Stadt Annaburg (Lochau)
Ort – Stadt – Städtlein – Flecken – Dorf Lochau – slawischer Ort Glochowe
Annaburg entstand aus einem slawischen Dorf und einem deutschen Jagdschlosssitz. dem alten Ort Lochau. Der Ort wurde auf ebenem, flachem Land erbaut. Seine durchschnittliche Höhe beträgt 76 m über NN.
Im 12. Jahrhundert wurden durch Erzbischof Wichmann von Magdeburg (R 1252-1192) und Albrecht dem Bären (R 1134-1170) rheinische und niederländische Bauern zwischen Elbe und Schwarzen Elster angesiedelt. Flämische Siedler bildeten Niederlassungen. Die Ansiedlung veränderte das Gesicht der bestehenden slawischen Dörfer (Einführung Fachwerkbau, Trennung Wirtschafts- und Wohngebäude mit eingefriedetem Hofraum). Für die Entwässerung des überwiegend morastigen und sumpfigen Gebietes wurden die Kenntnisse der aus den Niederlanden einwandernden Kolonisten genutzt.
Wahrscheinlich geht unser Ort (Stadt) auf eine alte wendische Siedlung zurück, die in unmittelbarer Nähe des Jagdhauses, dem späteren Jagdschloss „Lochau„, siedelten. Deutsche Siedler im Zuge der Ostexpansion, im 12. Jahrhundert ließen sich im Vorfeld des Jagdschloss „Lochau“ nieder. Dort entstanden rund um das Jagdschloss notwendige Gewerke, wie Wassermühle, Schmiede, Wirtshaus, usw. durch deutsche Siedler. Kirche, Fronhof, Amtshaus und Jägerhaus vervollständigten die mittelalterliche Infrastruktur rund um das Jagdschloss. Die Quellen reichen leider nicht so weit zurück. L. Mechling, bis 1993 Pfarrer in Annaburg, schreibt, bezogen auf A. Hauck, a.a.O., Bd. 4, S. 583:
"Im 12. Jahrhundert wurde die kirchliche Versorgung wendischer Ortschaften sehr stark intensiviert. Auf diese Weise konnte die wendische Bevölkerung in die Arbeit der Pfarrämter einbezogen werden. Um diese Zeit kam es auch zur Gründung einer Pfarrei in Lochau, das zum Bistum Merseburg gehörte. Der wendische Ort trug den Namen ,Glochowe'."
Unter den Askaniern (Brandenburgern)
Ob nun dieses Dorf in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem herrschaftlichen Adelssitz dem späteren Kurfürstlichen Jagdschloss gelegen lag, oder wie die Geschichtsschreibung behauptet sich erst später nach einem Ortsbrand am kurfürstlichen Schloss ansiedelt – mag dahingestellt bleiben. Kurioser Weise sind beide Ortsnamen auf einer Karte aus dem 16. Jh. verzeichnet, obwohl der Flecken Lochau im 16.Jh. in Annaburg umbenannt wurde. Auf dieser Karte steht „Lochau“ für ein Kurfürstliches Jagdhaus. Das Beste ist, wir überlassen diesen strittigen Fakt der ursprünglichen Lage des Dorfes Lochau den Geschichtsapologeten mögen sie forschen und streiten.
Unser Ort taucht unter der Herrschaft der Askanier aus dem Dunkel der geschichtlichen Abläufe erstmalig auf. Anlässlich einer Hofhaltung des Fürsten Rudolf I. (1298-1356), Sohn Albrechts II., im Jahre 1339 in Prettin, erscheint ein landesherrlicher Erlass, der auch den Namen „Lochaw“ enthält. Es ist das erste uns bekannte Dokument auf dem unser Ort, damals noch ein kleines Dorf, verzeichnet ist. Zu dieser Zeit gab es noch keine Verbindung zu dem späteren Jagdschloss gleichen Namens. Das unscheinbare Dorf Lochau gehörten aber noch den Antoniermönchen in Lichtenberg (jetzt Prettin).
Die spätere historische Bedeutung unseres Ortes beruht auf dem großen und wildreichen Waldgebiet der Lochauer bzw. Annaburger Heide, die sich südöstlich der Stadt erstreckt und der Jagdfreuden der adligen Oberschicht diente. So errichteten die Askanier bereits im 13. Jahrhundert ein Jagdschloss (damals noch Haus genannt), das 1422 einem Brand zum Opfer fiel. Der Askanier Albrecht III. (R 1419-1422), der nach einem Jagdausflug auf der „Lochau“ übernachtete, konnte sich bei diesem Schlossbrand zwar noch retten, verstarb aber wenig später in Wittenberg kinderlos an den Folgen der dabei erlittenen Verletzungen. Das ist das zweite geschichtlich verbürgte Faktum in Verbindung mit unserem Ort. Damit endete aber auch die relativ kurze Zugehörigkeit zu den „Brandenburgern„.
Unter den Sachsen
Da Albrecht III. kinderlos starb, belehnte König Sigismund am 6. Januar 1423 den Markgrafen Friedrich IV., den Streitbaren von Meißen (1381-1428), mit dem Herzogtum und der Kurwürde von Sachsen. Der Landesname der neuen Herrschaft, des Herzogtums Sachsens, wurde nach und nach für das gesamte wettinische Gebiet (so die Mark Meissen und Mark Lausitz) gebräuchlich. Auch diese Adligen wissen die „Lochauer Heide“ als Jagdgebiet zu schätzen. Das abgebrannte Jagdhaus wird 1445 erneuert. Hierzu wurde der Baugrund mit langen Eichenstämmen neu verfestigt. Der Schmied hatte dazu das Holz mit Eisenringen zu versehen um ein aufspalten beim einrammen der Eichenstämme zu verhindern. Es wurde bereits Sandsteinen aus Pirna und Raseneisenstein aus der Heide zum Bau genutzt. Amtlich heißt es „Hauses zu Lochaw“. Ein Jahr darauf wird das Amt „Lochaw„ gegründet. Dabei wird in den Amtsrechnungen von 1450 das „Neue Haus„, erstmalig als „Schloss“ bezeichnet.
Aber das Dorf Lochau gehört noch den Antoniermönchen. Am 09. April 1451 geben die Antoniermönche in Lichtenberg (jetzt Prettin) das Patronat über die Lochauer Pfarre im Tauschwege an Friedrich den Sanftmütigen, Herzog von Sachsen, ab. Ab dieser Zeit erfolgte die wirtschaftliche Verflechtung des Dorfes Lochau mit dem kurfürstlichen Jagdschloss und der dort siedelnden deutschen Bevölkerung.
1465 wird der Schlossbau noch einmal renoviert. Nach der Teilung des Landes in die albertinische und die ernestinische Linie fiel Lochau an Ernst und nach dessen Tod an seinen Sohn Friedrich III., den Weisen (1486 – 1525). Die Einkünfte aus dem Silberbergbau ermöglichten dem Kurfürsten einen kulturvollen Lebensstil. Seine Förderung der Kultur- und Geisteswissenschaften führte nicht nur zur Gründung der Wittenberger Universität (1502), in ihrem Ergebnis wurden zugleich Torgau, Wittenberg, Coburg, Lochau und andere Schlösser grundlegend erneuert. Zu den Bauten, denen Friedrich seine besondere Aufmerksamkeit schenkte, gehörte das „Schloß Lochau„. Sie wurde seine Sommerresidenz. Der Kurfürst ließ die Anlage von Grund auf umgestalten. Zu den größten Errungenschaften des Schlosses zählte jedoch das neu geschaffene Wasserversorgungssystem. Um jederzeit über frisches Quellwasser verfügen zu können (das Lochauer Wasser war sehr stark eisenhaltig), ließ Friedrich der Weise wahrscheinlich schon um 1502 von dem etwa 10 km entfernten Gorrenberge bei Jessen eine hölzerne Rohrleitung zum Schloss legen. Sehr ansehnlich wurde das umliegende Schlossterrain mit Gärten, Teichen und Kanälen gestaltet. Ein ganzes System künstlich angelegter Teiche und Kanäle hatte die Aufgabe das Schlossgelände zu entwässern, aber außer einer architektonischen Funktion auch die Aufgabe, die Teiche, in denen man intensiv Fischzucht betrieb, mit Wasser zu versorgen. Überhaupt scheint Friedrich auf die Gestaltung der Außenanlagen wenigstens ebensoviel Energie verwandt zu haben, wie für den Ausbau des Schlosses selbst. Von diesen Außenanlagen prägt der „Tiergarten“ am nachhaltigsten unsere Landschaft. Die Arbeiten dazu begannen im Jahre 1498. Dieses „Tiergehege“ entstand mit dem aufkommen der eingestellten Jagd – der so genannten deutschen Jagd im 15. Jahrhundert an vielen Fürstenhöfen und ist im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ausbau des sächsischen kurfürstlichen Jagdschlosses zu sehen – vor allem mit seiner Repräsentativen Funktion. Das Jagdschloss Lochau mit seinen Gärten, Teichen und Kanälen wurde so zum Lieblingssitz des Kurfürsten. So sind zahlreiche Aufenthalte mit großem Hofstaat nachweisbar. Friedrich der Weise starb am 5. Mai 1525 in Lochau.
Ein geschichtliches Ereignis verhalf dem Ort Lochau zu fragwürdigem Ruhm. Michael Stifel (1487-1567), der die Lochauer Pfarrstelle 1528 auf betreiben seines Freundes Martin Luther übernommen hatte, beschäftigte sich hier erneut mit Mathematikstudien, vor allem mit der Umsetzung von Buchstaben in Trigonalzahlen. Er wollte seine gelehrten Kenntnisse auch in den Dienst der Kirche stellen – deswegen bemühte er sich allerlei Geheimnisse anhand von Texten der „Heiligen Schrift“ mit seinem Zahlenspiel herauszurechnen. So verkündete Stifel als Ergebnis seiner intensiven Studien für Sonntag, den 19. Oktober 1533 den Weltuntergang, den „Tag des jüngsten Gerichts„. Luther mahnte und warnte seinen Freund Stifel vor seinem Irrglauben, auch von kurfürstlicher Seite wurde ihm Schweigen auferlegt. Zu spät, von nah und fern reisten die Gläubigen in Erwartung des großen Tages nach Lochau. Man bestellte seine Acker nicht mehr und verkaufte sein Hab und Gut, um es in den Dorfschenken zu verzechen. Als das Ereignis ausblieb, musste Stifel durch kurfürstliche Beamte vor der aufgebrachten Menge in Sicherheit gebracht werden. In seinen letzten Lebensjahren übernahm er an der Jenaer Universität einen Lehrstuhl für Mathematik. Er war Mitentdecker der Logarithmen und gilt als einer der größten deutschen Algebraiker des 16. Jahrhunderts. Ungeachtet seiner Verdienste um die Mathematik verfolgte ihn sein Ruf als „Verkünder des Weltuntergangs“ bis Jena. Betrat Professor Stifel ein Wirtshaus, wurde er mit dem Stifellied empfangen. Er setzte ein Verbot des Liedes durch. Zum Ausgleich dafür tranken die Studenten Jenas reihum ihr Bier aus einem Stiefel, den sie dafür anfertigen ließen. An dieses Ereignis sollte man sich eigentlich erinnern wenn man einen „Stifel“ trinkt.
Groß war die Einwohnerzahl in dieses Zeit nicht. Die Kirchenvisitation des Jahres 1528 spricht von ,,. . . 33 feuerstet“ (ca. 33 Familien). Auch wenn wir voraussetzen, dass die Kinderzahl zur damaligen Zeit bedeutend größer war als heute, so muss aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate davon ausgegangen werden, dass im Durchschnitt nicht mehr als 5 Personen in einer Familie gelebt haben. Somit dürften ca. 150 Personen ansässig gewesen sein. Diese Größenordnung ist durchaus realistisch, wenn man bedenkt, dass sowohl Wittenberg als auch Berlin um diese Zeit jeweils nur zwischen 3000 und 3500 Einwohnern aufzuweisen hatten. In ganz Kursachsen lebten um 1550 rund 385 000 Menschen, und davon fast die Hälfte in den Städten. Nach dem Amtserbbuch von „Lochaw“ gab es 1550 40 „Familien„, 8 Hüfner und 1 Richter sowie 9 Gärtner und 22 Vorstädter. Zum Amte gehören 20 Hufe steuerbares Land.
Lochau war 1542 der größte Ort des gleichnamigen Amtes, es trug jedoch nicht den Charakter einer Stadt. Es wird zumindest als Städtlein im Erbbuch bezeichnet. Es beherbergte 40 Steuerzahler, die Haus und Hof hatten, und 21 Hausgenossen die als Ochsen und Wagenknechte sowie als Hirten tätig waren. Dazu kamen noch die Familienmitglieder. Ein großer Teil der Einwohner, hatte neben der eigenen Wirtschaft mit Viehzucht ein Amt beim Schlosse, das ihnen besondere Einkünfte brachte, teilweise aber als „Handdienste“ abverlangt wurde.Die Namen der am Schloss arbeitenden Personen verraten, welcher Art ihre Beschäftigung gewesen ist: Jorge Weidemann, Siegmund Merten, Nisius Winzer, Paul Brettmeister, Hans Torwärter, Peter Keller, Hans Vogler, die Backanna, Anna eine Backmagd. Man muss sich in jene Zeit versetzen, in der Schloss Lochau häufig das kursächsische „Lager“ wochenlang beherbergte, in der hohe Jagdgäste des Öfteren hier wohnten, um die Namen zu verstehen.
Dass sich bei Lochau auch „Weinberge“ befanden, bezeugen die Amtsrechnungen. Es war der Kellerberg – der mit Weinreben bestanden war. Der Winzer war gleichzeitig Gärtner. Er setzte „wilde Stämme“, ein Bote holte ihn von Lichtenburg Pfropfreiser, ein anderer „Borstoffer Eppil“ von Torgau. 26 Groschen werden für „6 Borstorfer Bome“ und „2 Bernbome“ zu Meißen gekauft, in Rechnung gestellt. Der Vogler war in der Vogelfanghütte im „Tiergarten“ beschäftigt.
Neben der Arbeit für Schloss und Kurfürst betrieben diese Leute zu ihrer eigenen Lebensgrundlage Landwirtschaft, das betrifft vor allem die „Gärtner„. Die Namen der übrigen Steuerzahler geben auf irgendeinen Handwerksbetrieb leider keinen Hinweis. Es muss sich also zumeist bei ihnen um Landwirte gehandelt haben. Doch scheint die Viehzucht die größte Rolle gespielt zu haben.
Der Steuerwert von Haus, Hof, Wiesen und Gärten ist in einer Summe angegeben. In Lochau haben zu dieser Zeit von den 40 Einwohnern, 9 Bewohner Haus, Hof, Acker und Wiesen (8 Hüfner und 1 Richter mit Hof), 9 Einwohner haben Haus und ein „Gartengrundstück“ (Gärtner), welches groß genug ist für die Eigenversorgung, 22 nur ein „Häuslein“ (Kossäten), aber auch davon besitzen ein Teil noch kleine Acker- und Wiesenflächen. Der reichste unter allen ist Jorge Weidemann dieser hat außer dem Stammhofe noch ein Häuslein in der Vorstadt von Lochau mit einem Wert von 100 Gulden. Alle 40 haben Vieh, 36 haben 155 Kühe, die Höchstzahl ist 11 Stück. Am sonstigen Rindvieh zählt man 141 Rinder, 13 Ochslein und 16 Stück jährige Kälber. Besonders blühte die Schafzucht in Lochau: Auf 23 Höfen waren 280 Schafe und 29 Lämmer.
An Schweinen zählte der Schosser 42 Sauen mit 143 Ferkeln und 125 Anderen. Auch die Pferdezucht blühte, Zugpferde waren steuerfrei und brauchten nicht angegeben werden. Doch mussten 13 ledige Pferde, also Fohlen, versteuert werden. Die Bauernhöfe erforderten Gesinde. 11 Knechte und 9 Mägde werden auf 15 Höfen genannt. Das ist für Lochau gegenüber reinen Bauerndörfern der damaligen Zeit um 1542 eine stattliche Zahl. Vergessen darf aber auch nicht die Bienenwirtschaft, die Innung gab es ja nicht umsonst hier in Lochau – auch wenn die Beutner nicht gesondert in der Quelle erwähnt werden. Diesem Gewerbe dürften sicher ein hoher Anteil der „Häusler“ nachgegangen sein.
Unter albertinischer Herrschaft (1547 – 1806)
Eine neue Glanzzeit für Schloss und Ort Lochau begann unter der Regentschaft Kurfürst August I. von Sachsen (R 1553-1586), der das Schloss Friedrich des Weisen 1571 abreißen und von 1572-1575 neu bauen ließ. Grund dafür dürfte seine Jagdleidenschaft und die wildreiche Lochauer Heide gewesen sein. Leiter des Schlossbaues war Wolf von Kanitz, kurfürstlicher Rat und Hofmeister, und Baumeister war Christoph Tendler. Für die Gemahlin des Kurfürsten, Anna Auguste, Tochter Christian III. von Dänemark, diente dieses Schloss als Aufenthaltsstätte, in der sie sich alchimistisch und hauswirtschaftlich betätigte. So betrieb sie ein Destillierhaus, beschäftigte sich mit der Herstellung von Medizin, Obst- und Kräuteranbau, Aquavitherstellung und Kochkunst. Schloss Annaburg beherbergte die erste sächsische Hofapotheke. In ihrem Elternhaus wurde der Grundstein für eine tiefe, der lutherischen Lehre verbundene Frömmigkeit gelegt. Die in späteren Jahren oftmals bewiesene Barmherzigkeit trug ihr im Volksmund den Namen „Mutter Anna“ ein. 1573 wurde sie Namensgeberin für Schloss und Stadt Annaburg. Auf Schloss Annaburg wurde durch Kurfürst August auch der Grundstock für die königlich-sächsischen Landesbibliothek mit 2.354 Bänden gelegt.
Während des Baus der „Annaburg“ scheint die Bevölkerungszahl in Lochau, bedingt durch eine große Zahl auswärtiger, zum Frondienst verpflichteter Bauern und Tagelöhner, wesentlich angestiegen zu sein. Der Höhepunkt wird im Zusammenhang mit dem Bau des „Neuen Grabens“ im Jahre 1576/77 erreicht worden sein. An diesen Arbeiten waren zeitweise über 2000 Untertanen beteiligt. Dass der kleine Ort auf eine solche Menschenzahl nicht vorbereitet war, zeigen Aufzeichnungen, nach denen die kursächsischen Ämter beauflagt waren, Brot und andere Lebensmittel zu liefern. Durch die Nähe des Ortes zum Schloss und den damit verbundenen Versorgungsaufgaben änderte sich auch zunehmend die Bevölkerungszusammensetzung – zu dem einstmals rein landwirtschaftlich geprägten Lochau kamen mehr und mehr handwerklich tätige Bevölkerungsschichten, aber auch Bevölkerungsschichten aus der niederen kurfürstlichen Verwaltung und der Dienerschaft für Schloss, Jagd, Garten und Tiergehege hinzu – ohne das Annaburg dadurch jemals einen reinen städtischen Charakter annahm, weil Handel und Überregionaler Markt als wirtschaftliche Triebfeder nicht ausgeprägt war. Prächtig wohnen ließ es sich in dieser Stadt ohnehin nicht – als sich während der Zeit des Baues der „Annaburg“ die Bewohner des Ortes näher zum Schloss ansiedelten, mussten erst die Wege mit Knüppeldämmen belegt und die Gassen mit Laufbohlen versehen werden, um die Stadt begehbar zu machen. Der Kurfürst genehmigte hierzu „auf ewige Zeiten“ Bauholz aus der Heide.
Weil das Schloss auch repräsentative Funktionen zu erfüllen hatte, war der Kurfürst auch auf die Gestaltung des Schlossvorplatzes bedacht. Zu diesem Zweck ließ er die bäuerlichen Grundstücke auf dem Platze zwischen dem Schloss und der Ortskirche aufkaufen und errichtete dort die „Neuen Häuser“, die er seinen vornehmsten Hofbeamten zugewiesen hat. Diese Häuser überdauerten zwar den Dreißigjährigen Krieg nicht und brannten damals ab – aber sie prägten Lage und Grundriß unseres Marktes noch heute. So wie Lage und Grundstücke des gesamten Ortes seit dieser Zeit bis 1847 unverändert blieben.
Die Annaburger Stadtmühle am Mühlenend wird 1578 als Amtsmühle mit 2 Mahl- und einem Schneidegang errichtet. Sicherlich wurde zur gleichen Zeit die Mühle am „Gässlein, da man von Torgau hereinziehet“, unweit des damaligen Forsthofes (Reitzensteinhaus), die aus der Zeit Friedrich des Weisen stammte, abgerissen. An dieser Stelle wurde, um den Wasserstand der Schlossgräben und des Schifffahrtsgraben (Mauergrabens) zu halten eine Schleuse errichtet. Dadurch blieb auch der „Teich hinter der Pfarre“ erhalten. In der Baderei in der Nähe des Schlosses wurde die „gemeine Badestube zur Annaburg“ eröffnet – damit die Schlossbediensteten auch ordentlich gewaschen ihren Dienst verrichten konnten.
Der sprunghafte Bevölkerungszuwachs im 16. Jahrhundert und die (in Sachsen nach dem Bergbau) dominierende Rolle der Landwirtschaft als Wirtschaftspotential veranlassten auch den sächsischen Kurfürsten zu einer für seine Zeit fortschrittlichen Bauernpolitik. Hierzu gehörte nicht nur der Schutz vor dem so genannten „Bauernlegen“, sondern auch die Errichtung kurfürstlicher Mustergüter, die Einführung neuer Viehrassen, Getreide- und Obstsorten. Um gegen Hungersnöte gewappnet zu sein, wurden Lebensmittel importiert, Getreidemagazine angelegt und Ausfuhrverbote erlassen. Das die landwirtschaftliche Großproduktion spätestens seit Augusts Zeiten auch in Annaburg betrieben wurde, davon zeugen neben dem kurfürstlichen Grund und Boden eine Reihe von Anlagen. Außer dem Schloss mit seinen Wirtschaftsgebäuden und Ställen dienten vor allem das Amtshaus und das Vorwerk, aber auch Fischgewässer und Wassermühle, diesem Zweck. Das unmittelbar neben dem Schloss gelegene Amtshaus wurde 1578 nach einem Brand neu errichtet und beherbergt heute das stadtgeschichtliche Museum. Auch eine eigene Dorfschule hat die Gemeinde Lochau im Jahre 1583 endlich erhalten. Bis dahin wurden die Schüler im Wohnhaus des Schulmeisters in den oberen Stuben unterrichtet. Das damalige „Schulsystem“ war sehr einseitig – es durften nur Jungs zur Schule gehen. Mädchen waren in diesem System noch unerwünscht.
Nach dem Tode Annas und Augusts I. wurde das Schloss von den sächsischen Kurfürsten nur noch für gelegentliche Jagdaufenthalte genutzt. Die Erinnerung an „Mutter Anna“ lebt weiter in der am 11. Januar 1573 erstmals genannten „Annaburg„. Sie wurde im Laufe der Jahre zugleich Namensgeberin für das alte Dorf Lochau. Annaburg hat als „Städtlein“ seit dem Jahre 1678 ein eigenes Stadtwappen. Es fällt in die Regierungszeit des Kurfürsten Johann Georgs 2. – von Sachsen (1656 – 1680). Es zeigt in seinem Mittelfeld einen Rosenbaum mit 5 Knospen und in der Unterschrift „Städtlein Annaburg. – Anno 1678„. Dieses Wappen mit seinen roten Rosen erinnert an das alte Lochauer Wurzelwort gloln = Heckenrose. Tatsächlich hat es in früheren Zeiten um Annaburg reichliche Heckenrosen gegeben. Nach dem „Deutschen Städtebuch“ führte das älteste Annaburger Wappen in Silber auf grünem Grund einen natürlichen Rosenstrauch mit drei roten Rosen. Das spätere Siegel zeigt einen auf Rasen stehenden Rosenbaum mit fünf Rosen. In den folgenden Jahren soll es sein Stadtrecht verloren haben, obwohl es als „Städtlein“ auch nie ein solches Recht besessen hatte. Tatsächlich stieg Annaburg erst 1939 zur Stadt auf.
Da man das Holz für den Salzbergbau dringend benötigte und der Kurfürst von Sachsen es liefern und verkaufen wollte, wurde 1697 das Flößen auf der Schwarzen Elster und auf dem Neugraben anbefohlen. Geflößt wurde auf dem Neugraben hauptsächlich zur Brenn- und Nutzholzversorgung der Saline Groß-Salze (heute Schönebeck), die Ostsachsen bis 1780 mit Kochsalz versorgt hat. Das Flößen auf dem Neugraben wurde bis zur aufkommenden Industrialisierung und der Schaffung anderer Transportmöglichkeiten (Eisenbahnstrecke Wittenberg – Falkenberg – Kohlfurt) beibehalten.
Vor allem zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes richtete der Leipziger Oberpostmeister Keesper eine Reihe neuer Postkurse ein, darunter die Linie Dresden – Hayn – Coßdorf – ANNABURG – Wittenberg. Damit wurde Annaburg offiziell an das sächsische Poststraßennetz angeschlossen. So führte ab 1699 eine Post von Großenhain über Cosdorf und Annaburg nach Berlin bzw. Magdeburg. Da nun zwei Hauptpostlinien durch Annaburg führten, wurden auch 1722/23 am Ortsausgang von Annaburg an der Straße nach Torgau eine (leider nicht mehr erhaltene) Postsäule errichtet. Die Bedeutung der Annaburger Poststation verlor sich dann leider in preußischer Zeit, obwohl der durchgehende Postkurs nach Wittenberg noch bis 1841 bestand, d.h. bis zur Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie Berlin – Wittenberg – Dessau – Köthen. Da nun die eingerichteten Schnellpostlinien nicht mehr durch Annaburg führten, hatte das auch Folgen für unserer Straßenanbindung in der nachfolgenden Zeit.
Nach einer Nachricht aus der ev. Kirche haben sich 1724 die „Neuhäußler vor dem Herzberger Tor … aufgebaut“ haben. Da die Gemeinde auf ehemaligen Forstgelände gegründet wurde, kann man davon ausgehen, dass die „Neuhäuser“ ursprünglich im Zusammenhang mit der seit 1697 betriebenen Flößerei entstanden sind und daher auch zum Gutsbezirk der Oberförsterei gehörte.
Im Jahre 1762 wurde das bereits 1738 gegründete Militär-Knaben-Erziehungs-Institut von Dresden nach Annaburg verlegt. Damit verbunden war ein wiederaufblühen von handwerklichen Dienstleistungen die den teilweise städtischen Charakter von Annaburg erhielt. Als Folge der Befreiungskriege fielen Ort, Schloss und Institut nach 1815 an Preußen.
Der städtische Friedhof hinter der evangelischen Kirche und der Gottesacker in der heutigen Friedensstrasse in Annaburg reichte nicht mehr aus, um die Verstorbenen des Militär-Knaben-Erziehungsinstitutes aufzunehmen. Das Institut erhielt den ehemaligen Pechberg rechts der Holzdorferstraße zugewiesen und nutzte diesen bis zu seiner Schließung 1921. In der Erde dieses Friedhofes ruhen insgesamt 776 Zöglinge und Institutsangehörige. Dort sollten auch die „Neuhäuser“ Bürger ihre letzte Ruhestätte finden.
1793 werden die Gebäude der Annaburger Stuterei als Meisterstück des Amtszimmermeisters Johann Gottfried Wasserman erbaut und eingerichtet. Sie bestand bis 1815 und wurde aufgelöst nachdem bereits 1813 durch russische Kosaken alle Pferde requiriert wurden. Die Gebäude wurden in den nachfolgenden Jahren als Schäferei, aber auch ab 1826 als Vorläufer der Musikschule und später für die Handwerkerlehreausbildung für das MKI genutzt. Später erfolgte die teilweise Nutzung als Wohngebäude
In Annaburg sind für den Zeitraum 1794-1894 folgende Stände verzeichnet:
Städter | 76 Personen |
Vorstädter | 39 Personen |
Neuhäusler | 44 Personen |
Hüfner | 11 Personen |
Freihäusler | 9 Personen |
Zu den Städtern gehörte folgender Personenbestand:
2 Kürschnermeister, 6 Fleischermeister, 2 Schneidermeister, 2 Mauer und Zimmermeister, |
2 Stellmachermeister, 2 Böttgermeister, 2 Korbmachermeister, 1 Tischlermeister, |
1 Zeugschmiedemeister, 2 Schmiedemeister, 4 Schuhmachermeister, 1 Pechknecht, |
1 Amtsmauermeister, 5 Schankwirte, 6 Kaufleute, 1 Schachtmeister, 2 Apotheker, 1 Pastor, |
1 Zigarrenmacher, 1 Bäckermeister, 1 Ortsmusikus, 2 Röhrmeister, 1 Hegemeister, |
1 Drechslermeister, 1 Sattlermeister, 1 Posthalter, 1 Amtmann, 1 Küster, 1 Mädchenlehrer, |
2 Gartengrundbesitzer, 4 Wachtmeister und Leutnants in Ruhestand, 1 Königlicher Förster, |
1 Gemeindevorsteher, 2 Mühlenbesitzer, 2 Ökonomen, 2 Gärtnergutsbesitzer, 1 Victualhändler, |
1 Schornsteinfegermeister, 1 Seilermeister, 1 Glasermeister, 1 Freisassengutsbesitzer, 2 Gutsbesitzer, |
Nachfolgender Personenkreis gehörte zu den Vorstädtern:
1 Gärtner, 4 Böttgermeister, 1 Mehlhändler, 1 Zimmermeister, 4 Gastwirte, |
1 Förster, 2 Stellmachermeister, 2 Sattlermeister, 1 Gerichtsschöffe, |
1 Brauereibesitzer, 4 Schuhmachermeister, 5 Tischlermeister, |
5 Schmiedemeister (Waffen und Zeugschmiede), 4 Fleischermeister, 2 Bäckermeister, |
Nachfolgender Personenkreis gehörte zu den Neuhäuslern:
2 Gastwirte, 3 Leinewebermeister, 1 Schneidermeister, 1 Pfefferkuchler |
1 Pechknecht, 4 Mauergesellen, 2 Handarbeiter, 1 Mühlenbescheider |
1 Zimmergeselle, 1 Schönfärbermeister |
Plus 27 nicht näher benannte Personen betreffs ihres Berufsstandes |
Unter Preußen
Annaburg hatte ursprünglich 4 Stadttore, aber keine eigentliche Befestigung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zählte der Ort etwa 150 Häuser und circa 1000 Einwohner. Die Stadttore waren, „Torhäuser“, meist als „Brückenhäuser“ ausgeführt. Das Badertor, ein Brückentorhaus in der heutigen Baderei – auf Höhe der heutigen Grundschule. Das Jessener Tor an der Brücke „Mühlenstraße über den Neugraben, als „Scheunentor“. Das Holzdorfer Tor als „Brückentorhaus“ an der Holzdorfer Straße über den „Kunstgraben“ (heute vom Markt vor dem Forstamt. Sowie das Torgauer Tor, als „Brückentorhaus“ über dem „Scheißgraben“ an der Torgauer Straße, vom Markt vor der Friedenstraße. Über diese Tore erfolgte die Zugangskontrolle zu den Annaburger Märkten.
Sachsen verliert infolge des „Wiener Kongresses“ vom 18.09.1814 – 19.03.1815 (Neuordnung Europas nach Napoleon) mehr als die Hälfte seines Territoriums an Preußen, so auch unser Heimatgebiet. Annaburg und unser Region werden preußisch. Dieses Ereignis wird zur gewaltigen Zensur in der Bedeutung und weiteren Entwicklung von Annaburg und unserer Gesamtregion. Nicht nur das die sächsischen Staatsjagden nicht mehr in der Annaburger Heide abgehalten wurden. Damit sang nur die Bedeutung der Forstverwaltung die in eine Forstinspektion umgewandelt wird. Schwerer für Annaburg wog da schon die Neuordnung der Verwaltung 1816. Die Ämter wurden aufgelöst und ihrer Aufgaben gingen Schrittweise auf ein Landratsamt über. Annaburg gehört jetzt zum Kreis Torgau, Provinz Sachsen, Königreich Preußen. Das Landratsamt hat in Torgau seinen Sitz. Mit der Abwicklung wurde Amtmann Carl Friedrich Bercht betraut. Er war auch mit der Verwaltung der ehemaligen königlich sächsischen Domäne betraut. Diese wurde 1831 privatisiert und dabei von ihm gekauft. 1835 wird das langjährige Floßamt in Annaburg zuständig für die Schwarze Elster und dem Neugraben geschlossen. Und zuletzt wird 1847 das Gerichtsamt von Annaburg nach Torgau verlegt.
Am schwersten für die spätere Zukunft hingegen sollten sich die Änderungen bei der Post erweisen. Dabei wurde am 30. Oktober 1817 die Poststation in Annaburg offiziell in eine preußische Postwärterstelle umgewandelt. Sie Unterstand dem größeren Postamt Wittenberg. Annaburg wurde so vom Postamt zur Posthilfsstelle und der Postwärter war nebenberuflich tätig. Zwar finden wir noch 1821 den Flecken Annaburg mit der Verbindung „Wittenberg – Annaburg – Herzberg“ als den bekannten Fahrpost-Kurs nach Dresden und damit sogar länderübergreifend. Aber diese Linie stellte keine Hauptlinie mehr dar. Schnellpostlinien wurden Potsdam – Wittenberg und Jüterbog – Herzberg – Dresden. Auf allen anderen Poststraßen ab Annaburg waren nur noch Postreiter oder Boten zu Fuß unterwegs. Das zog nach sich, dass der ab 1817 beginnende Chausseeausbau uns nicht berührte und die ersten Bahnlinien nicht durch Annaburg führten. 1841 wurde die Eisenbahnstrecke Berlin – Jüterbog – Wittenberg – Dessau – Köthen eröffnet und damit die durchgehende Fahrpost durch Annaburg eingestellt. Sie wurde zum Nahverkehrsmittel und verkehrte nur noch bis zum Bahnhof Zahna. Die alten Straßen durch die Annaburger Heide, die Züllsdorfer und die Herzberger wurden Waldwege und dementsprechend bis heute nicht ausgebaut.
Aber all das interessierte den damaligen Annaburger Bürger nicht so sehr wie die Abtragung der auferlegten Kriegsschulden, sie beliefen sich auf 6.000 Thaler. Diese Schuldlast konnte erst in den Jahren 1818 – 1822 durch die Bürger der Stadt getilgt werden.
Im Zusammenhang mit der Auflösung der Ämter und der Aufhebung der Leibeigenschaft wird auch die ehemalige königliche Domäne 1831 an den Amtman Carl Friedrich Bercht verkauft. Durch die Aufhebung der Leibeigenschaft werden die Hand- und Spanndienste in jährliche Renten (Steuerabgaben) umgewandelt. Der Grundbesitz der ehemaligen Domäne wird 1833 in die Stadt Annaburg eingemeindet. Das stellte die erste größere territoriale Erweiterung der Annaburger Gemarkungsgrenzen dar.
Das langjährige Floßamt wird 1835 in Annaburg geschlossen. Damit endet auch die Holzscheitflößung auf dem Neugraben. 1841 wird die Eisenbahnlinie „Berlin – Jüterbog – Zahna – Wittenberg – Dessau – Cöthen“ eröffnet. Im August 1848 wurde die Strecke Jüterbog—Herzberg fertiggestellt und dem Verkehr übergeben. Die Strecke Herzberg—Riesa wurde am 1. Oktober 1848 eröffnet. Viele „Neuhäuser“ nutzen die neue Beförderungsart und fahren mit der Bahn nach Berlin um dort Wochentags der Arbeit im Baugewerbe als Mauerer und Tischler nachzugehen. Man wird zum „Pendler“.
Auf Vermittlung des Schlossprediger und Institutsinspektors Dr. Leonhard Woepcke und Initiative des Ortspfarrers Dr. Seyler wird 1848 der erste Bürgerkindergarten auf Grundlage der fröbelischen Idee als „Kinderverwahranstalt“ in Annaburg gegründet. Er besteht bis zum preußischen Ministerialverbot 1851. Die ehemaligen Kornhäuser der Domäne am Markt werden 1849 abgerissen und an ihrer Stelle entsteht das zweite Annaburger Schulgebäude, welches später noch als Berufsschule bis in die 90-iger Jahre genutzt wurde (heute Sparkasse).
Ab 1870 waren auch in unserem Ort die Anfänge der Industrialisierung zu erkennen. Neben Holzsägereien, Gärtnereien bildete die Steingutfabrik die wichtigste Einkommensquelle für die Einwohner. Sie schafften die Lohnarbeiter, die sich die Waren für den täglichen Bedarf nun vorrangig kaufen mussten und schufen damit die Voraussetzung für die Entstehung weiterer Gewerbebetriebe – wie den „Tante Emmaladen“, Lebensmittelhändler, Haushaltswarenhändler, Kolonialwarenhändler usw.. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts erhöhte sich die Bevölkerung fast um das Vierfache. Die Entwicklung des Ortes und dessen Industrie ging stetig voran. Das ehemalige Steingutwerk wurde zu einem der größten Betriebe im Umkreis. Die Steingutfabrik beschäftigte 1875 ca. 30 Arbeiter – 1922 waren es 450 Beschäftigte. Es entstanden weitere Firmen und vor allem eine Vielzahl an Kleingewerbe. Aber auch die landwirtschaftlichen Betriebe konnten durch den Eisernen Pflug, dem Einsatz von industriellen Düngemittel, aber auch durch den Einsatz der Dampfmaschine in der Landwirtschaft weiter expandieren. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die Eindeichung der Elbe und teilweise auch der Schwarzen Elster.
Das hat eine rege Bautätigkeit zur Folge. Neben dem Steingutwerk entstanden in dieser Zeit drei Dampfsägewerke und eine Schablonenfabrik. Der Eisenbahnbau zwischen Wittenberg und Falkenberg wurde am 1. Januar 1874 in Angriff genommen. Die Strecke wurde am 15. Okt. 1875 in Betrieb genommen. Neue Wohnbereiche entstehen in diesem Zusammenhang im Bahnhofsbereich.
Unter Preußen, aber vor allem nach der Reichsgründung entstanden viele noch heute ortsprägende Bauten im Zusammenhang mit dem Militär-Knaben-Erziehungsinstitut, so 1881 die Unteroffiziersvorschule (heute Altenpflegeheim II),1883 das Lehrerhaus (später als „rote“ Post bis zur Schließung durch die deutsche Bundespost genutzt; jetzt Wohngebäude), die Schlosskirche 1886, die Musikschule der Militärwaisenanstalt 1903 (heute Schule), das neue Lazarett (heute Altenpflegeheim I) 1907, das Stabsgebäude (heute Grundschule), und 1884 folgte der neue Speisesaal. Im gleichen Jahr wurde auch das parallel mit der Schlosskirche verlaufende Waschhaus errichtet. Diese Anstalt, die teilweise bis zu 700 Zöglinge aufnahm, wurde mit der ihr angegliederte Unteroffiziersvorschule 1921 aufgelöst.
Für die aus Schlesien und Süddeutschland zugewanderten Katholiken wurde 1895 die katholische Kirche in der Friedhofsstraße (Friedensstr.) geweiht. Die Eingemeindung des Ortsteils Neuhäuser erfolgte im gleichen Jahr. Die Straßen erhalten ihre Straßennamen, die Torgauer Straße, der Markt, die Schlossstraße, die Mittel- und die Hinterstraße, die Schulstraße, Bahnhofstraße nur die Mühlenstraße hieß Mühlenend, weil ja da noch das Stadttor stand.
In „Annaburg wachsen die Häuser wie Pilze aus der Erde“ wie Zeitzeugen berichten. Es entsteht zwischen der Friedensstrasse (damals Friedhofsstrasse) und dem Mühlenende das neue Siedlungsgebiet „Die neue Welt“. Diese Bezeichnung wird heute nur noch verwendet zur Bezeichnung des ab 1990 entstandenen Neubaugebietes auf dem Gebiet der ehemaligen Hofebreite. (siehe Karte v. 1905) Die vollständige Bebauung dieses neuen Siedlungsgebietes erfolgt aber weitestgehend erst in den 30iger Jahren des anschließenden Jahrhunderts.
1897 wird die Samendarre nach einem Brand in ihrer heutigen Gestalt errichtet. Annaburg zählt am Ende des Jahrhunderts schon 334 Wohnhäusern mit 875 Haushalten. Neben der befestigten (gepflasterten) Hauptstraße sind auch die Fußwege mit Mosaikpflaster befestigt worden (Torgauer Str. bis Mühlenend und Markt). Der bauliche und wirtschaftliche Aufschwung geht auch nach der Jahrhundertwende weiter. Es folgt 1902 der Kleinbahnanschluss Prettin-Annaburg. Die Konsumgenossenschaft Annaburg wird gegründet und eröffnet ihre erste Verkaufsstelle. 1903 wird das Steingutwerk vergrößert. 1905 beschloss der Gemeinderat die Chaussierung der Jessner- und Schweinitzerstraße in Annaburg.
Auch die heutige zusammenfallende Jugendherberge bei der Gaststätte zum Anker wurde in dieser Zeit erbaut und als eine der Ersten Einrichtungen ihrer Art eröffnet.
Der 1. Weltkrieg berührte Annaburg nicht direkt – er nahm ihr die männliche Jugend und brachte eine entbehrungsreiche Zeit. Der Hunger konnte durch die „Eigenproduktion“ landwirtschaftlicher Produkte gemindert werden. Die Arbeit meiste Arbeit blieb nun bei den Frauen hängen. Sie hatten ohne es zu wollen, zwangsemanzipiert, sich nun allein um Hof und Wirtschaft, Haus und Handwerk zu kümmern. Unsere Frauen wuchsen mit dieser Aufgabe – sie ließen sich in der Folgezeit nicht mehr ohne weiteres an den Kochherd zurück schicken.
Das rote Annaburg in der Weimarer Republik
Mit dem Ende des ersten Weltkrieges ging auch die Ära des Militär-Knaben-Institutes in unserer Stadt zu ende. Auch die Militärmusikschule wurde geschlossen. An ihrer Stelle wurde die private Musikschule von Max Rohr in der Holzdorfer Straße gegründet. Die Musikschule konnte als Schulgebäude für die Annaburger genutzt werden – zu mindestens bis zum Beginn des 2. Weltkrieges. Aus diesem Grunde gibt es in Annaburg eine Schulstraße in der nie eine Schule stand. Das Grundstück dort wurde durch die Stadt von der Bodenverwertungsgesellschaft in Halle erworben um hier für den gestiegenen Schulbedarf ein entsprechendes Schulgebäude bauen zu können. Der verlorene Krieg sorgte dafür, dass wie in anderen Städten auch, Kasernen oder andere militärische Gebäude zu Schulen umgebaut wurden.
Entsprechend den Beschlüssen des Versailler Vertrages musste auch die Annaburger Militärschule 1921 aufgelöst werden. Das Gebäude in Schlossnähe wurde innen umgebaut. Fortan wohnten für ein Jahrzehnt Annaburger Einwohner dort.
Mit dem ersten Weltkrieg und der nachfolgenden wirtschaftlichen Rezession kam die rasante Entwicklung in unserer Stadt zum erliegen. Zu den Problemen der allgemeinen Rezession in Deutschland kamen zusätzlich wirtschaftliche Probleme in unserer Stadt die durch die Schließung des Militär-Knaben-Erziehungsinstitut und der Unteroffiziersvorschule hervorgerufen wurden. Auch für die „Pendler“ unserer Stadt wurde es schwerer, da das Baugeschehen in der Reichshauptstadt Berlin anfänglich zum erliegen kommt. Viele Annaburger waren Arbeitslos und gingen auf unserem Markt „Stempel“. Alles zusammen führte zur wirtschaftlichen Stagnation und zur Erstarkung des politischen Einflusses der SPD und der KPD in Annaburg. Die Nationalsozialisten hatten es schwer im „roten“ Annaburg Fuß zu fassen.
Dennoch gründete sich 1928 der erste Stützpunkt der NSDAP in Annaburg, der von Herrn Winkler als Stützpunktleiter geführt wird. Bei der Reichstagswahl 1928 brachte sie aber nur 12 Stimmen für die NSDAP in Annaburg ein. Die „Bewegung“ ließ aber nicht locker. 1930 wurde durch „Volksgenossen“ Trautmann ein SA – Sturm in Annaburg gebildet. Auch trat die NSDAP in diesem Jahr erstmalig öffentlich im „Bürgergarten“ auf. Noch wurde sie von den „Roten“ in Annaburg nach der Veranstaltung verdroschen. Die angreifenden Arbeiter konnten durch den „Rechtsstaat“ verurteilt und eingesperrt werden. So ließ es sich drei Jahre später nicht aufhalten.
Annaburg in der Zeit des Nationalsozialismus – aus Rot wird Braun
Noch im Februar 1933 mussten Einheiten der SS-Standarte 72 aus Torgau in Annaburg marschieren, um den Kommunisten in Annaburg klarzumachen, dass die einmal errungene Macht im Staat nie wieder abgegeben wird. Erst am 8. März wird in Annaburg auf dem Rathaus die NS-Fahne gehisst. Bei der Gemeindewahl gelang es der NSDAP erst 5 Mitglieder in die Gemeindevertretung zu entsenden. Und dass obwohl KPD und SPD schon verboten war. Aber die politische Gleichschaltung erfolgte auch in Annaburg zügig. Dafür durfte Bürgermeister Richard Henze die „Vorzüge“ eines KZ kennenlernen und für diese Erfahrung auch sein Leben lassen. Weiter Annaburger folgten:
Wachtmeister Wilhelm Zschernikau; Molkereibesitzer Hermann Leidenfrost; Postvorsteher Reinhold Osteroth; Kaufmann Willi Knabe; Kurt Möller; Robert Wuslauk; sie alle verloren dort ihr Leben.
Jetzt konnte die Torgauer Straße zur Adolf Hitler Straße werden.
Das erste Arbeitsdienstlager des RAD entstand schon 1934. Bereits 1935 wurde das Arbeitsdienstlager vergrößert. Eine zweite RAD-Einheit wurde in Annaburg gebildet. Sie arbeiteten an der Melioration am Mollgraben in der Annaburger Heide. In Folge dieser Arbeiten verschwand der Schwanensee im Forstbereich Rosenfeld.
Nachdem der RAD für den „Mittelstand“ in Annaburg „Arbeit“ brachte, die „Störenfriede“ und Anhänger der Weimarer Zeit im KZ verschwunden waren, ging es auch mit der NS-Ideologie stetig in Annaburg bergauf.
Am 1. 11.1934 wurde in Annaburg die NS-Kulturgemeinde gebildet, der nach einem Jahr bereits 350 Mitglieder in Annaburg angehörten. Der wirtschaftliche Aufschwung kam aber trotzdem noch nicht zustande. Noch am 1. 5.1935 mussten noch 900 Lebensmittelscheine an hilfsbedürftige „Volksgenossen“ in Annaburg verteilt werden. Trotzdem entstand ein neues modernes Wohngebiet. Im April 1935 war die Grundsteinlegung für die Annaburger Siedlung „Hirschfeld“. 20 Siedler gingen daran sich ihr neues Heim zu schaffen. Es sind die ersten Häuser in Annaburg für die „einfache Bevölkerung“ mit fließend Wasser, Innenbad und Toilette. Die letzten Häuser haben Innenbad und Toilette erst nach ca. 60 weiteren Jahren bekommen. Im August 1935 wurde der Kreisappell der NSDAP in Annaburg abgehalten. Hier fanden Tagungen der PL (Politischen Leitung), der DA (Deutschen Arbeitsfront) und der NS Frauenschaft statt. Die Aufmärsche der NSDAP wurden begleitet durch den Musikzug der SS-Wachtruppe „Elbe“ aus Prettin (KZ-Lichtenburg).
Am 20.09.1936 wurde der Arbeitsstab des Reichsarbeitsdienstes von Zeitz nach Annaburg in das Stabsgebäude im Schlosskomplex verlegt.
Die Politische Leitung der NSDAP des Kreises Torgau führte im Oktober 1936 eine Schulung ihrer Verantwortlichen (Mitarbeiter der Kreis-PL, Obmänner, Ortsbeauftragte der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“, Betriebsobmänner usw,) in der Annaburger Jugendherberge durch.
Im Zeitraum 1936 bis 1938 wurde das Lufttanklager (WiFo) in Annaburg auf einer Fläche von 40 ha. errichtet. Mit den notwendigen Bauarbeiten wurden hiesige Baufirmen beauftragt.
Für die Beschäftigten wurden in der Züllsdorfer Strasse Wehrmachtstypische Siedlungshäuser gebaut. Annaburg zählt jetzt 4.027 Einwohner. Am Vorabend des 2. Weltkrieges erhält Annaburg 1939 das Stadtrecht zurück. Die Wehrmacht hält im August in unserer Region eine große Übung ab. Daran nehmen die Ponton-Pioniere und Stuka-Besatzungen teil. Diese Einheiten verlegen im Anschluss sofort an die polnische Grenze und werden dort bei der Eröffnung des 2.WK eingesetzt.
Noch im Ersten Kriegsjahr wurde am 2. April 1940 die Unteroffizier-Vorschule Annaburg neu aufgestellt. Sie wurde bereits am 31. März 1941 wieder aufgelöst. Die Gebäude werden für andere Zwecke benötigt. Auch das Gebäude der Sekundarschule wird wieder durch die Wehrmacht genutzt. Von 1941 bis April 1945 erfolgte der Schulunterricht bis zur 8. Klasse in dem Gebäude der ehemaligen Berufsschule am Markt.
Die Gebäude werden für Kriegsgefangene und deren Wachmannschaften benötigt. Anfänglich als Offizierslager (OfLag) für den serbischen Generalstab und wurde das Lager zum Stammlager für indische Kriegsgefangene (StaLag 4 DZ). Bis zum April 1945 befanden sich ständig ca. 1800 Inder der verschiedensten Völkerschaften (Hindus, Sikh, Gurkhas, Tamilen u.a.) im Gefangenenlager. Die Gefangenen wurden in Annaburger Betrieben, bei den Bauern der Stadt und Umgebung sowie bei wald- und Straßenarbeiten eingesetzt, um die fehlenden deutschen Arbeitskräfte zu ersetzen. Mit den zunehmenden angloamerikanischen Bombenangriffen auf deutsche Städte erfolgte in den letzten Kriegsjahren die Umstrukturierung der deutschen Kriegswirtschaft. So sollte in Annaburg auf dem Gelände des heutigen Sintolanwerkes (Annaburger Porzellanfabrik) eine Außenproduktionsstätten der Henschel-Flugzeugwerke Berlin und der Siebel-Flugzeugwerke Halle in zwei großen Hallen mit je 1600 m² eingerichtete werden. Hier arbeiteten u.a. von 8.01.-16.03.1945 die KZ-Häftlinge aus dem Außenlager Annaburg. Unter der harmlosen Firmenbezeichnung „Annaburger Gerätebau GmbH“ wurden Zulieferteile (Fahrgestell-, Abdeckrohre, Antriebsteile u.a.) für die Raketenwaffen V 1 und V 2 gebaut. Weiterhin sollte die Produktion von Tragflächen für Jagdflugzeuge aufgenommen werden. Doch zur Produktion kam es nicht mehr. Am 20. April 1945 kam es zum einzigen Luftangriff auf Annaburg. Die 564. amerikanische Bomberstaffel der 8. Luftwaffe griff das Lufttanklager der WiFo (Wirtschaftsforschungseinrichtung) in Annaburg an. Annaburg befand sich in den letzten Kriegstagen im April 1945 im Dislozierungsraum des XXXXVIII. Panzerkorps der Armee Wenck. Die Einheiten zogen über Torgau ab bevor sie Feindberührung mit den russischen Truppen hatten, welche in unseren Raum in Folge der südlichen Einschließung Berlins vorrückten. Die Besetzung Annaburg erfolgte um den 22.April 1945.
Annaburg im Nachkriegsdeutschland
Damit begann die Annaburger Nachkriegszeit ohne wesentliche Zerstörungen an Einrichtungen und Gebäuden. Der Sitz der 1. russischen Kommandantur 1945 war im Textilhaus Bortfeld jetzt „Dörte dies und das“ auf den Marktplatz.
Die Kaserne (ehem. Gefangenenlager) wurde von Ende Juli bis Oktober 1945 als Lager und Unterkunft für Flüchtlinge aus dem Sudetenland und anderen Ostgebieten genutzt. Unter Einbeziehung des Schlosses, der Turnhalle und anderen Gebäuden betrug die Gesamtflüchtlingszahl in Annaburg ca. 2.000 Personen. In der SBZ ging es sofort darum das normale Leben zu organisieren, Lebensmittel zu produzieren um die deutsche Bevölkerung zu ernähren damit die deutsche Reparationsleistungen sichergestellt werden. Die Betriebe, wie das Sintolanwerk, nahmen ihre Produktion wieder auf. Aus den Henschel-Werken geht die Annaburger Maschinenfabrik hervor. Schlosskirche und ehem. Handelstransport werden von der Maschinenfabrik genutzt. Es wurden z.B. Sackkarren, Handwagen, Schlitten, aus Gasmasken wurden Milchkannen angefertigt und die ersten Langholzwagen für Pferdegespanne hergestellt. Alle Besitzer landwirtschaftlicher Nutzflächen erhielten Produktionsauflagen. Wer seine Auflagen nicht erfüllte musste mit harten Zwangsmaßnahmen rechnen. Parallel lief die „Entnazifizierung“. Ehemalige Offiziere wurden unter Kontrolle gestellt und mussten sich wöchentlich in Torgau bei der Polizei und bei der russischen Kommandatur melden.
Bernd Hopke
Ortschronist
AnnaOffice©2020-12-29
Quellen- und Literaturhinweise:
- Edwin Kretzschmann, Auszüge aus dem Standregister der evangelischen Kirche zu Annaburg von 1794 bis 1896, Annaburger Amtsblatt 1994
- Edwin Kretzschmann, Historisch- statistische- Nachrichten über Lochau- Annaburg aus dem 16. Jahrhundert, Annaburger Amtsblatt 1999
- Verein f. Heimatgeschichte u. Denkmalpflege Annaburg (Hrsg.) Jagdschloß Annaburg – Eine geschichtliche Wanderung, Horb/Neckar 1994;
- Gründler, E.: „Schloß Annaburg“ Festschrift zur einhundertfünfzig-jährigen Jubelfeier des Militär-Knaben-Instituts zu Annaburg, Verlag von Oscar Haebringer, Berlin 1888
- Heintze, Otto: „Annaburg das Städtlein an der Heide“ Geschichtlicher Rückblick, aus gebundene Beilagen der „Annaburger Zeitung“ um 1930
- Duden, Grundwissen-Geschichte, Verlag Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG Mannheim 1996
- Annaburg, Fremdenverein »Annaburger Heide« e.V., o. J
- Günther, L. „Von Indien nach Annaburg“, Verlag am Park
- Redslob, B „Familienchronik des Berhardt Redslob“, Annaburg, Familienbesitz
- Geschichtlicher Rückblick von Otto Heintze 1938, privatbesitz
AnnaOffice©2020