Labrun

aus der Schulchronik von 1881


Näheres zur Geschichte von Labrun erfahren wir auf den kommenden Seiten, sie wurden im wesentlichen auf der Grundlage von Daten erstellt, die mir Hans-Albrecht Gäbel freundlichst zur Verfügung gestellt hat. Herr Gäbel, Bürger von Prettin und ehemaliger selbstständiger Uhrmacher ist schon lange im Ruhestand. Er hat seine Zeit dem Erhalt alter geschichtlicher Überlieferungen gewidmet. Viele handschriftliche Chroniken, die für die heutige Generation in die kaum noch lesbare Sütterlin-Handschrift vorlagen hat er fleißig und mühselig in seinen Computer abgeschrieben. Aber gleichzeitig hat er damit diese Schriften für uns, für die Nachwelt erhalten.
Diese Quellen geben das Geschichtsbewusstsein eines anderen Jahrhunderts wieder, es muss also nicht 100% mit unserem heutigen Wissen übereinstimmen. Heute sehen wir mache Dinge und Ereignisse aus einem anderen Blickwinkel. Trotzdem denke ich, ist es auch Interessant, wie die geschichtlichen Ereignisse seinerzeit dargelegt wurden.
Über Labrun wird aus der „Richterchronik“ berichtet. Julius August Richter war ab 1876 1. Lehrer in Lichtenburg und hat sich um 1881 mit der Regionalgeschichte beschäftigt – aus dieser alten Quelle wird nun zitiert.

„Das Dorf Labrun, welches zum Amt Großtreben, im Kreise Torgau gehört und etwa 3 km nordöstlich von Prettin entfernt liegt, hat gegenwärtig 227 Einwohner, welche in 42 Häusern ihr Unterkommen finden. Der Name des Dorfes weist auf die graueste Vorzeit zurück, in welcher noch finsteres Heidentum unsere Gegend bedeckte; er scheint der wendischen Sprache zu entstammen, welches Volk jedenfalls auch den Ort zu beiden Seiten des Landlachengraben in sumpfiger Niederung, wo Frösche und Unken ihr schauerliches „uhn uhn“ ertönen ließen, anlegten. Nach einer alten Tradition soll Labrun seinen Namen von einem Brunnen, welcher sich früher in dessen Nähe befand und der „Labebrunnen“ hieß, erhalten haben. In welches Jahr die Gründung des Ortes fällt, lässt sich nicht mehr nachweisen; auch der Name des Gründers ist nirgends verzeichnet, wie dies wohl bei manchen anderen Orten der Fall ist. Nur von der Kirche und Schule wissen wir, dass sie von der Fürstin – Witwe Hedwig in Lichtenburg im Jahre 1616 so gut wie neu hergestellt worden sind. Daraus geht hervor, dass Labrun schon früher eine Kirche und Schule besessen haben muss, die sich aber höchst wahrscheinlich in mangelhaftem Zustand befunden haben. Wie aus den Schulbesetzungsakten von 1726 zu ersehen ist, war Labrun auch schon früher etwa 200 bis 300 Jahre zuvor im Besitze einer Schule, neben welcher eine Kirche dann gewiss auch nicht gefehlt haben wird. Im Jahre 1718 war der Kurfürst Friedrich August von Sachsen (August der Starke 1694-1733) Patron der Schulstelle, während dem Consistorium zu Wittenberg und dem Amte zu Schweinitz das Besetzungsrecht gehörte. Gegenwärtig ist die Stelle Königlichen Patronats und wird von der Königlichen Regierung zu Merseburg besetzt. Seit 1726 arbeiten an dieser Schule folgende Lehrer Christian Roick, der zugleich nebenbei das ehrsame Schneiderhandwerk betrieb. Zu seinem Nachfolger wurde sein Sohn Gottlob Roick erwählt, der sein Amt am 15. Mai 1726 antrat; er verwaltete dasselbe bis zum 19. Juli 1761, wo er starb. Auf ihn folgte Johann Georg Schumann, der vorher Kinderlehrer in Görschlitz war; er verließ die Stelle aber schon 1762 wieder, in welchem Jahre Johann Adam Grosse, der zuvor Kinderlehrer in Ruhlsdorf war, hier ins Amt trat; er verwaltete dasselbe bis zum 15. März 1785 um welche Zeit er nach 29 jähriger Wirksamkeit starb. Nach seinem Tode bekommt Labrun einen Studiosus der Theologie zum Lehrer. Er war Samuel Gottfried Grosse, der 42 Jahre lang hier sein Amt verwaltete bis zum 18. Februar 1837, an welchem Tage er in einem Alter von 72 Jahren mit dem Tode abging. Welche Bewandtnis es gehabt hat, dass Grosse als Stud. theolog. Schulmeister in Labrun geworden ist, wissen wir nicht; ob es aber jemals wieder vorkommen wird, dass ein Stud. theolog. sich um die Labruner Lehrerstelle bewerben wird müssen, wir bezweifeln.
Nach Grosses Tode verwaltete der Schulamts – Aspirant Albrecht Haußner aus Wahrenbrück die Stelle bis zum 01. September desselben Jahres, um welche Zeit die Königliche Regierung zu Merseburg dieselbe dem Kinderlehrer aus Kotzschka bei Elsterwerda übertrug. Als derselbe 1863 von hier nach Maaßdorf bei Liebenwerda ging, ernannte die Königliche Regierung dessen Sohn Heinrich Franz Louis Krampe zu seinem Nachfolger, der aber schon nach zwei Jahren einen Ruf als Lehrer nach Dommitzsch annahm. Nach seinem Weggang designierte die Königliche Regierung den Lehrer Franz Hennig zum Lehrer von Labrun, der von 1865 bis 1874 hier das Amt verwaltete. Da er in diesem Jahre nach Volkmaritz bei Eisleben ging, wurde Karl Schmager aus Prettin, der bisher in Schweinitz und in Bethau gewesen war, hierher versetzt.
Der Lokalschul –Inspektor für Labrun ist der jedesmalige Diakon von Prettin, der zugleich Pastor von diesem Dorfe ist.
Merkwürdigerweise sind die niederen Küsterdienste in Labrun seit alters her nicht mit dem Lehreramte verbunden. Aus alten Urkunden aus dem 17. Jahrhundert geht hervor, dass die Küstergeschäfte seit jener Zeit auf einer Gärtnerwirtschaft ruhen, deren Besitzer jetzt Lebrecht Heinrich Meissner ist. Derselbe hat das Läuten zur Kirche und Schule, sowie das Morgen-, Mittag – und Abendläuten zu besorgen; außerdem muss er die Kirche reinigen, das Taufwasser bei Kindtaufen, den Wein und die Hostien zum heiligen Abendmahl herbeischaffen; bei Nottaufen und Hauskommunionen hat er den Geistlichen zu begleiten und bei Beerdigungen das Kruzifix dem Zug voran zu Tragen. Ferner muss er am Sonnabend den Wagen bestellen, der den Geistlichen von Prettin am Sonntag zur Kirche zu holen hat. Warum diese Pflichten auf dem Gute liegen, und was dem Besitzer dafür wird, das verschweigt des Sängers Höflichkeit. Die üblichen Gebühren für die kirchlichen Handlungen bekommt der Lehrer, der Küster, Kantor und Organist ist. – An Legaten besitzt die Schule von Labrun ein Vermächtnis vom 25. Juli 1848. Der Testator Johann Gottfried Schmidt verordnet darin, dass für die Zinsen von 50 Taler = 150 Mark, welche er hinterlegt, nützliche Bücher für die Schule angeschafft werden. Hauptsächlich soll die Naturwissenschaft Berücksichtigung finden. Erst wenn für den naturkundlichen Unterricht hinreichend gesorgt ist, sollen andere Unterrichtsmittel beschafft und zuletzt an eine Volksbibliothek gedacht werden, die zum Belehrung und Unterhaltung dient. Von großen und gelehrten Werken ist bei der Beschaffung von Büchern abzusehen. Der Testator ist dabei so bescheiden, dass er sein Testament nicht in öffentlichen Blättern veröffentlicht haben will.
Das Einkommen der Schulstelle hat sich zu verschiedenen Zeiten verschieden gestaltet; im Jahre 1795 betrug dasselbe nicht über 25 Taler = 75 Mark, während es 1837 mit 115 Taler
12 Sgr. 1 Pfg. = 346 Mark 21 Pfg. berechnet ist. Gegenwärtig gestaltet es sich wie folgt:
1. 4 Morgen = 1 ha 15 a 28 qm Ackerland 108 M Pf
2. ½ Gottesackernutzung 9 M Pf
3. Garten am Hause 3 M Pf
4. 12 ½ berl. Schffl. = 13 ¾ Neuscheffel Korn Mich. post.
75
M 62 Pf
5. 5 Sack als Prettiner Maß = ungefähr 11 Neuscheffel

Kantorroggen ( seit 1873 )
66
M Pf
6.  11 Brote von den Hüfnern – a = M. Mich. Post. 13  M Pf
7.  22 Weizengarben v. jeden Hüfner 2 Stück Mich. post. 11  M Pf
8.  Anfuhr des Holzes von den Hüfnern Mich. post. M 13 Pf
9.  Brotgeld von 6 Gärtnern Mich. post. M 50 Pf
10. Besoldung aus der Kirche jährlich post.
16
M 75 Pf
11. Für Orgelspiel von der Gemeinde Mich. post.
9
M Pf
12. Ältere Zulage von der Gemeinde (¼ jährlich prän.)
90
M Pf
13.  2 Singumgänge Ostern und Neujahr 30  M Pf
14.  Accidenzien 30  M Pf
15.  Kirchencymbel zur Kirchweih M Pf
16.  Schulgeld 180  M Pf
17. Zulage von der Regierung ¼ und 1/10 post. N.
60
M Pf
18. Tranksteuerbeneficium
10
M Pf
19. Zinsen von 600 M. Schulkapital
24 M Pf
20. Zinsen von 120 M. Schulkapital
4 M Pf
  in Summe 750 M 76 Pf
Außerdem hat der Stelleninhaber freie Wohnung und Feuerung. Zur letzteren gibt die Königliche Regierung 75 M.; zerkleinert wird das Holz von den Gärtnern. Zur Schulheizung hat die Gemeinde Rollholz und zwar in einem Jahr 17 rm und im andern 18 rm (cbm) zu beschaffen.
Außer einer Windmühle, welche nördlich vom Dorfe steht, gehören andere gewerbliche Etablissements nicht zu Labrun. 
In früheren Zeiten soll in Labrun ein großes Rittergut gewesen sein, dass hier 8 Hufen besaß. Die Wirtschafts – und Wohngebäude dieses Gutes waren wahrscheinlich an der Stelle erbaut, wo jetzt die Höfe der Güter Nr. 1 und Nr, 2 eingerichtet sind, worauf das vorgefundene Steinpflaster und die Trotoirs mit Bestimmtheit schließen lassen. Als Besitzer des Gutes wird ein Herr von Hund genannt. Ob diese Wirtschaft zur Zeit des 30 jährigen Krieges, wo auch Labrun durch einen großen Brand verheert wurde, zerstückelt worden ist, lässt sich nur vermuten, aber nicht mit Bestimmtheit nachweisen.“
Bernd Hopke
Annaburger Ortschronist

Quelle:
Julius August Richter; Handschrift „Chronik der Umgebung Prettin“; Kap.15; Übertragen von Hans-Albrecht Gäbel; 2003