Vergessene Friedhöfe, die Gefährlichkeit von Wassergräben und andere Moritaten
Am Stadtrand, vor dem Waldrand nach Löben zu, befindet sich der Schützenplatz. Gleich daneben finden wir den Pechberg. Vor nicht allzu ferner Zeit befand sich hier der Müllplatz der Stadt Annaburg. Er breitete sich da aus, wo von 1763 bis 1921 der Begräbnisplatz des ehemaligen Militär-Knaben-Erziehungs-Instituts sich befand. In dieser Erde ruhen 412 Zöglinge, Menschen denen nur ein sehr kurzes Leben vergönnt war. Heute erinnert wenigstens ein schlichtes großes Holzkreuz an den einstigen Friedhof.
Der Pechberg, seinen Namen nach trägt er die Erinnerung an die sehr alte Beschäftigung des Pechsiedens, welches man hier nachgegangen war. Das Pechsieden am Pechberg muss schon sehr lange zurückliegen, die letzte urkundlich nachgewiesen Pechhütte von Annaburg befand sich im Zschernick in mitten der Annaburger Heide. Diese gab es hier noch bevor die Heidemühle erbaut wurde.
Friedhof der Namenslosen
Nichts dagegen erinnert an den ehemaligen „Friedhof der Namenslosen“, die Begräbnisstätte der in der Heide aufgefundenen Toten, deren Persönlichkeiten nicht ermittelt werden konnten. Sie stammt aus dem vorvorigen Jahrhundert und liegt rechts von der hohen Straße kommend neben unseren heutigen Waldfriedhof.
Folgt man jetzt der Straße nach Löben muss man nach ca. 400 m eine Brücke queren. Im Volksmund heißt sie seit langer Zeit „Mannversoffen-Brücke“. Das bedeutet nicht dass hier ein besoffener Mann ertrunken ist. Sondern der Name geht auf eine Begebenheit zurück wonach 1784 ein gewisser Güntzel, der auf einem Schubkarren Butterhandel betrieb hier an dieser Stelle im Wasser ertrunken tot aufgefunden wurde. Wie es zu dem Unfall kam konnte wohl nicht aufgeklärt werden.
Sind Personen, wo man meist nicht wusste oder sehen konnte woran sie gestorben sind, in der Annaburger Heide Tot aufgefunden wurden brachte man es meist mit bösen Geistern in Verbindung. Der Aberglaube, oder besser der Glauben aus vergangenen Zeiten hieß den Menschen an diesen stellen Fürbitte an die Waldgeister zu nehmen – man legte einen grünen Zweig nieder, schließlich weiß man ja nie ob das Schicksal einem gut gesonnen ist. Das Ablegen dieser Zweige nahm, zumeist in der Heidelbeerenzeit solche Ausmaße an, dass man die so entstandenen Reisighaufen verbrennen musste, damit sie nicht zu einem Verkehrshindernis wurden.
Eine dieser Stellen lag an dem Waldweg von Annaburg (Straße nach Löben – Abzweig ins Sperrgebiet)) nach Arnsnesta, etwa in 5 km Entfernung an den faulen Gründen gelegen.
Hier soll nach der Sage nach ein Fischer die Straße häufig begangen haben. Eines Tages wurde er an dieser Stelle tot aufgefunden. Auch in diesem Fall blieb die Todesursache im Dunkeln. Nun wurden auch hier der (Un)Sitte entsprechend Zweige niedergelegt. Um der Ausartung dieser alten Sitte vorzubeugen hat der damals zuständige Förster Schmidt aus Meuselko im Jahr 1913 hier ein hohes Holzkreuz mit einem eingeritzten Kahn errichtet. Der Zweck konnte erreicht werden und es wurden nur noch kleine Zweige niedergelegt. Heute steht hier ein bereits erneuertes Holzkreuz, aber ohne Beschriftung und Boot.
Weit im Sperrgebiet, an der ehemaligen Kaserne vorbeiführende Betonstraße, kurz vor dem Bahnübergang steht gleichfalls ein großes Holzkreuz. Dort finden wir eine Innschrift „Toter Mann“ können wir darauf lesen. Der Sage nach, soll hier ein Mann erschlagen worden sein. Ob von einem Baume oder von Mörderhand, ist dem Worte nach nicht klargestellt. In den nahen Waldranddörfern, Mahdeln, Züllsdorf, Buckau und Rahnisdorf ging im vorigen Jahrhundert vom „Toten Mann“ der Volksspruch um: „Für siebzehn Pfenn’g und etwas Brot schlug man hier einen Menschen tot“. Auch an diesem Kreuz war es damals Brauch einen Zweig niederzulegen. Seit 1999 ist die betreffende Stelle wieder mit einem Holzkreuz versehen und dadurch leicht auffindbar. Der Forstwirt Hanisch, Thilo hat dankenswerterweise mit Fleiß und Geschick dieses Holzkreuz neu gefertigt und aufgestellt.
Im Zusammenhang mit einem großen Waldbrand steht ein weiteres Holzkreuz, welches sich an der Straße Annaburg – Züllsdorf des heutigen Standortübungsplatzes auf Höhe der Höllenwiesen befindet. Das trägt den Namen: „Forstmeister-Kreuz“ und greift zurück auf Ereignisse aus dem Jahr 1659. Am 10.05.1659 brach ein Waldbrand an dieser Stelle aus und forderte als Opfer den damaligen kurfürstlichen Forst- und Wildmeister Martin Rohrwacher der zum Löschen in die Annaburger Heide mit seiner Kutsche fuhr.
Ein einsames Grab mit der Inschrift „Franzosengrab 1813 – 1913“ findet man in der Annaburger Heide im Forstrevier Kleinesee an der Straße von Zwethau nach Züllsdorf.
Dieses Grab erinnert an Geschehnisse in der Annaburger Heide vor über 200 Jahren. Nach der Schlacht bei Dennewitz am 6. September 1813 flüchteten die Truppen von Marschall Michel Ney, welche durch die preußischen und russischen Truppen bis nach Torgau verfolgt wurden, auch durch die Annaburger Heide. Jahrzehnte später (1913) fand man beim Fällen einer hohlen Eiche ein, noch in einer französischen Uniform steckendes, Skelett. Vor allem der vorgefundene Brustharnisch vermittelte den Eindruck, dass sich der Franzose damit im hohlen Baum verklemmt hatte und deswegen sich auch nicht mehr befreien konnte. Die menschlichen Überreste wurde am Fundort begraben.
Die Pflege des Franzosengrabes wurde jahrzehntelang während der militärischen Nutzung des Geländes vernachlässigt. Herrn Dr. Landschreiber aus Beilrode ist es zu verdanken, dass im Jahr 1998 der heutige Zustand hergestellt wurde. Er wurde dabei durch die Herren Kessler und Gebauer bei der praktischen Umsetzung tatkräftig unterstützt.
Aus Arnsnesta kommend über die alte steinerne Brücke über die Schwarze Elster auf dem heutigen Gebiet der Stadt Annaburg, am ehemalige Forsthauses „Arnsnesta“ vorbei 0,7 km in die Annaburger Heide hinein – dort befindet sich auf der rechten Seite ein Holzkreuz. Das dortige Kreuz ist mit schmucken Birken umgeben und trug die kurze Inschrift: „Simon, V 21.9.1877“. Herr Simon war zu Lebzeiten ein ehrsamer und gewissenhafter Bahnarbeiter aus dem Ort Arnsnesta, der ging am Morgen des 21.09.1877 zu seiner Arbeitsstelle, der nahen Blockstelle der Jüterboger – Falkenberger Bahnstrecke. Seine Arbeitskollegen sahen ihn schon kommen, da bog er unvermittelt von der Rechten nach der linken Wegseite und lief in den Wald. Als er nicht auf seiner Arbeitsstelle erschien, sah man nach einiger Zeit nach ihm und er wurde am Boden sitzend angelehnt an einer Kiefer tot aufgefunden. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein Ende gesetzt. Die Kiefer wurde mit dem Todestag bezeichnet und als sie gefällt wurde, hat der damalige Revierförster Herr Koch aus Arnsnesta das „Simons-Kreuz“ setzen lassen, um der Nachwelt die Todesstätte zu erhalten und damit sich keine falschen Legenden bilden können.
Ich habe versucht diese Stelle zu finden, doch leider ich fand sie nicht, dieses Kreuz wurde wohl nicht wieder erneuert.
Haack-Eiche
Oder eigentlich auch die Haack-Kreuz. Dabei handelt es sich nicht um eine Moritat aus der Annaburger Heide, es handelt sich dabei eher um ein Denkmal. Dieses Denkmal hat sogar was mit der Samendarre zu tun. Zu finden ist es vom Zschernick kommen 300 m nach der Hegeholzbrücke über den Neugraben auf der linken Neugrabenseite steht die Eiche an deren Fuß das Kreuz sich befand (?). Gewidmet:,
„Zum Andenken an den königlichen Oberförster Friedrich Haak geb. 27.01.1874 gef.20.02.1917; Oberleutnant und Kompanieführer des Jäger Bataillon 7 – An der Düna ruht er auf dem Heldenfriedhof“.
Das Denkmal ist am 05.05.1917 auf Veranlassung des Oberförsters Stubenrauch vom Forstamt Annaburg, der damals auch das Forstamt Thiergarten mit verwaltete, entstanden. Haack war ab dem 01.10.1903 Leiter und später auch Verwalter der damals erst gebauten Samendarre in Annaburg. Hier hat er sich vor allem verdient gemacht in der wissenschaftlichen Begleitung der Gewinnung brauchbarer Kiefersamen und deren Behandlung um eine größtmögliche Keimfähigkeit zu erzielen. Mit anderen Wort – er hat die Grundlagen der Arbeitstechnologien geschaffen, nach deren heute noch unsere Darre arbeitet. 1912 wurde er Verwalter der Oberförsterei Thiergarten und der dazugehörigen Samendarre. Dieses Kreuz wurde wohl nicht mehr erneuert, man würde es heute vergebens suchen, aber eine der Eichen am Neugraben ist die Haack-Eiche vor der einst das Kreuz errichtet wurde.
Der große Stein bei Arnsnesta
An der Südostecke der Annaburger Heide führt eine Straße nach Premsendorf. In ca. 900 m Entfernung vom Ortsausgang steht links am Wegesrand ein etwa 35 cm hoher Stein mit der Inschrift: „A.G. 1737“. Er steht hier in Erinnerung von Andreas Große, der im Jahre 1737 beim Fällen eines Baumes von dessen Krone erschlagen wurde.
Das Pötzsch-Kreuz
Gleiche ist über das mittig zwischen Bank- und der Bretzelbrücke befindliche früher mit Zaun eingefasste Holzkreuz, welches hier auf einem kleinen Hügel stand. Es erinnerte an den Holzschläger Herrmann Pötzsch aus Mahdeln der an dieser Stelle am 23.12.1935 beim Holzfällen durch einen plötzlich abgebrochenen Ast erschlagen wurde.
Bernd Hopke
Ortschronist
AnnaOffice©2020-12-29
Quellen: Otto Heintze „Die Annaburger Heide“; Verlag Steinbeiß; von 1938; Gründler, E.: „Schloß Annaburg“ Festschrift zur einhundertfünfzig-jährigen Jubelfeier des Militär-Knaben-Instituts zu A3nnaburg, Verlag von Oscar Haebringer, Berlin 1888 Karte Nachzeichnung (18. Jh): Lochische und Seydische Heide mit den umliegenden kleineren Wäldern und Gehölzen, 1556, im Sächsisches Staatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Nr. Schr 006, F 080, Nr 013; Karte der Annaburger Heide, 1633, Sächsisches Staatsarchiv, 12884 Karten und Risse, Nr. Schr 003, F 044, Nr 001;
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