Lichtenburg), bringen ab 1299 auch neue Wirtschaftsformen ins Land. Sie verstärken den Ackerbau und erlangen in der Folge bis etwa 1525 großen wirtschaftlichen Einfluss in unserer Region. Die Antoniter bauen Kirchen und gründen Schulen. Bethau wird hierbei auch genannt, wahrscheinlich weil es den religiösen Mittelpunkt damals bildete.

In der mittelalterlichen „sächsischen Kirchspielverfassung“ gab es eine „Urpfarrei“ mit der Zuständigkeit für die Nachbardörfer in einem Umkreis von etwa 10 bis 15 Kilometern. Um den Dorfbewohnern die langen Anmarschwege zu ersparen, entstanden in den benachbarten Dörfern nach und nach Filialkirchen. So entstand dann auch in Naundorf eine eigene Kirche ohne zugehörigen Pfarrei. Ab wann, darüber schweigen die Chronisten aus Naundorf. Die erste Erwähnung eines eigenen Kirchbaues in den vorliegenden Aufzeichnungen stehen im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen  von 1637 als:

"Montag vor Pfingsten Schule u. Kirche von den Schweden niedergebrannt (wurde)“.

Die Kirche hat vor ihrer Zerstörung im 30-igjährigen Krieg sicherlich schon lange vorher existiert. In der Prettiner Chronik von Pfarrer Leisegang erfahren wir über die Existenz der Kirche von Naundorf im Zusammenhang der „Hedwigstiftung“ von 1624:

Die von der Stiftung bedachten Kirchen sind die in Prettin, Zwethau, Rosenfeld, Döbrichau, Züllsdorf, Lösten, an Stelle des zum Vorwerk gewordenen Dehlen [Döhlen], Dautzschen, Treben, d. i. Großtreben, Labrun, Hohndorf, Bethau, Naundorf, Plossig, Axien, Lebien, Jehmen (Gehmen), Battin, Zwiesigko [Gerbisbach], Lochau, d. i. Annaburg, Purzien, Jessen, Schweinitz, Gorsdorf, Grabo, Clöden, Dröben, d. i. Kleindröben, Schützberg, für das vergangene Altelster, Rade, Düßnitz, Schöneicho, Löben, Closse [Klossa] für ein zur wüsten Mark gewordenen Dorf Riedeburg. Sämtliche Ortschaften stehen noch im Genuß der Stiftung und erhalten jährlich ihre Anteile... 

Auch diese Aufzeichnungsquelle vermag uns nicht wirklich zu offenbaren, ab wann Naundorf eine eigene Kirche besaß. Aber was haben die Chronisten mit ihrem damaligen Wissen über diese Zeit geschrieben:

Geschichtliches

Mit der Erstellung einer Ortschronik wollen wir Rückschau durch die Entwicklungsgeschichte des Ortes Naundorf halten. Die Aufzeichnungen sind sehr spärlich, wir müssen uns viel auf mündliche Überlieferungen von Generationen zu Generationen stützen.

Nawendorf – Neudorf - Naundorf

kann auf ein 806-Jähriges Bestehen zurückblicken. 1159 soll das Gründungsjahr unseres Dorfes sein, da bald nach der Gründung des Ortes die Kirche mit einer Freihufe ausgestattet wurde.

Die Elbaue: zu beiden Seiten der Elbe breitet sich eine 4 - 7 km breite Ebene, die Elbaue, aus. Ein wellenförmiges Gebiet, das sich ca 90 m über dem Ostseespiegel erhebt. Die Höhe unseres Dorfes liegt im Durchschnitt 76 NN über dem Meere. In der Mitte der rechtsseitigen Elbaue liegen die zum Amtsbezirk Großtreben gehörenden Dörfer: Bethau, Dautzschen, Naundorf usw.

Naundorf wird als Filialdorf von Bethau genannt. Während der Völkerwanderung hatten die germanischen Stämme die Östlich von der Saale gelegener Gebiete verlassen. Slawische Stämme, in unserer Gegend die Wenden, nahmen allmählich die Gebiete in Besitz, machten das Land urbar, legten Sümpfe trocken, rodeten Wälder u. legten Siedlungen an.

Unsere wald- u. wasserreiche Gegend war schon in vorgeschichtlicher Zeit, wie Funde von Urnen usw. bezeugen, Siedlungsgebiet. In einem Grabgefäß befand sich eine Bronzenadel, die in die Jüngere Bronzezeit gehörte.

Im 12. Jahrhundert kamen im Zuge der Ostkolonisation Flamen in unsere Gegend. Die Menschen kamen aus den Niederlanden, hatten durch gewaltige Überschwemmungen ihren Wohnsitz verloren u. suchten neue Wohnsitze. Ihre Nachkommen leben im heutigen Belgien.

Am Rande der Annaburger Heide liegt u.a. auch das Dorf Naundorf. Die Dörfer liegen auf einem Höhenrücken, die der Naundorfer Graben durchschneidet. In der vorgeschichtlichen Zeit haben diese Orte eine gleiche Entwicklung zu verzeichnen. Ihre erste Besiedlung dürfte in die Zeit von 1500 v. Chr. fallen, in die zweite u. dritte Periode der Bronzezeit. Doch eine frühere wenigstens teilweise Besiedlung; ist nicht ausgeschlossen, dies kann (man) aus den gefundenen Steinhämmern schließen. Die gefundenen Lehmklumpen, die in vorgeschichtlicher Zeit als Hüttenbewurf dienten, lassen ebenfalls auf eine (frühere) Besiedlung schließen. Die hierbei gefundenen Scherben weisen auf das Jahr 1000 v. Chr. hin. Eine weitere Fundstelle (im Flurstück) "neue Länder" (heute[1962] Fritz Enigk) wurde nicht weiter untersucht. Ein besonders wertvolles Gefäß stammt aus der Labruner (Feld)Flur. Es ist dies eine große Deckelurne, eine Weiterbildung der doppelkanonischen Urne der Jüngeren Bronzezeit. Sie ist der ältesten Eisenzeit, also der Zeit um 800 v. Chr. zuzuweisen. Am oberen Halsrande trägt sie als Verzierung Eindrücke, die durch einen Ring hergestellt wurden. Durch die Lehrer des Ortes wurden die Funde dem Torgauer Museum übergeben. - Von den Plossiger Funden ist besonders eine Kinderklapper aus der mittleren Bronzezeit zu erwähnen.“

Dieser erste Teil wurde auf der Grundlage eines vom Leiter des Kreismuseums Torgau zur Verfügung gestellten Schriftstückes, welches er, da ohne Autor und Quellenangaben versehen, in die Entstehungszeit 1933-1944 eingeordnet hat. Im weiteren können wir noch folgendes lesen:

„Im 11. Jahrhundert begann unter Heinrich I (916 — 936) der Kampf der germanischen Sachsen gegen die Slaven, in dessen Verlauf das Gebiet zwischen Saale u. Elbe u. später östl. der Elbe von den Germanen erobert u. befestigt wurde. Betrachten wir die Namensschreibung: Navendorf-Neudorf—Nauendorf so weist diese auf eine germanische Besiedlung hin, während die Orte Plossig, Labrun, Prettin, Kähnitzsch-Axien, Torgau, Dommitzsch, Zwiesigko wendisch-slawische Namen bis auf Kähnitzsch u. Zwiesigko bis in die Gegenwart beibehalten haben. Anzunehmen ist, daß das Dorf in der wendischen Zeit eine Streusiedlung war. Viele Dörfer weisen noch die Siedlungsform des wendischen Rundlings auf. Die Bewohner beschäftigten sich meist mit Ackerbau u. Viehzucht, die scheinbar betriebene Pferdezucht wurde dann auch wohl zum Amtssiegel übernommen, "springendes Pferd". Es muß aber gesagt werden, da so gut wie keine Aufzeichnungen noch Urkunden vorhanden sind, daß das Schicksal über weiteres Wissen einen undurchdringlichen Schleier breitete. Wir fanden 1540 datiert, einen großen Brand im Dorf, aber ohne jede näheren Angaben notiert. Erst mit dem Jahre 1632 können wir wieder Einblick in das Leben des Dorfes nehmen. Hier führt es uns in die schrecklichste Zeit, die Deutschland erlebte, die Pestzeit im 30 jährigen Kriege. Das Dorf Naundorf muß aber schon damals auf eine längere Lebenszeit zurückblicken können, da es eine Kirche hatte, der Bethauer Pfarrer ebenfalls kirchliche Handlungen in Naundorf vornehmen mußte. Im Jahre 1555 bestand bereits diese Verbindungt man spricht von Naundorf als Tochterkirche von Bethau."

Über die Zeit bis zum 30ig-jährigen Krieg wird berichtet:

"Blättern wir in der Kirchenchronik zu Bethau, so können wir feststellen, daß diese mit dem Jahre 1632 ihren Anfang nimmt. In Anbetracht der unsozialen u. unhygienischen Zustände verbreitet sich die Pest immer mehr. Das Dorf muß zur damaligen Zeit eine beachtliche Größe gehabt haben, denn obwohl das Dorf 1637 von Schwedenhand teils niedergebrannt wurde und die Pest in den Jahren 1637 — 39 die Einwohnerzahl dezimiert hatte, zählte das Dorf wenige Jahre nach dem Schrecken des 30-Jährigen Krieges im Jahre 1651 noch 513 Einwohner. Die Pest und die Schweden wüteten so arg, daß einige Dörfer vollständig von der Bildfläche verschwanden. U.a. bestanden 2 solche zerstörten Dörfer zwischen Naundorf u. Plossig: Eschbrücke u. Mark Burgstädel. Die Fluren führen noch heute diese Bezeichnungen. Nach weiteren 4 Jahren 1655 zerstörte eine große Elbüberschwemmung viele Gebäude. Man kann die Not der Gemeinde verstehen, wenn man all die Gründe betrachtet: viele hohe Steuern, den Brand, die Seuche und dazu noch die Witterung, die das Wachstum der Feldfrüchte beeinträchtigte."

Über die weitere Geschichte und das Wachsen der Naundorfer Gemeinde erfahren wir weiteres im folgenden Kapitel….

BERND HOPKE
ORTSCHRONIST

AnnaOffice©2024-03-27

 

Quelle:
Zweite Chronistin Magda Miething; Chronik der Gemeinde Naundorf; 70iger Jahre, abschriftlich B. Hopke 2024-02-15