Gerädert

Vom Mord in den Neuhäusern
Vom Rädern


Schon vor dem 1900 Jahrhundert wohnten bei den „Neuhäusern“ Familien von Wanderarbeitern. Arbeiter, Mauerer z.b. die ihre Familien hier wohnen hatten und in den Großstädten ihrer Arbeit nach gingen und nur gelegentlich nach Hause kamen. So ist in den Neuhäusern auch eine Familie Strauch bezeugt. Nach dem Totenregister der Annaburger Ortskirche wurde im April 1754 die Frau und ihre zwei Kinder eines nach Berlin auf Arbeit gegangenen Maurers Strauch aus den Neuhäusern von dem Ehemann ihrer Schwester ermordet. Der Mord geschah wegen Diebstahl einer geringen Summe Geldes aus Habgier und niederen Beweggrund. Um die Tat zu verdecken hatte der Mörder das Haus seiner Schwägerin in Brand gesteckt.
Jedoch konnten die Flammen gelöscht werden und die Opfer geborgen. Schnell war der Fall aufgeklärt und der Mörder Johann Christian Noack konnte wenig später gefasst und
vor das Annaburger Amtsgericht gestellt werden. Das Gericht sprach den Mann für schuldig und verurteilte ihn zum Tod durch das Rad. Jedoch für den „Brand“ wurde nach auf zu vorigem „reißen mit glühenden Zangen“ strafverschärfend der Todesstrafe hinzugefügt.
Wegen seiner vor dem Gericht gezeigten Reue wurde das Todesurteil auf „von oben herunter gerädert“ gemindert.
Beim Rädern als Hinrichtungsmethode war das vorrangige Ziel eigentlich die qualvolle Verstümmeln des Leibes und nicht der Tod. Deshalb sah die gebräuchlichste Variante vor, das Knochenbrechen mit den Beinen zu beginnen. Der Scharfrichter ließ das Richtrad (oft mit eiserner Kante) auf den Unterschenkel des Verurteilten fallen und arbeitete sich dann bis zu dessen Armen hinauf. Der Todesstoß erfolgt am Hals – oder noch brutaler, der so verstümmelte wurde auf (durch) das Rad geflochten und der Delinquent starb erst durch das anschließende Feuer.

Am Hinrichtungstag wurde der Verurteilte auf einer Kuhhaut zum damaligen Gerichtsplatz vor den Toren des Städtlein an der Jessener Straße geschleift und auf das Schafott gebracht um dort auf dem Boden festgebunden zu werden. Dabei legte man noch scharfkantige Hölzer unter die Gelenke um die Wirkung beim „rädern“ zu erhöhen. Währenddessen waren die bereitgelegten Zangen zum glühen gebracht. Der Scharfrichter führte damit das „reißen auf beiden Brüsten aus. Der Delinquent schrie und wurde ohnmächtig. Mit einem Eimer Wasser zum Leben zurückgeholt verführte jetzt der Scharfrichter die Räderung von oben herab und der Verurteilte Mörder starb mit dem ersten Hieb des schweren Richtrades. Schwungvoll arbeitete der Henker mit seinem Rad weiter und nach kurzer Zeit waren alle Glieder gebrochen. Der geschundene Leichnam wurde zur Abschreckung auf das Rad „gesetzt“, draufgelegt und festgebunden. Das Rad mit dem Leichnam auf die Stange gesetzt und an der Richtstätte, an der Jessener Straße zur Schau gestellt. – es war die letzten Hinrichtungen dieser Art in unserem Städtlein Annaburg.

Bernd Hopke
Ortschronist

Quellen
Gründler, E.: „Schloß Annaburg“ Festschrift zur einhundertfünfzig-jährigen Jubelfeier des Militär-Knaben-Instituts zu Annaburg, Verlag von Oscar Haebringer, Berlin 1888
Heintze, Otto: „Annaburg das Städtlein an der Heide“ Geschichtlicher Rückblick, aus gebundene Beilagen der „Annaburger Zeitung“ 1930