einer Dorfschule
Über die Geschichte der Naundorfer Dorfschule wurden von den damaligen Chronisten folgende Informationen zusammengetragen:
Die Schule: In der Zeit des 30 jährigen Krieges wurde Montag vor Pfingsten die Schule von den Schweden niedergebrannt.Ein weiterer Brand 1668 vernichtete die Schule erneut, doch im gleichen Jahre begann man mit einem Schulneubau. Die alte Kirche wurde weggerissen, das Glockenhaus, was abseits stand, blieb stehen. Anstelle der Kirche wurde die jetzige alte Schule gebaut. Laut Besetzungsakte hatte Naundorf im Jahre 1776 eine Schule mit einem Lehrer, es war Hermann, der gleichzeitig noch Weber war. Dieser versah dann den Schuldienst bin zu seinem 50ig-jährlich Jubiläum, er wurde nun durch seinen Sohn Adolf Hermann abgelöst, um hernach nochmals zu unterrichten. Warum 1827 die Schule wiederum neu gebaut wurde, ist unbekannt. Fest steht nur, daß es ein kleiner Fachwerkbau war. Der Kurfürst von Sachsen war Schulpatron, die Schulstelle selbst wurde durch die Merseburger Regierung besetzt, die Kosten aber mußte der Ort tragen.
Bis zum Jahre 1893 war ein Lehrer angestellt, der gleichzeitig noch Küster, Kantor, Organist und Glöckner der Kirchengemeinde war. Die Kinder von Kol. wurden in Naundorf eingeschult. Waren es 1877, 146 Schüler, so war die Zahl 1883 auf 175 angestiegen. Ein zweiter Lehrer machte sich erforderlich und so stellte man 1893 Otto Conrad aus Paupitzsch bei Delitzsch an. Entsprach die Schule nicht den Anforderungen oder was veranlaßte die Verantwortlichen am 09. April 1894 an derselben Stelle die Grundsteinlegung wieder zu einer neuen Schule vorzunehmen? Betrug die Schülerzahl 1883 = 175, so hatte diese eine Stärke von 202 im Jahre 1894. Es ist fast anzunehmen, daß man so engstirnig bei jedem Schulbau war, daß nur die jeweils vorhandene Schülerzahl einkalkuliert, aber nicht an schwankende Schülerzahlen gedacht wurde. Das Richtfest dieser Grundsteinlegung fand am 09. Mai 1894, die Einweihung am 18. August 1895 statt. Die Unterstützung seitens der Regierung war sehr minimal. Für unsere Begriffe unfaßbar, daß am 01.11.1899 die alte Schule meistbietend zum Abbruch verkauft wurde. Nehmen wir den Preis zur Kenntnis 17 Groschen (Silbergroschen im 19. Jahrhundert = 1/3o Taler =12 Pfennig). Hinsichtlich des Unterrichtes wird mitgeteilt, daß montags u. donnerstags kein Unterricht abgehalten wurde und dies im Jahre 1900. Als Aushilfslehrer werden Nussbäcker (aus) Labrun u. Krause (aus) Annaburg genannt. Pastor Hachtmann unterrichtete vom 04. März 1901 an 12 Std. in der Unterstufe, freitags Lehrer Müller (aus) Annaburg 6 Std. in der Mittelstufe. Die Lehrer Ludwig (aus) Labrun, Pötzsch (aus) Bethau, Röller (aus) Annaburg und Nußbäcker, bestritten den Unterricht. Mit dem 01.04. wurde dann die zweite Lehrerstelle durch Ernst Dieckmann besetzt. Ein Lehrerwechsel sollte zum 01.07.1907 sich vollziehen, doch dieser zog seine Bewerbung zurück und mit dem 14.10.1907 trat Lehrer Jodecke in den Schuldienst ein. 1908 zählte man 226 Schüler. Die Klassenfrequenz zeigte folgendes Bild: 1. Kl. = 75 (6. - 8. Schuljahr), 2. Kl. 68 (3- - 5. Schuljahr), 3. Kl. = 84 Schüler (1. u. 2. Schuljahr). Lehrer Dieckmann rückte als Einjährig-Freiwilliger ein und Bruno Bär aus Roitzsch wurde am 16.10.1908 eingeführt. Die Schülerzahl war auf 230 angewachsen. 1910 Lehrerwechsel. Willy Zwiebel für Bär. In Beantwortung einer Anfrage, ob der Kirchhof für einen Schulneubau in Frage käme, dies wäre erst nach 40ig-jährlicher Schließung möglich. Somit wurde dann vom Schulverband am 09.03.1909 der Beschluß gefaßt ein neues Schulhaus mit Klassen und Lehrerwohnung auf dem Wege zwischen Kirchhof und bestehendem Schulgehöft auf dem Kinderspielplatz zu errichten. Protokollarisch wurde am 31.03. festgelegt, eine neue Klasse und für einen verheirateten Lehrer Wohnung auf dem Spielplatz zu bauen, die Vorderfront zur Straße stehend. Beginn des Neubaues 17. April,1910 2 Jahre später am 13.06.1912 das Richtfest. Man schrieb den 19. April 1913 als das neue Schulhaus nach 4-jähriger Entstehungsgeschichte seinem Zwecke übergeben werden konnte. Die Schülerzahl 243. In einem Schreiben vom 30.12.13 regte der Landrat an, im Ort eine obligatorische (zwangsmäßig) landwirtschaftliche Fortbildungsschule zu errichten. Einstimmige Beschlußfassung, der Schulbeginn sollte das Winterhalbjahr 1914/15 bilden. Lehrer Jödecke wurde Hauptlehrer und am 01.04.1914 erfolgte die Einführung Franz Leonhardts. Die Schule zählte 1914 = 259 Schüler.
Über die Auswirkungen des 1. Weltkrieges auf den Schuldienst erfahren wir folgendes:
Seit dem 01. April 1915 versah Lehrer Jödecke allein den Schuldienst, da Leonhardt und Zwiebel einberufen waren. Leonhardt am 27.08.15 auf dem gallizischen Kriegsschauplatz verwundet, wurde zum Reservelazarett Görlitz abtransportiert. Nach seiner Genesung vertrat Leonhardt dienstags und freitags in der Schule Bethau. War 1914 die elektrische Lichtleitung der 2. Klasse und Lehrerwohnung gelegt, so folgte 1917 die Lichtanlage der 3. Lehrerwohnung. Die Schülerzahl betrug 255. Am 11.04.1917 wurde Lehrer Jödecke zum Heeresdienst eingezogen, Leonhardt wurde sein Vertreter. Die Schulsparkasse zeichnete einen Betrag von 2 100 M für die 6. Kriegsanleihe. Mit dem 30.09.1917 scheidet Leonhardt aus und am 01.10.1917 tritt Fritz Ihlenburg ein. Lehrer Zwiebel verstarb am 17.10.1918 im Feldlazarett.
Jetzt folgt die wechselvolle Zeit in der Weimarer Republik und in der Vorkriegszeit während der NS-Zeit:
Im nächsten Jahre am 01.02.1919 wurde dann Bruno Moritz als 3. Lehrer eingeführt und am 01.12.1919 folgte noch Lehrer Arthur Baak. Zum 01.04.1920 kam letztgenannter der Versetzung nach Halle nach. Frau Falkenhain erteilte ab 01.12.1921 den Handarbeitsunterricht. Die Schülerzahl verringerte sich auf 209 Kinder. Die Einschulung wurde 1926 vom 30. Sept, auf den 30. Juni vordatiert, 9 Kinder vorzeitig eingeschult.Nach 28 Jahren vom 04. - 05.07.26 wieder ein Schulfest gefeiert. Festplatz war die Köhlersche Wiese. Niedergang eines starken Gewitters. Montags mußte der Umbau auf den Gemeindeplatz erfolgen. Am gleichen Tage frühnachmittags wieder ein Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen, die Dorfstraße stand innerhalb kurzer Zeit beiderseits unter Wasser, auf der Festwiese 1/2 m hoch. Das alte Schulhaus erhielt eine Blitzschutzanlage. Die Schulfeste wurden nun wieder regelmäßig abgehalten. Am 16.10.1932 erfolgte der Austausch der Bodenfläche zwischen Kirche und Schule in gesamter Fläche. Schule-Kirchenland, Kirche-Schulland.
Der 2. Weltkrieg beginnt am 01.09.1939 und dauert bis zum 08.05.1945 er kostet in Europa 39,6 Millionen Menschen das Leben, davon waren über die Hälfte Sowjetische Staatsbürger! Sie waren gefallen oder durch Kriegseinwirkungen oder durch Konzentrationslager umgekommen. Über diese Zeit wird hier in der vorliegenden Chronik berichtet:
Im Zuge des Polenfeldzuges 1939 musste der Unterricht aussetzen. (Tieffliegergefahr) 1940 trat Lehrer Haak krankheitshalber in den Ruhestand. Auch Lehrer Jodecke erkrankte 1941, so daß noch durch den längeren Erholungsurlaub eine starke Unterrichtskürzung erfolgen mußte, da nur noch eine Lehrkraft. Erst nach den Herbstferien wurde die Abiturientin Marga Grönegras aus Bad Salzuflen als Schulhelferin angenommen. 1942 wurde eine Schulküche eingerichtet. An Schulhelferinnen wirkten an der Schule: Ingeborg Schönemann, die Arbeitsmaid Betrix Gardes und Brigitte Bohn. In Anbetracht der umquartierten Familien betrug die Schülerzahl 219, davon waren 156 Naundorfer Kinder, 63 Gastkinder von diesen wiederum 42 aus Berlin. Am 13.12.44 kamen nochmals 16 Kinder aus den Westgebieten hinzu. Durch den Umzug Lehrer Moritz in das eigene Grundstück wurde am 17. Okt. 1944 eine Lehrerwohnung frei. Vom 05.04.45 an waren die Schulräume von der Wehrmacht belegt. Lagerung von Lebensrnittel. Der Unterricht wurde nun im Jugendheim und der Schulküche erteilt. Am 17.04. mußte die Schule wegen Tieffliegergefahr geschlossen werden. (Beschuß des Kleinbahnzuges)
Auch wenn das Datum „22.05.45“ ein Fake-old ist. Der Einmarsch der Roten Armee soll ja erst an diesem Tage erfolgt sein. Selbst wenn an diesem Tag schon eine Kommandantur in Naundorf eingerichtet wurde, mit der Weiterführung der Schule wird sie sich nicht gleich beschäftigt haben. Ein großer Teil der Bevölkerung war auch aus Naundorf über die Elbe geflüchtet. Möglich, dass von den noch anwesenden Dorfbewohner die Kinder gewohnheitsgemäß zur Schule gegangen sind und die Lehrkräfte, soweit vorhanden auch unterrichtet haben. Aber dann ohne sowjetischen Kommandantur-Befehl – höchstens mit deren Duldung. Es gab für sie wichtigere und dringendere Aufgaben, es war ja noch Krieg. Klare Anweisungen erhielten die örtlichen Kommandanturen zur Weiterführung von Schulen erst Anfang August, was dann zu ihrer einstweiligen Schließung führte. Zu diesem Thema interessant ist der Zeitzeugenbericht von Ernst Gräfe aus Kolonie.
Ab 22.05.45 ordnete die russische Kommandantur an den Unterricht wieder aufzunehmen. Neueinstellungen der Lehrer Jödecke, Moritz und Köhn. Zur Zeit waren aber noch keine Schulbücher vorhanden, nochmalige Schließung der Schule ab 06. August. Die endgültige Wiederaufnahme des Unterrichtes mit dem 01.10.1945. Im Februar des folgenden Jahres wurde der aus der Gefangenschaft nach Naundorf gekommene Lehrer Arthur Groschwald mit der Schulleitung beauftragt, (gebürtig aus Gablons-Sudetenland, waren seine Eltern und Frau aus der CSSR nach hier evakuiert) Das Schuljahr 1946/47 wurde am 02.09.1946 mit 214 Kindern eröffnet, die Amtsgeschäfte der Schulleitung an Groschwald übergeben. Als weitere Lehrer Moritz, Neulehrer Ruth Sofke, Werner Schubert und Walter Hoffmann. Zum 18.10.1948 gehen Ingeborg Schönemann und Hoffmann nach Annaburg. Die Schule wurde 1948 Mittelpunkt eines kleinen Schulbezirkes mit den Grundschulen Plossig und Lebien. Ein weiterer Klassenraum kam hinzu. 1949 erfolgte dann die Vermögensrechtliche Trennung zwischen Schule und Kirche. Hierbei wurden die Grundstücksparzellen von Kirche und Schule ausgetauscht. Die Kirche erhielt 2/3 des Schulackers, dabei fiel der politischen Gemeinde der bei der Schule liegende Garten, alter Friedhofsgrund, zu. Die Schülerzahl beträgt 188. Schulamtsbewerber Erhard Stamm tritt ein. Im März 49 erfolgte auch die Gründung der "Jungen Pioniere".
Am 30.12.49 wurde der Beschluß gefaßt, da die Schule 4 Lehrer hat, auch 4 Klassenräume zu schaffen. Zwei Wohnräume der 1. Lehrerwohnung sind zu einem Klassenraum zu vereinigen und einzurichten. 1950 beschlossen die Eltern vom 5. Schuljahr aufwärts die Überführung der Kinder laut Schulreform in die Zentralschule Annaburg vorzunehmen. Lehrerwechsel: für Gertraud Jodecke, Ewald Däumichen — Schubert nach Axien - Waltraud Münter nach hier. Am 01.06.1950 besuchen 101 Kinder die Schule. 1954 kam Bruder - Ingeborg Wagner und ab 10.09.1954 Karl Breitbart in den Schuldienst. 1957 begründet auf die Überführung ergab sich nun eine Schülerzahl von 57 Kindern. 1958 trat für den scheidenden Karl Breitbart - Rosemarie Schöbel/Höppe in die Schule ein. Mit dem 01.01.1960 erhielt die Schule einen Schulhort. 1962 betrug die Schülerzahl 92 Kinder, Frau Ingrid Belding kam als 4. Lehrerin nach hier. Den Werkunterricht erteilen Frau Ruth Ernst und Willi Gräfe. Mit Schulbeginn 01.09.64 wurde ein Werkraum auf dem Gehöft Roick geschaffen. Mit dem Ablauf des Schuljahres 64/65 scheiden Frau Belding und Bruno Moritz aus. Erstgenannter geriet mit ihrer bisherigen 4. Klasse nach Annaburg. Herr Moritz, da er bereits 1964 die Altersgrenze erreichte. Er kann nun auf eine 46 1/2 Jährige Lehrtätigkeit zurückblicken, fast alle Jahre bis auf die Annaburger Schuljahre, in Naundorf gewirkt. Fast ein halbes Jahrhundert erzog er die Naundorfer Kinder, fast ein halbes Jahrhundert an derselben Schule. So soll ihm auch in der Ortschronik eine bleibende Erinnerung zuteil werden und der Dank für seine unermütliche Schaffenskraft gesagt werden. In seiner Lehrtätigkeit, sah er sein Ideal, sein Lebenswerk, er war Lehrer aus Leidenschaft, um sein Wissen an die Kinder weiterzugeben.Zurückblickend muß festgestellt werden, es hat sich nicht nur die äußere Form gewandelt, sondern auch das Bildungs- und Erziehungsziel. Die Schule diente in früherer Zeit kirchlichen Zwecken, darunter das Lehren von Lesen, Schreiben und etwas Rechnen und Singen. Gelesen wurde die lateinische Bibel, darum auch Latein die Schreib- und Lesenschrift. Später kam es der weltlichen Macht darauf an, brave Untertanen zu erziehen, somit kam zum Lesen, Schreiben (seit Luther in deutscher Sprache) Rechnen und Singen noch Geschichte (der Fürstenhäuser) und Erdkunde hinzu. Im Zeitalter des Beginns der Mechanisierung und der Technisierung wurden weitere Fächer Naturkunde und -lehre aufgenommen. 1936 vollzog sich dann die Trennung zwischen Kirche und Staat. Die religiöse Bildung und Erziehung wurde an die Religionsgemeinschaften abgetreten. Naturwissenschaftliche, mathematische Fächer spielen in der heutigen Schule eine große Rolle. Als Fremdsprache wird russisch ab 5. Schuljahr gelehrt. Das Erziehungsziel soll der allgemeingebildete Mensch, der für Fortschritt, für den Frieden und den Sozialismus wirkt und schafft, sein. Ein weiterer Unterschied ist, mußte einmal Schulgeld bezahlt werden, da es Ja einen Teil der Lehrereinkommen bildete, so besteht heute gleich an welcher Bildungsstätte, ob Hochschule oder Universität, Schulgeldfreiheit. Die Besoldung und die sachliche Anschaffungen trägt der Staat. Welche Geldmittel werden für den Schulbusverkehr, den Anschaffungen der Lehrmittel, für die Freiexemplare von Schulbüchern, für die Ferienspiele, die Schulspeisung usw. bereitgestellt. Für die Schüler der 9. und 10. Klassen wird ein Stipendium gezahlt.
Hier enden die Aufzeichnungen zur Schulgeschichte in der Chronik von Groß Naundorf.
BERND HOPKE
ORTSCHRONIST
AnnaOffice©2024-03-29
Quelle: Zweite Chronistin Magda Miething; Chronik der Gemeinde Naundorf; 70iger Jahre, abschriftlich B. Hopke 2024-02-15