Reformationszeit

Die Reformation in Annaburg – was damals noch als beschauliches Dorf „Lochau“ hieß


reformation1Annaburg und Reformation? Obwohl Annaburg sich eigentlich genau im Zentrum des Gebietes befindet, in dem die unmittelbaren Akteure der Reformation lebten, taucht der Name unserer Stadt in der Reformationsgeschichte nicht auf. Die wenigsten wissen, dass Annaburg das Lochau – die Lochau – eine bedeutendere Residenz als das Stadtschloss in Wittenberg war, da sie nachweislich viel öfter durch den Kurfürsten Friedrich dem Weisen besucht wurde. Hier gab es die größte und bedeutendste Gartenanlage der Frührenaissance, weshalb es auch sein Lieblingsschloss wurde.

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Martin Luther als junger Mönch

Luther war hier – na klar. Oft, sehr oft, war er hier. Auch wenn Friedrich der Weise im Laufe seiner Regierungszeit Martin Luther nie persönlich empfangen hat. Die Rolle des Vermittlers zwischen Kurfürst, Reformator und Papst übernahm oftmals der oberste Sekretär und Schatzmeister Degenhart Pfaffinger, der dem Kurfürsten seit der gemeinsamen Wallfahrt zum heiligen Grab treu zur Seite stand. Aber auch der Beichtvater des Kurfürsten und vertrautester Diener Georg Spalatin hatte diese Aufgabe zu erfüllen.

Viele ihrer Treffen fanden weit ab der Öffentlichkeit, hier auf der Lochau, dem Lieblingsschloss Friedrichs statt.

Anna Weller aus Morsdorf

Obwohl Friedrich der Weise nicht verheiratet war, hatte er mit der unstandesgemäßen Anna Weller mehrere Kinder. Er blieb ihr verfallen, aber auch treu, bis an sein Ende. Seinen unehelichen Kindern hat er die von uns nur 10 km entfernte Burg Jessen vermacht. Von der Anna Weller ist leider nicht viel überliefert. Aber wo wird sie wohl gelebt haben, wenn nicht in unserer unmittelbaren Gegend? Vielleicht in der „Neuen Lochau„?


weise5Friedrich der Weise, der Luther vor der Kirchengerichtsbarkeit ebenso wie vor dem Vollzug der kaiserlichen Acht in Schutz nahm, trug mit seiner stillen und beharrlichen Art entscheidend zur Ausbreitung der reformatorischen Ideen bei. Er war einer der wenigen Fürsten, die gegen die Vernichtung der Bauern während der Bauernkriege waren. Er war der Meinung, dass man die Forderungen der Bauern erfüllen sollte. Erst auf dem Sterbebett ließ er sich das Abendmahl auf protestantische Art reichen, was als ein spätes Bekenntnis zur protestantischen Konfession angesehen werden kann. Und wo starb er? Hier bei uns! In seine geliebte Lochau hat er sich todkrank zurückgezogen und seine letzten Lebenstage hier verbracht. Hier bei uns erfolgte sein spätes protestantisches Bekenntnis. Mit ihm starb am 05.05.1525 der letzte Widerstand gegen einen Krieg mit den Bauern.


ps_201511221728201Für Martin Luther war es wichtig, wer die Pfarrerstelle in Lochau innehatte. Auch über diese Predigerstelle konnte er seinen Einfluss auf die Hofgesellschaft des Kurfürsten ausüben.

Schon der erste evangelische Pfarrer Günther wurde auf Betreiben von Martin Luther hier in Lochau eingeführt. Der Hof des sächsischen Kurfürsten akzeptierte damit auch die eingeführte Priesterehe, in Abgrenzung zu den Katholiken. Es war auch schon eine fast öffentliche Duldung für den jungen Protestantismus, als der ernestinische Hof der Familie Günther zur Geburt/Taufe ihres ersten gemeinsamen Kindes mit Genehmigung des Kurfürsten ein Geschenk zukommen ließ.

Auch nach dem Tode des Pfarrers Günther wurde 1527 durch direkte Einflußnahme Martin Luthers sein Nachfolger, Michael Stifel, von ihm persönlich ins Amt eingeführt. Er vermittelte auch die Witwe Günthers an den Nachfolger und traute die beiden hier. Wann immer er in der Gegend zu tun hatte, schaute er bei den beiden vorbei. Er war oft zu Besuch. Ja, Luther war hier!


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Kurfürstin AnnaDie Kinder der Reformation – Kurfürst August und seine Kurfürstin Anna, beide im gesetzten Alter, fanden Lochau genauso ideal, weil er wie Friedrich, die Lochauer Heide als Jagdgebiet schätze. Sie, weil sie unsere Gegend erinnert an ihre dänische Heimat. Jedenfalls haben beide sich Lochau zur Sommerresidenz im eher famielären Kreis auserkoren.


zeilevorschloss2Sie haben Friedrichs in die Jahre gekommenes Lieblingsschloss abgerissen und ein neues moderneres Renaissanceschloss an der gleichen Stelle erbauen lassen. Die Außenanlagen wurden verändert und ihren Bedürfnissen angepasst. Durch beide wurde alles in unserem Städtlein verändert.

dillichzeichnung_17jhDie Wassermühle musste weichen und wurde als Amtsmühle an anderem Standort neu errichtet. Der gesamte Bereich des heutigen Marktes wurde nach August Plänen neu gestaltet. Alle dortigen Grundstücke wurden aufgekauft. Die ehemaligen Besitzer mussten umziehen und woanders ihre Häuser neu errichten. August ließ 15 „Neue Häuser“ für seine Hofgesellschaft dort errichten. Aber auch die erst 1526 neu erbaute Dorfkirche musste erneuert werden. Sie und einschließlich das Pfarrhauses wurde um 1585 neu gebaut. Ja und der Kirchhof (Friedhof) wurde zu Lebzeiten August nach außerhalb des Städtleins verlegt. Ganz modern – aber von seinen Untertanen hier in Lochau/Annaburg überhaupt nicht verstanden. Auch das Dorf Lochau zog nach einem Brand während des Schlossbaues dichter ans Schloss.

Luther war hier
Luther war hier

Es gibt heute nicht viel was man noch anfassen könnte aus der Zeit Friedrichs und Luthers und doch – Luther war hier.

BERND HOPKE
ORTSCHRONIST

AnnaOffice©2022-06-09