Vorderschloss

Schloss Annaburg


Unser nötiges Wissen über das Vorderschloss, der als Wirtschaftstrakt errichteten „Vorburg“ erfahren wir im „Schlossbuch folgendes:

„Die dem Hinterschloss nördlich vorgelagerte dreiflügelige Schlossanlage diente vorrangig wirtschaftlichen Zwecken. Abgesehen von einigen Kammern und Wohnräumen des Nordostflügels, waren die im Erdgeschoß gelegenen Stallungen fast durchgängig begehbar. Die Kreuzgewölbedecken wurden durch steinerne Säulen getragen. In den lang gestreckten Hallen sollen bis 200 Pferde nebst den Kaleschen des kurfürstlichen Hofes Platz gefunden haben. Das zweite Stockwerk war vor allem als Unterkunft für das niedere Hofpersonal gedacht. Auf dem, zur Zeit der Erbauung nur mit einer einfachen Haube abgedeckten Dachboden lagerte man Getreide und andere land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse.“

Im Gründler können wir noch folgendes entnehmen:

,,. . . die ,Silberkammer' diente nicht nur zum Auflieben von Silbersachen, sondern auch von wichtigen Urkunden (Verschreibungen, Quittungen und dergl.) und war eine Art Staatsschatzkammer. In der Nordecke ging durch das ganze Gebäude hindurch, des Hauptmanns Losament' (Behausung). Im Turme darüber war eine Uhr, auf 24 Stunden gerichtet, samt einem Viertelzeiger, oben mit 2 Glocken und Hämmern'. Der Boden über dem Vorderflügel dort war Kornboden. Das Getreide wurde durch eine Oeffnung her aufgewunden, welche auf dem anstoßenden Flügel neben dem Turme nach dem Brauhause zu angebracht war. - Die sonderbaren Bezeichnungen: das .schwärze', das ,gelbe' usw. Gemach erklären sich aus der Farbe, welche die zu dem Gemache gehörenden Betten an ihren Vorhängen usw. trugen. Jedes ,Gemach' bestand aus Stube und Kammer und stellte den einem Gäste und seinem Gefolge zugewiesenen Wohnraum dar. In der Kammer standen für gewöhnlich 1-2 Himmelbetten, welche feinerer Art, wohl gar ,Fürstenbetten' waren, außerdem 1—2 Spanbetten (gewöhnliche Himmelbetten). Für größere Parteien war ein Gemach mit 2 Kammern da. Fast jede Gastkammer beherbergte einen Cypressenkasten, der das nötige Bettzeug enthielt. In der Kammer des ,gelben Gemaches' z. B. stand ,ein schwarz und weiß versilbert Reisebett, das Fürstenbette', dazu gehörte ,ein gelber Himmel von Doppeltaffet, mit gelber Leinwand gefüttert und Vorhang von gelbem Doppeltaffet'. — In des Stallmeisters Stube und des Hauptmanns Schreibstube wird erwähnt je ein erschlagen (d. h. vergittertes) Schreibstübchen'"

Die Wasserversorgung erfolgte gleichfalls durch das Röhrwasser welches in den steinernen Kasten im Schlosshof floss und dort zur Verfügung stand. So wurden auch die „neuen Häuser“ am Markt und das Amtshaus mit Frischwasser versorgt. Auch das Vorderschloss erhielt die damals „modernen“ Außentoiletten mit Entsorgung über den Schlossgraben. Auch an zentrale Abwasserkanäle wurde schon gedacht. Generationen später wurden die aufgefundenen Rest davon als „Unterirdische Geheimgänge“ interpretiert und geisterten in den Vorstellungen der „Annaburger“ rum.

Das Vorderschloss erhielt ein einfaches mit schwarzen Schiefern gedecktes Dach. 

Das Dach wurde im 18. Jahrhundert vollständig verändert, es wurde zu einem Mansardendach umgewandelt und damit erscheint das Vorderschloss heute höher als zu seiner Erbauungszeit. Auch wurde der Nördliche Flügel „des Hauptmanns Losament“ wesentlich verbreitert und der dazugehörende Turm erhöht. Die Uhr darin verschwand schon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Auch im 18. Jahrhundert erhielt das Torhaus seinen Glockenturm und es verschwand die „Tiergartenmauer“ im Bereich des Schlosses. Das gehört ja nicht zur Erbauungsgeschichte, aber soll erklären, dass das Vorderschloss nicht mehr so aussieht wie zu seiner Erbauungszeit. Das eigentliche Schloss hingehend hat sich bis auf das Dach nicht wesentlich verändert.

 

 

BERND HOPKE
ORTSCHRONIST

AnnaOffice©2021-01-05

 

Quellen

  • Gründler, E.: „Schloß Annaburg“ Festschrift zur einhundertfünfzig-jährigen Jubelfeier des Militär-Knaben-Instituts zu Annaburg, Verlag von Oscar Haebringer, Berlin 1888;
  • Autorenkollektiv; „Jagdschloss Annaburg  -eine geschichtliche Wanderung“ Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege e.V. Annaburg; Geigerverlag 1994;
  • Bettina Riedel und Petra Seifert „Nutzungsstudie für Schloss Annaburg“ technische Universität Dresden- Sektion Architektur – 1978;