Das Vorgängerschloss in Lochau
Dieses Vorgängerschloss bestand aus einer Ansammlung verschiedener Gebäude die durch Wehrbauten und/oder Wendelsteine unter- und miteinander verbunden waren bzw. wurden. Charakteristisch waren die typischen Ausladen, Erker und Zwerchhäuser in den oberen Etagen und Dachfronten. Bereits 1445 sind die meisten der Wirtschaftsgebäude aus dem alten, schon als Schloss bezeichneten Gebäudeensemble ausgelagert worden. Daher kann man von einem separaten Vorschlossbereich schon zu dieser Zeit ausgehen. Ausschmückung erfolgte im Innenhofbereich, die Außenfront diente traditionell der Verteidigung.
Schlossbeschreibung 1486
Detaillierte Informationen zum alten Schlossaufbau lieferten mir Thomas Lang in seinem noch unveröffentlichten Material. Danach bestand das Lochauer Schloss beim Regierungsantritt Friedrichs des Weisen aus mit dem von Graben und Zugbrücken umgebenen Wohnschloss und einem Viehhof mit einigen Wirtschaftsgebäuden. Im Umfeld lagen die Jägerhäuser und die Vogtei. An Wohnhäusern für den Hof werden die Fürstengemächer Friedrichs und Johanns in zwei Türmen sowie die Gemächer Erzbischof Ernsts in einem dritten Turm genannt. Vermutlich befand sich unten in diesem dritten Turm auch ein Gefängnis. Die Schlosskapelle ist 1485 erneut geweiht worden und erhielt Ende der 1480er Jahre einen neuen Altar mit Schnitzretabel und einfachem Gestühl. Der dahinter gelegene Turm ist in den 1490er Jahren dem Umbau zum Opfer gefallen. Weiterhin existierten schon das Haus mit der Hofstube und das alte Haus mit zwei Stuben, neben dem Turm des Erzbischofs. Eines der Fürstengemächer im Turm befand sich über dem alten Torhaus. Tischler erneuerten die Ausstattung der Fürstengemächer noch vor 1490, zogen u. a. separate Gemächer ein. Erzbischof Ernst von Magdeburg erhielt sogar einen Betthimmel aus bedruckten Tüchern. An höfischer Ausstattung werden neben einer reparaturanfälligen Turmuhr (seyger) und den häufig an andere Orte verschickten Hirschgeweihen, kaum weitere Besonderheiten erwähnt.
Die Wirtschaftsgebäude lagen zumindest teilweise in einem gesonderten Viehhof vor dem Schloss. Dorthin folgte die bald ersetzte Vogtei samt Kammer für die Knechte und den Stall des Heidevogts, ein schindelgedecktes Kornhaus, eine Heuscheune, ein Marstall mit Stube, eine selten benutzte Schmiede. Unsicher bleibt, ob sich auch die Küche, das Brauhaus, der Keller außerhalb des Hauptschlosses befanden. Außerhalb befanden sich das Mägdehaus mit eigener Milchkammer und Gesindeküche, sowie das Viehhaus mit Stube im Viehhof. Dabei bildeten das Haus für die Jäger samt dem Netzhaus (1) (für Jagd- und Vogelfangnetze) und den Hundeställen einen eigenen Komplex (Reitzensteingutshof). Der Stuten- und Fohlenstall (2), der noch bis 1502 in Lochau befindlichen Nebenzucht, befand sich im eigenen Stutenhof (der späteren Domäne/bzw. Käserei von Mutter Anna).
Würz- und Küchengarten (4), Wolfsgarten (3) und ein einfaches Schießhaus (4) soll es wohl auch schon beim Vorgängerschloss gegeben haben.
Nach einer längeren Umbauphase entstand aus diesem „Schlosskomplex“ das Lieblingsschloss Friedrich des Weisen.
BERND HOPKE
ORTSCHRONIST
AnnaOffice©2023-05-17
Quelle
- Thomas Lang; Auszüge zum Jagdschloss Lochau aus dem Manuskript seiner Dissertation über die ernestinische Hofhaltung im ausgehenden Mittelalter im Übergang zur Neuzeit; unveröffentlicht 2022;
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Prof. Stephan Hoppe; Anatomie einer frühen „Villa“ in Mitteleuropa 2015;