Demokratie anno 1831

Einführung der preußischen Städteordnung in Prettin

Mit der Übernahme durch Preußen und in Durchsetzung erster Ergebnisse der steinschen Reformen ist die preußische Städteordnung auch in Prettin einzuführen. Dabei waren die Stadtverordneten Repräsentanten der Stadt Prettin und nicht einer ständischen Gruppe. Das Wahlrecht war an einen vergleichsweise niedrigen Zensus gebunden. Die Stadtverordneten konnten von allen Bürgern mit Besitz von Grund und Boden, Inhabern eines Gewerbebetriebes, mit einem Einkommen von mindestens 150 Talern oder gegen eine Gebühr gewählt werden. Das aktive und passive Wahlrecht der Bürger bedeutete auch die Pflicht, städtische Lasten mitzutragen und öffentliche Stadtämter unentgeltlich zu übernehmen. Wer dem nicht nach kam, konnte sein Stimmrecht verlieren und verstärkt mit städtischen Lasten belegt werden. In Abhängigkeit von der Größe der Stadt sollten eigentlich mindestens 24 Stadtverordnete für jeweils drei Jahre ohne Rücksicht auf Zünfte und Korporationen gewählt werden. Zwei Drittel der Stadtverordneten mussten Hausbesitzer der Stadt sein.  

Darüber berichtet uns Magister Fürchtegott Buch in seiner Prettiner Chronik wie folgt:

In Prettin musste die preußische Städteordnung umgesetzt werden. Zuvor wurden die Prettiner Bürger vor die Wahl gestellt die Städteordnung anzunehmen und umzusetzen, oder „Ausscheiden aus dem 3 ten Stand der Städte und Übertritt zum platten Land“. Die Mehrzahl der Bürger war für die Annahme der Städteordnung. Daraufhin erfolgten im November die Ersten Wahlen für den Stadtrat. 
Am 11 ten November wurde ein feierlicher Gottesdienst angeordnet und im Beisein des K. Commisars, Herrn Landr. v. Boho, vor der versammelten Bürgerschaft, von mir eine Wahlpredigt gehalten. Nach Beendigung des Gottesdienstes wurde in der Kirche selbst zur Wahl der Stadtverordneten geschritten. Der Landrath eröffnete dieselbe mit einer angemessenen, eindringende Rede. Das Wahlgeschäft schien mir als die Blüthe eines constitunelles Lehrbuches so wie die städtische Wirksamkeit die Frucht, die aus dieser Blüthe hervor gehen soll.
Daß damit immer bei Wahlen nur Wahrheit, reiner Patriotismus vorherrschen, sondern wohl auch Eigenliebe, Eigennutz, und daß diese oft der Tummelplatz widerstreitender Leidenschaften und Parteiungen werken, das wollte sich auch in unserer Mitte zu Tage lagern. Die Wahl fielen, weil sie von einigen schon instrumenziert worden waren, auf Unbefähigte und wurde jedoch alsbald durch die erhobene Stimme etlicher Bürger, in denen ein Wort an hiesiger Stelle W(?) gefunden hatte, annulliert."

"Nach erneuter, redlicher Wahl wurden als Stadtverordnete ausgemacht. 
1. der Bäckermeister, Christian Werner mit 130 St.(Stimmen)
2. der Schneidermeister, Christian Böhme 137 
3. der Weißgerbermeister, Christian Schmager 120
4. der Braumeister, Ernst Geisenheyner 142
5. der Schuhmachermeister, Carl Schneider 176
6. der Schuhmachermeister, Gotthelf Nitzschke 89
7. der Schuhmachermeister, Gottlieb Malo 105
8. der Bäckermeister, Daniel Truhel 89
9. der Beutlermeister Jennecke 92"
"Am 13. November wählten die Stadtverordneten den Vorsteher und Protokollführer aus ihrer Mitte. Zum ersten wurde erkoren Bürger Christian Werner, zum zweiten Bürger Ernst Geisenheyner. Der bisherige Magistrat Herrn Bürgermeister Dietze, Herren Stadtrichter Weber u. Schurad, Herr Senator Zander, wurden feierlich mit zugestandener Position enthoben. Der zeitweilige Stadtsekretär Herr Zschiesing bleibt interrimisch an der Spitze der hiesigen Polizei d. Communal Verwaltung.“

Soweit aus den vorliegenden Handschriften des Magisters Buch aus Prettin.

Bernd Hopke
Annaburger Ortschronist

Quellen:

„Chronik von Prettin und Lichtenburg angefangen von M.F.A.F. Buch, Oberpfarrer
(Magister Friedrich Adolph Fürchtegott Buch) im Jahr 1833“; von Hans-Albrecht Gäbel handschriftlich 2009; unverlegt;