Spielzeugwaffen

militantes Spielzeug

 

Unter Spielzeugwaffen versteht man gemeinhin Imitationen echter Waffen. Im Spiel der Kinder kann jedoch prinzipiell jeder Gegenstand auch zu einer Spielwaffe werden. Es kommt dabei nicht auf den realen Gegenstand, -etwa einen Stock, einen Tannenzapfen oder ein Fahrtenmesser- an, sondern auf die symbolische Sinnzuweisung des Gegenstands durch die Spielenden und auf das Handlungsgeschehen.

Die folgenden Waffen sind als traditionelles Spielzeug verbreitet:

    • Bogenwaffen: Pfeil und Bogen, Armbrust
    • Schusswaffen: Pistole, Gewehr, Steinschleuder
    • Wurfwaffen: Speer, Bumerang, Lasso, Wurfaxt, Wurfmesser
    • Hieb- und Stichwaffen: Messer, Schwert

Die meisten Annaburger Kinder verwendeten einfache Stöcke als „Schwert“, „Dolch“ oder „Speer“ oder einen gekrümmten Ast als „Pistole“. Sie bauen sich ihren eigenen Bogen aus Haselnussstöcken und einer Schnur, schnitzen sich kunstvoll verzierte spitze und scharfe Schwerter, Dolche und Speere. Auch Steinschleudern und Bumerangs werden selbst gebaut und geschnitzt.

Die Spielzeugindustrie am Ende des 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhundert wo unsere ausgestellten Exponate herstammen, hat eine sehr große Vielfalt an Spielzeugwaffen hervorgebracht, von vereinfachten und verkleinerten Nachbildungen aus Holz oder Blech über originalgetreue Replikate bis zu voll funktionsfähigen Waffen.

Das hier gezeigte militante historische Spielzeug stammt durchweg aus der Kriegs- und Kriegsvorbereitungszeiten. Es sollte vor allem die Jungen spielerisch an den Gebrauch von Waffen und das Erlernen kämpferischer Fertigkeiten herangeführt. In der Zeit vor den beiden Weltkriegen gewann das Kriegsspielzeug regelmäßig im Warenhandel und in der Bevölkerung an Bedeutung. Militärisches Blech-, Blei- und Zinnspielzeug lässt sich anhand von Warenkatalogen bis zum frühen 19. Jh. zurückverfolgen.

Welch kleiner Mann möchte nicht gern ein großer Mann sein? Die uralte Leidenschaft der Nachahmung findet nur beim Kind eine vollkommene Erfüllung. Der Knabe mit Helm, Trommel, Trompete, Säbel und Gewehr glaubt wirklich ein echter Soldat zu sein....
(Bernhard Kroner)
In Jungenspielzeug seien Männlichkeitsideale enthalten, die von den spielenden Jungen nachempfunden und durchlebt werden. Dabei werden sie.....in der Entwicklung ihrer Geschlechtsidentität beeinflusst.
(Susan Dörfler)

In einem Aufruf der Spielzeugbranche aus damaliger Zeit (1933) hieß es:

Jeder Deutsche Junge muss zu Weihnachten wieder Bleisoldaten erhalten zur Pflege des deutschen Wehrgedankens.

Seit der Friedensbewegung der 1970er-Jahre wird der Sinn solches Spielzeuges immer wieder infrage gestellt. Die Diskussion lebt vor allem nach Berichten über jugendliche Amok-Schützen regelmäßig wieder auf. Dabei wird argumentativ meist von unbewiesenen Transferannahmen auf die Einstellung und das Verhalten der Kinder und Jugendlichen ausgegangen, die sich allerdings weder für die Kriegs- noch für die seinerzeit als Kontrast kreierten Friedensspiele wissenschaftlich oder auch nur statistisch belegen lassen.

Auf die Faszination des Kriegsspielens und die Begeisterung für entsprechende Waffen, die Stärke, Macht und Einfluss suggerieren und hochgradige Spannung versprechen, hatten die pädagogischen Bestrebungen bei den Spielbegeisterten bis heute jedoch nahezu keinen Einfluss. Das Interesse der Spielenden hat sich mit dem Wachsen der medialen Welten lediglich aus dem physischen stärker in die virtuellen Spielräume verlagert.

Heute raten Spielpädagogen den Eltern und Erziehern vor allem zur Gelassenheit, aber auch zu einer aufmerksamen Beobachtung, wenn der Nachwuchs zu Kriegsspielzeug tendiert, um am spannenden Spiel teilnehmen zu können und vom Spiel mit den Gleichaltrigen nicht ausgeschlossen zu sein. Unerlässliche Voraussetzung dafür ist eine vorurteilslose rationale Befassung mit dem Wesen und Sinn von Spiel auf der Basis der Erkenntnisse der Spielwissenschaft. Von elementarer Bedeutung ist dabei die Unterscheidungsfähigkeit der Realitätsebene des Krieges, auf der bewusst ein Schädigen, Verletzen und Töten angestrebt wird, von der Symbolebene des Spiels, die auf ein freudebetontes, verletzungsfreies, strengen Regeln unterworfenes Handeln ausgelegt ist. Dieses Unterscheidungsvermögen muss von den Erwachsenen den Kindern und Jugendlichen vermittelt werden.

Jetzt ist auch zu beachten, dass Spielzeugwaffen bestimmte Kriterien erfüllen könnten, nach denen sie als sogenannte Anscheinswaffen  eingestuft werden. Damit ist das offene Tragen von „Waffen“, die auf den ersten Blick nicht von echten Waffen zu unterscheiden sind, verboten. Hintergrund ist die Gefahr, dass es – wie wiederholt geschehen – zu Verwechslungen und kritischen Situationen kommen kann, wenn Polizeibeamte nicht erkennen können, ob es sich bei einem Einsatz gegen einen vermeintlichen Täter um eine Spielzeugwaffe oder eine echte Schusswaffe handelt.

 

 

Quellen:
Bernhard Kroner: Kurze Geschichte der politischen Funktionen von Kriegsspielzeug in Deutschland, in: Kriegsspielzeug. Ist das noch Spielzeug? Berlin, 2. Auflage 1982, S. 38–66.
Susan Dörfler: Spielzeugwaffen im Kindergarten - Eine kritische Bestandsaufnahme von Meinungen und Theorien, GRIN Verlag, 2006, S. 26.