Renaissancefürstin Anna von Sachsen – Landesmutter mit Herz und Verstand (1532-1585)Zweiunddreißig gemeinsame Jahre nach dem Motto:
"Die Natur hat dem Fürsten nicht allein einen Kopf gegeben, sondern auch Hände verliehen."
Im Schloss des kursächsischen Torgau herrscht Festtagsstimmung. Im großen Saal ist ein Prunkbett aufgestellt und mit einem „güldenen Tuch“ bedeckt. Ein in Damast und Brokat gekleideter junger Mann wird hereingeführt. Er ist der Bräutigam. Zwei Kurfürsten geleiten ihn, und nachdem die prächtige Bettdecke zurückgeschlagen worden ist, „hat sich der Bräutigam darein gesetzet“. Dann nähert sich die Braut. Sie trägt die züchtige deutsche Tracht: ein reichgefältetes Kleid mit bauschigen Ärmeln, hochgeschlossen bis an die Halskrause. Auch sie ist in Begleitung hoher Herrschaft, die „die Braut bis zum Bett geleitet und allda zum Bräutigam ins Bett gelegt“. Danach tritt ein Notar hinzu, und indem er die junge Frau ihrem Gatten anempfiehlt, ist die Ehe rechtsgültig geschlossen. Sie ist sechzehn, er dreiundzwanzig Jahre alt. Am nächsten Tag folgen die kirchliche Zeremonie und ein Fest, das mit Speis und Trank, Turnieren und Kriegsspielen vier Tage lang dauert. Zum Schluss wird ein gewaltiges Feuerwerk abgebrannt mit Hunderten von Feuerkugeln, mit Geschützdonner und einem riesigen Feuerrad auf der Elbe. So prachtvoll beginnt die zweiunddreißig Jahre dauernde Ehe zwischen Anna von Dänemark (1532-1585) und Herzog August von Sachsen (1526-1586).
Die Braut aus dem Norden gilt als äußerst gute Partie, denn sie ist die Tochter des dänischen Königspaares. Schlank und hochgewachsen hat Lucas Cranach d.J. sie gemalt, mit blauen Augen, blonden Haaren und einem entschlossenen Gesichtsausdruck. Dass sie am 7. Oktober 1548 den bei weitem nicht ebenbürtigen August heiratet, den jüngeren Bruder den sächsischen Kurfürsten Moritz (1521-1553), hat weniger mit Liebe als mit Politik zu tun. Herzog August hat seinem älteren Bruder zwar ein gutes finanzielles Auskommen abgehandelt, doch von der Macht bleibt er ausgeschlossen- bis Moritz nur fünf Jahre nach der Hochzeit von Torgau in einem Gefecht fällt und August seine Nachfolge antritt. Dabei erbt er zwar einen Haufen Schulden, und auch die wirtschaftliche Lage Sachsens ist nicht gerade rosig, doch das soll sich unter dem neuen Kurfürstenpaar ändern!
Die Ehepartner sind strebsame Protestanten, orthodoxe Lutheraner, die ihre Herrschaft als gottgewollt interpretieren und sich als Haushaltsvorstände „Mutter Anna“ und „Vater August“ verstehen, die gütig und streng auf das Wohl der Untertanen bedacht sind. Ihre Hofhaltung ist vergleichsweise sparsam, die Ausgaben werden penibel kontrolliert und eine Hofordnung sorgt für eine funktionierende Verwaltung. Viele ihrer Unternehmungen sind geprägt von einem rationalen, wirtschaftlichen Denken, was sich auch zum Wohl der „Landeskinder“ auswirkt: Unter Anna und August von Sachsen erlebt das Land eine Phase des Friedens und des wirtschaftlichen Aufschwungs, wobei man den Anteil der Kurfürstin daran nicht hoch genug einschätzen kann.
Diese wirklich schöne und zusammenfassende Beschreibung des Lebens und Wirkens unserer „Mutter Anna“ ist fast wörtlich zu finden in dem Buch Süchtig nach grün – Gärtnerinnen aus Leidenschaft von Renate Hücking, erschienen im Piper – Verlag. Unter der Überschrift „…einen Wagen voll grüner Spicanardi (eine Lavendelart)-Die Gartenlust der Renaissancefürstin Anna von Sachsen“ erfährt man viele Details über die zahlreichen Aktivitäten der Kurfürstin und Ihr Leben am sächsischen Hof.
So vielfältig die Interessen Annas waren, so zahlreich sind auch die Veröffentlichungen über Ihr Leben. Wir werden in den nächsten in Ausgaben des Amtsblattes die Kurfürstin als Landwirtin, Apothekerin, Wirtschafterin und Gärtnerin kennenlernen. Denn um diese herausragende Persönlichkeit zu beschreiben, bedarf es mehr Worte als in einem Artikel Platz finden.
(Übernommen vom Amtsblatt der Stadt Annaburg)
Quelle
- Countdown 2017,Renaissancefürstin Anna von Sachsen – Landesmutter mit Herz und Verstand (1532-1585) ; Amtsblatt der Stadt Annaburg Nr.: 10 vom 11.10.2016
- Auszug aus Bunte Bilder aus dem Sachsenlande – 3 Bd. für Jugend und Volk herausgegenen vom Sächsischen Pestalozzi-Verein, Leipzig in Kommission bei Julius Kinkhardt 1900,